Chilton: "Man braucht Talent und Geld"

Max Chilton gilt als Favorit auf das zweite Marussia-Cockpit im kommenden Jahr - Der Brite fühlt sich für die Formel 1 bereit und ärgert sich über Pay-Driver-Diskussionen

von Mario Fritzsche · 27.09.2012 18:05

(Motorsport-Total.com) - Max Chilton schickt sich an, im kommenden Jahr ein Stammcockpit in der Formel 1 zu ergattern. Der 21-jährige Brite, der in diesem Jahr die GP2-Serie mit zwei Saisonsiegen als Gesamtvierter abgeschlossen hat, wurde vor wenigen Tagen als offizieller Test- und Ersatzfahrer des Marussia-Teams vorgestellt. Es wird erwartet, dass Chilton noch in dieser Saison seinen ersten Einsatz als Freitagsfahrer absolvieren wird. Für die Saison 2013 dürfte der Brite das Cockpit des aller Voraussicht nach in Richtung Caterham wechselnden Charles Pic übernehmen und Teamollege von Timo Glock werden.

Max Chilton wurde kürzlich von Marussia als Test- und Ersatzfahrer präsentiert

Beim Young-Driver-Test im Juli in Silverstone saß Chilton erstmals für Marussia im Formel-1-Cockpit, nachdem er im November 2011 in Abu Dhabi für Force India sein Testdebüt in der Königsklasse gegeben hatte. Chiltons Weg dorthin war allerdings ein ungewöhnlicher, denn im Gegensatz zu den meisten seiner Fahrerkollegen begann der Brite seine Rennfahrerkarriere nicht in einer der zahlreichen Einsteigerklassen im Formelsport.

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"Ich begann direkt in der Formel 3", erinnert sich Chilton im Gespräch mit 'Autosport' an seine erste Formel-Saison 2007, nachdem er zuvor zwei Jahre lang in der britischen T-Car-Serie - einer inzwischen nicht mehr existenten Einsteigerklasse in den Tourenwagensport - aktiv war. "Anfangs war ich wohl noch nicht bereit, doch in meinem dritten Jahr fühlte ich mich dann wohl und hatte die entsprechende Erfahrung", blickt der heute 21-Jährige auf seine Zeit in der Britischen Formel-3-Meisterschaft zurück und fügt hinzu: "In der GP2-Serie war es genauso. Das erste Jahr war schwierig, aber ich habe mich als Fahrer entwickelt."

Auf der Insel schneller als Ricciardo

"Heute sehe ich mich auf einer Stufe mit den Fahrern, die einen Titel gewinnen konnten", so Chilton, der seiner ersten Meisterschaft noch hinterherfährt. Die größte Stärke des Briten stellt dessen langjähriger Teamchef Trevor Carlin wie folgt heraus: "Seine Leistungen im Qualifying sind absolut überragend. In der Formel 3 war er im Qualifying zuweilen sogar schneller als Daniel Ricciardo und das ist keine schlechte Sache". Für Carlin bestritt Chilton eine Saison in der Britischen Formel-3-Meisterschaft (2009) und zwei GP2-Jahre (2011 und 2012).

Sein Debüt in der Aufsteigerklasse zur Formel 1 gab Chilton im Jahr 2010 im Ocean-Team. Nach insgesamt drei Jahren, die er auf den Gesamträngen 25, 20 und vier abschloss, kommt der Brite zum Schluss: "Ich habe das Gefühl, dass ich in der GP2 alles gelernt habe. Das habe ich vielleicht nicht immer gezeigt, doch nach dem Sieg in Singapur ist für mich nun der richtige Zeitpunkt gekommen, aufzusteigen."

Teamchef Carlin sieht es genauso: "Max ist absolut bereit für die Formel 1. Die aktuellen GP2-Autos sind genauso schnell wie die Formel-1-Autos am hinteren Ende der Startaufstellung. Dank der Servolenkung ist ein Formel-1-Auto wahrscheinlich sogar einfacher zu fahren. Ich glaube, er wird sich sehr gut verkaufen."

Vater Grahame zieht im Hintergrund die Fäden

Chilton ist überzeugt, dass Marussia für den Einstieg in die Königsklasse genau das richtige Team ist. "Marussia besitzt von allen Teams das größte Potenzial, um nach vorn zu kommen. Es ist ein gutes Team, das ohne Weiteres den Sprung ins Mittelfeld schaffen kann und für mich ein guter Ort, um zu lernen." Im Zusammenhang mit seinem Aufstieg hilft Chilton nicht zuletzt eine kolportierte Mitgift von neun Millionen britischer Pfund (umgerechnet gut elf Millionen Euro).

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Als Pay-Driver abgeschrieben zu werden, nervt Chilton aber gewaltig. "Ich würde es gern ignorieren, aber es geht nicht, weil es immer wieder vorgebracht wird", sagt der 21-Jährige und erklärt: "So tickt der Rennsport heutzutage. Man braucht Talent und Geld. Ohne die entsprechenden Voraussetzungen im Hintergrund hätten nicht viele der aktuellen Formel-1-Piloten eine Rennfahrerkarriere in Angriff nehmen können." Im Falle von Chilton ist Vater Grahame die treibende Geldkraft im Hintergrund. Chilton sen. ist Vorsitzender des britischen Versicherungsunternehmens Aon Benfield und Multimillionär.