Aufbruch ins Ungewisse: Das schwierigste Monaco aller Zeiten

Monaco könnte 2014 zu einer ganz besonderen Herausforderung für die Formel-1-Piloten werden - Jeder Fahrer hat vor dem Rennen im Fürstentum eigene Sorgen

(Motorsport-Total.com) - Eine einfache Strecke war der Straßenkurs in Monte Carlo noch nie. 1996 fand im Fürstentum beispielsweise das legendäre Formel-1-Rennen statt, bei dem nur drei Fahrer die Zielflagge sahen. Doch 2014 konnte alles noch viel dramatischer werden, denn dieses Jahr stellt Monaco die Fahrer gleich vor mehrere neue Herausforderungen. Zu den neuen Autos mit Turboantrieb kommen eine neue Asphaltdecke, das neue Brake-by-Wire-System und die superweichen Reifen, die ihr Debüt in dieser Saison geben.

Jenson Button und Sebastian Vettel wissen noch nicht genau, was sie erwartet

"Es wird ein Rennen werden, bei dem es nicht einfach sein wird, ins Ziel zu kommen", prophezeit Williams-Pilot Felipe Massa und ergänzt: "Wir haben Monaco, all die neuen Regeln und ziemlich andere Autos, die wenig Abtrieb haben. Es wird nicht einfach sein, hier zu fahren." Auf die Frage, ob die Fahrer das schwierigste Monaco aller Zeiten erwartet, antwortet der Brasilianer: "Ich denke schon."

Seine Begründung: "Wir haben einen Antrieb, der viel mehr Drehmoment und weniger Abtrieb bietet." Durch das höhere Drehmoment rutschen die Autos in diesem Jahr deutlich mehr. Eine Erfahrung, die beispielsweise Massas Teamkollege Valtteri Bottas beim Auftaktrennen in Melbourne machte und im engen Teil der Strecke sofort die Mauer berührte. In Monaco, wo die Fahrer sich während der gesamten Runde eng an der Streckenbegrenzung befinden, scheinen Unfälle dieser Art daher bereits vorprogrammiert zu sein.

Vettel ist "nicht sorgenfrei"

Auch Force-India-Pilot Nico Hülkenberg erklärt: "Es wird kein Unterschied wie Tag und Nacht sein, aber wir haben bereits gesehen, dass diese Autos mehr herumrutschen. Vor allem hier, wenn die Leitplanken sehr nah sind, und du eigentlich keinen Spielraum dazwischen hast, sind Fehler natürlich wahrscheinlicher."

Weltmeister Sebastian Vettel hofft, dass sein Red-Bull-Team dieses Problem im Griff haben wird, ist aber noch skeptisch: "Die Frage ist immer, wie viel die anderen damit zu kämpfen haben. Am Anfang der Saison haben wir uns was das angeht schwer getan. Wir haben uns aber extrem verbessert. Wir sind aber noch nicht sorgenfrei."

Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in Monaco

"Die Frage ist immer, wie gut die Reifen sind, wie viel Grip man hat, wie lange die Reifen halten wie viel sie einem verzeihen. Dann wird sich zeigen, wie sehr die Fahrberkeit ins Gewicht fällt. Um den Vergleich zu ziehen, müsste man noch wissen, wie sich ein anderer Antriebsstrang fahren lässt. Das ist aber unmöglich."

Der Weltmeister erklärt: "Je schneller man auf einem engen Kurs wie hier unterwegs ist, umso höher muss die Konzentration sein. Wenn es rutschiger ist und man dadurch langsamer ist, wird es mehr ein Eiertanz, weil die Marge für Fehler kleiner wird. Aber die war hier eh schon immer klein. Auslauf gibt es nicht. Man kann sich nur kleine Fehler leisten, und hoffentlich an der richtigen Stelle. Ich denke, es wird sich ein bisschen anders anfühlen, vor allem wegen des Drehmoments."

Button bleibt cool

Große Hysterie bricht bei den erfahrenen Piloten deswegen allerdings nicht aus. Weder bei Vettel, der 2011 im Fürstentum gewann, noch bei Jenson Button, der 2009 triumphierte. Der McLaren-Pilot erklärt: "Ich denke, wir werden das schon managen können. Wenn es regnen sollte, dann wäre es sicherlich extrem anspruchsvoll - mit so viel Drehmoment."

Auch in der Vergangenheit musste das Safety Car in Monaco häufig auf die Strecke

Wiederholt sich dann eventuell das angesprochene Szenario von 1996? Doch auch ohne Regen sorgt der fehlende Abtrieb dafür, dass die Autos in diesem Jahr nicht mehr so auf die Strecke gepresst werden. In den vergangenen Jahren hatte man beispielsweise beim Red Bull durch den hohen Anpressdruck häufig das Gefühl, dass er in schnellen Kurven wie auf Schienen fahren würde.

Für Vettel ist dieser fehlende Vorteil in Monaco aber kein Problem: "Es macht keinen Unterschied. Wir werden lediglich langsamer als in den vergangenen Jahren fahren. Es gibt nicht viele schnelle Kurven." Doch dann ist da ja noch die "hausgemachte" Herausforderung, vor die Monaco die Piloten dieses Jahr stellt - der neue Asphalt.

Button erklärt: "Der ganze Weg von Massenet durch den Tunnel ist neu asphaltiert worden. Wir rechnen mit ähnlichen Eigenschaften wie in Austin im ersten Jahr. Da wird sehr, sehr wenig Grip sein. Es wird für alle eine große Herausforderung sein, die Reifen zum Funktionieren zu bringen." Allerdings gilt das seiner Meinung nach nur für die weichen Reifen, nicht aber für die Supersofts, die in Monaco ihr Debüt in dieser Saison geben.

Problemkind Brake-by-Wire

Neue Autos, neuer Asphalt, neue Reifen. Wem das noch nicht genug Herausforderung für die 22 Fahrer ist, dem liefert WM-Leader Lewis Hamilton nun noch einen weiteren Grund: "Es wird an diesem Wochenende schwieriger. Die Autos sind schwerer, die Bremszonen sind etwas anders, das Brake-by-Wire ist effizienter. Ich weiß nicht, wie genau sich das auswirken wird. Aber auf dieser Strecke wird es schwieriger."

Das Brake-by-Wire-System wurde in dieser Saison ebenfalls neu eingeführt und sorgte vor allem zu Saisonbeginn bei mehreren Fahrern, darunter Ferraris Kimi Räikkönen, für Probleme. Gerade auf einer Strecke wie Monaco, wo nur Zentimeter zwischen Ideallinie und Streckenbegrenzung liegen, könnte ein Problem mit dem System katastrophale Folgen haben.

"In Sachen Bremsen mache ich mir keine Sorgen, mehr über den Kurvenausgang", erklärt Massa allerdings und fügt hinzu: "Es wird schwierig sein, den Ausgang der langsamen Kurven mit diesem Drehmoment hinzubekommen. Die Reifen werden viel durchdrehen. Das Bremsen sollte nicht anders sein als im vergangenen Jahr. Ich habe zwar gesehen, dass andere Teams Probleme mit den Bremsen haben, aber wir nicht."

Vermutlich wird also jedes Team in Monaco mit seinen eigenen kleinen Problemen zu kämpfen haben. Was die größte Herausforderung sein wird, das wird sich aber wohl frühestens beim ersten Training am Donnerstag herausstellen. Force-India-Pilot Sergio Perez fasst es schön zusammen: "Es wird schwierig werden. Ich denke, dass es für alle hier sehr interessant sein wird. Für die Fans, die Medien, die Fahrer und die Teams. Es wird ein neues Monaco sein."