• 31. Januar 2015 · 21:48 Uhr

Teamchef warnt: "So machen wir die Formel 1 kaputt"

Geringere Kosten, ausgeglichenes Feld und bessere Vermarktung: Nur so kann die Formel 1 laut Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost die aktuelle Krise überwinden

(Motorsport-Total.com) - Pünktlich zum Auftakt der Wintertests holt die Formel 1 auch das Thema Finanzen wieder ein. Nachdem die Rettung der angeschlagenen Rennställe Caterham und Marussia während der Winterpause misslang, werden in der Formel-1-Saison 2015 nur noch 18 Autos in der Startaufstellung stehen. Beim Test in Jerez sind sogar nur acht der neun Teams anwesend. Force India verpasst den ersten Test - auch wegen einer Finanzierungslücke.

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Franz Tost fordert besser Vermarktung und geringere Kosten Zoom Download

Über eine gerechtere Verteilung der Einnahmen war im vergangenen Jahr lange und teils heftig unter dem Teams und mit Formula One Management (FOM) und Geschäftsführer Bernie Ecclestone gestritten worden, doch von einer Einigung sind die verschiedenen Parteien scheinbar noch weit entfernt. Doch die sollte nach Ansicht von Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost lieber heute als morgen kommen, wenn die Formel 1 nicht noch weitere Teams verlieren will.

"Die Teams müssen im Laufe des Jahres eine Entscheidung treffen. Wenn wir so weitermachen, riskieren wir, dass es irgendwann nur noch vier oder fünf Teams gibt", skizziert Tost im Interview mit unserem Portal ein denkbares Schreckensszenario. Neben Force India zählen auch Sauber und Lotus zu den finanziell am Limit operierenden Teams, wenngleich Lotus in dieser Woche versicherte, die Finanzierung der Saison 2015 sei gesichert.

Tost fordert schrittweise Senkungen der Kosten

"Die Zielsetzung muss sein, in der Zukunft eine Formel 1 zu haben, die nicht nur von den drei oder vier Werksteam finanzierbar ist, sondern auch von den anderen", fordert Tost daher. Das sei nur durch eine strikte Begrenzung der Kosten möglich. "Ich würde versuchen, die Kosten zu reglementieren. Oder wenn das nicht geht, mit einer Kostenobergrenze", fordert Tost. "Wir können mit deutlich weniger Geld eine genau so gute Show abliefern", ist er überzeugt.

Dabei könnte sich der Österreicher mit Blick auf die großen Teams auch mit einer schrittweisen Senkung der Maximalausgaben anfreunden. "Man könnte mit 250 Millionen US-Dollar beginnen und dann auf 200 und irgendwann einmal auf 150 runtergehen", sagt er. So müssten große Teams wie Red Bull, McLaren oder Ferrari nicht auf einen Schlag massenhaft Arbeitsplätze abbauen.

Ein weiterer Baustein zu einer für alle Teams nachhaltigen Formel 1 sei ein ausgeglichenes Starterfeld. "Wir brauchen spannende Rennen. Es kann nicht sein, dass zwei Autos nach zehn Runden 20 Sekunden Vorsprung haben. So machen wir die Formel 1 kaputt", warnt Tost. Allen Teams müsse es mit einem vernünftigen Budget möglich sein, die Spitze der Formel 1 anzugreifen.

Keine Kritik an der Formel 1, bitte!

Eine Sache brennt Tost aber besonders unter den Fingernägeln. "Wir müssen die Formel 1 viel besser vermarkten. Es kann nicht sein, dass wir in den eigenen Reihen immer wieder die Formel 1 kritisieren", übt Tost deutliche Kritik an den Diskussionen des Vorjahres, als negative Kommentare über das Reglement, den Motorensound und die Technik alles andere als positive Werbung für die Formel 1 waren.


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Als Teamchef des Nachwuchsteams Toro Rosso nervt Tost hier auch die Jugenddiskussion, die nach der Bekanntgabe der Verpflichtung des erst 17-jährigen Max Verstappen entbrannt war. Damals war der Tenor nicht weniger Experten: Wenn ein 17-Jähriger nach nur einer Saison in der Formel 3 auch gleich in der Formel 1 zurecht komme, dann sei das Fahrern der Autos zu einfach.

Dem widerspricht Tost entschieden: "Wenn man glaubt, dass das Formel-1-Fahren leicht ist, nur weil die jungen Fahrer reinkommen und gleich erfolgreich sind, dann ist das für mich auf alle Fälle falsch. Das ist eine andere Generation von Fahrern, die viel besser ausgebildet ist." Daher hält er auch die Vorschläge, durch stärkere Motoren und spektakuläre Autos den Umstieg in die Formel 1 für jüngere Fahrer zu einer größeren Herausforderung zu machen, für widersinnig.

Wie der Zuschauerschwund gestoppt werden kann

"Wenn man sagt: 'Wir brauchen starke Motoren, damit das Formel-1-Fahren für die Jungen nicht so einfach ist', dann ist das für mich eine völlig falsche Überlegung. Ein talentierter Fahrer kommt mit einem stärkeren Auto noch besser zurecht als ein anderer", so Tost. "Nicht das Alter ist entscheidend, sondern das Können."

"Nicht das Alter ist entscheidend, sondern das Können."Franz Tost
Zu guter letzt müsse auch der vielerorts zu verzeichnende Zuschauerschwund an der Rennstrecke gestoppt werden. Hier seien die Veranstalter gefragt, aber nicht nur die. "Wir müssen auch die Rennen besser vermarkten. Die Veranstalter, die ihre Rennen richtig vermarkten, haben auch die Zuschauer", so Tost. "Wenn du aber das ganze Jahr lang nichts machst, darfst du nicht erwarten, dass die Leute plötzlich zum Rennen kommen. Da müssen auch wir als Teams die Veranstalter unterstützen, indem wir die Fahrer zu irgendwelchen Events hinschicken."

Am Rennwochenende selbst sei dann ein attraktives Rahmenprogramm notwendig, dass nicht nur aus Autorennen besteht. "Wenn wir die jungen Leute für die Formel 1 gewinnen wollen, dann genügt nur ein Formel-1- oder GP2- oder Porsche-Rennen nicht. Das muss ein richtig straffes Rahmenprogramm sein", sagt Tost. Konzerte und andere Veranstaltungen sollten den Grand-Prix zu einem besonderen Höhepunkt machen, wie es teilweise schon der Fall ist. "Das muss ein Paket sein. Es muss so verkauft werden, dass die Formel 1 ein einmaliges Jahresereignis wird."

Letztlich sei es aber nicht zielführend, nur einzelnen Parteien im Bemühen um die Sicherung der Zukunft der Formel 1 die Verantwortung zuzuschieben. Alle Beteiligten säßen in einem Boot. "Wenn wir das Interesse an der Formel 1 bewahren oder ausbauen wollen, müssen wir uns mehr bemühen", fordert Tost. "Alle, die mit der Formel 1 zu tun haben, müssen sich Gedanken darüber machen, wie man das Interesse an der Formel 1 steigern kann."

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