Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

From hero to zero: Adrian Sutil entscheidet das Duell der Schlechtschläfer gegen Lewis Hamilton für unsere traditionelle Montagmorgen-Kolumne für sich

von Christian Nimmervoll · 26.05.2014 08:49

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser,

Frustriert: Adrian Sutil nach seinem Fahrfehler beim Grand Prix von Monaco

ja, Lewis Hamilton hat sicher schlecht geschlafen. Dass er Nico Rosbergs kontroversen Qualifying-Verbremser nicht als unabsichtlichen Fahrfehler, der schon mal passieren kann, einordnet, daran ließ er in diversen Interviews am Sonntagmorgen keinen Zweifel aufkommen. Dann auch noch im Rennen "nur" Zweiter zu werden und sich nicht einmal von Freundin Nicole trösten lassen zu können (die nicht im Fürstentum war), das hat sicher alles zu einer unruhigen Nacht beigetragen. Aber einer muss sich meiner Meinung nach noch ein bisschen mehr ärgern.

Und zwar Adrian Sutil. Weltklasse, wie er in Loews wieder einmal bewiesen hat, dass man selbst in der engsten Kurve der Formel 1 überholen kann ("Ich mach's halt einfach...")! Mutig auch der Poker, schon während der ersten Safety-Car-Phase die Reifen zu wechseln - das hätte durchaus aufgehen können. Aber dann an aussichtsreicher Position das Auto wegzuschmeißen, noch dazu wegen eines reinen Fahrfehlers, der Stachel muss tief sitzen.

Leise Töne im ersten Interview nach dem Abflug

Das kompromisslose Manöver gegen Romain Grosjean war Weltklasse

Adrian wirkte auch peinlich berührt, als er sich nach dem zum Glück glimpflich ausgegangenen Crash erklären musste: "Eine erneute Enttäuschung. Schade. Man hat es gesehen: Das Heck ist ausgebrochen, ich bin in Richtung Wand abgebogen. Eigene Fahrfehler tun immer weh. Mehr kann ich dazu nicht sagen." Teamchefin Monisha Kaltenborn war gestern Abend wohl ebenfalls schlecht zu sprechen, schließlich hat später auch Esteban Gutierrez sichere WM-Punkte unnötig weggeworfen.

Immer wieder Monaco für Sutil: 2008 wurde er auf dem Weg zu seinem ersten Topresultat von Kimi Räikkönen abgeschossen. Übrigens an genau der gleichen Stelle, wo er gestern auf einer Bodenwelle die Kontrolle über den Sauber verloren hat. Und schon 2013 lieferte er in Loews gegen die Weltmeister Alonso und Button Überholmanöver, für die er Beifallsstürme erntete. Auch gestern hieß es während der ersten Runden von begeisterten Twitter-Usern: "Jetzt ist Adrian endgültig der Überhol-Gott von Monaco!"

"Sein" Force India ist die Überraschung der Saison

Aber langsam schwimmen ihm die Felle davon. Sauber steht immer noch ohne einen einzigen WM-Punkt da, obwohl selbst Marussia inzwischen angeschrieben hat, und Nico Hülkenberg ist in "seinem" Force India mit 47 Zählern sensationell WM-Fünfter. Hört man dem Boxenfunk mit dem Renningenieur zu, dann spürt man: Der 31-Jährige ist momentan nicht glücklich, kann seinen Frust nicht verbergen. Ob das das ohnehin angeschlagene Team mitreißt und motiviert?

In Bahrain war Sutil-Manager Manfred Zimmermann noch ganz entspannt. 2013 war sein Schützling im Force India der Star der ersten Rennen, erst später kamen Hülkenberg und Sauber groß auf - ausgerechnet während der wichtigen Transferzeit erinnerte sich kein Mensch mehr an Adrians starke Leistungen in Australien & Co. Das könnte sich auch 2014 drehen. Aber erstens ist dieses Jahr der Unterschied zwischen Force India und Sauber größer, und zweitens hat auch die vor Barcelona erledigte Gewichtsreduktion nicht den erhofften großen Sprung gebracht.

Von wegen Frust-Bierchen: Weiterhin auf Diät

Der Crash am Hafen war einzig und allein Adrian Sutils eigene Schuld

Adrian konnte sich gestern ja noch nicht einmal mit Frust-Schokolade vollstopfen oder den Ärger mit ein paar Bierchen runterspülen (was er zugegeben sowieso nicht machen würde), schließlich ist er nach wie vor zu schwer, um sich das leisten zu können, ohne auf der Rennstrecke wieder wertvolle Hundertstelsekunden einzubüßen. Und ob Sauber ihm sein "Schmerzensgeld" das ganze Jahr hindurch pünktlich überweisen kann, sei auch dahingestellt.

Um sich den großen Traum zu erfüllen, eines Tages bei einem Topteam zu landen, muss Adrian hoffen, dass die Ingenieure in Hinwil in den nächsten Monaten etwas finden. Etwas Großes. Sonst könnte ihm am Transfermarkt wieder Nico Hülkenberg die Show stehlen und seine eigene Karriere in der Formel 1 vorzeitig zu Ende gehen. Aber vielleicht würde ihn das ja gar nicht stören. Dass man auch ohne Formel 1 ein schönes Leben führen kann, das hat Adrian 2012 gelernt...

Ihr
Christian Nimmervoll

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