Der Teamkollege: Freund, Feind oder Vorbild?
Lewis Hamilton und Jenson Button gelten als Musterbeispiel einer professionellen Zusammenarbeit - Wie sie voneinander lernen und wo die Freundschaft endet
(Motorsport-Total.com) - Der Teamkollege - dein schlimmster Feind. So könnte man die Ausgangslage eines Rennfahrers beschreiben, doch ein genauerer Blick beweist, dass dies nur die halbe Wahrheit ist. Denn ohne teaminterne Zusammenarbeit ist es kaum möglich, ein Auto konkurrenzfähig zu machen. Und das wirkt sich dann auch auf die eigene Leistung aus.
Zudem kann übertriebene Rivalität enorme Unruhe in ein Team bringen. Bestes Beispiel: der McLaren-Stallkrieg zwischen dem zweifachen Weltmeister Fernando Alonso und dem damaligen Rookie Lewis Hamilton, der 2007 darin endete, dass Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen beim Saisonfinale den Titel abstaubte.
McLaren hat aus Fehlern gelernt
Doch McLaren kehrte nach zwei Jahren, wo die Fronten zwischen Hamilton und Teamkollegen Heikki Kovalainen geklärt waren, wieder zur alten Strategie mit absoluten Toppiloten zurück. Jenson Button wechselte 2010 als amtierender Weltmeister ins Team. Für viele war der nächste Krach in Woking bereits vorprogrammiert, doch bis auf ein paar kleine Meinungsverschiedenheiten kommen die Teamkollegen überraschend gut miteinander aus.
Das wird vor allem Button zugeschrieben, der als unkompliziert gilt - auch das Team geht, seit Martin Whitmarsh das Kommando in Woking übernommen hat, deutlich geschickter mit der internen Rivalität um als zu Zeiten von Ron Dennis. So kommt Button nach der starken Saison 2011 dieses Jahr in den Genuss der niedrigeren Startnummer - ein Beweis dafür, dass Leistung honoriert wird und beide Fahrer die gleichen Möglichkeiten haben.
Lernen von Teamkollegen
Abgesehen von der Rivalität bieten starke Teamkollegen auch die Möglichkeit, sich selbst weiterzuentwickeln, selbst wenn man bereits einen WM-Titel zu Buche stehen hat. "Du lernst viel von den Teamkollegen, und ich hatte in der Vergangenheit viele Teamkollegen", bestätigt Button, der bereits an der Seite von Ralf Schumacher, Giancarlo Fisichella, Jarno Trulli, Jacques Villeneuve, Takuma Sato, Rubens Barrichello und nun Hamilton fuhr.
Doch was hat der Brite von seinem aktuellen Teamkollegen gelernt, der um fünf Jahre jünger ist? "Ich würde nicht sagen, dass ich eine spezielle Sache von Lewis gelernt habe, sondern da gibt es viele Dinge", sagt Button. "Etwa wie er mit dem Team arbeitet, denn er hat in der Arbeit mit McLaren viel Erfahrung." Der Respekt war von Anfang an groß, denn der 27-Jährige hatte bereits einen Titel auf dem Konto, als Button zu McLaren kam. "Er hat einmal ein Rennen vom letzten Platz noch gewonnen", erinnert er sich. "Daher wusste ich, dass sein natürlicher Speed enorm sein muss."
Button als Inspiration für Hamilton
Hamiltons Respekt wuchs auch bei der Zusammenarbeit mit Button: "Du bist ständig beisammen, bist gemeinsam bei den Ingenieuren. Da siehst du, wie er sich verhält, was für eine Persönlichkeit er ist, wie er an die Rennen herangeht. Und wenn man die Daten anschaut, versteht man die besonderen Fähigkeiten, wie er zum Beispiel die Reifen nutzt und wo er schneller oder langsamer ist. Das sind die Dinge, die man lernen kann."
Das Ende einer Freundschaft
Und auch wenn das Verhältnis zwischen Hamilton und Button entspannt ist, wissen beide, dass die Freundschaft spätestens dann ein Ende hat, wenn die Motoren ihrer Boliden aufheulen. "Du arbeitest gemeinsam daran, das Team besser und das Auto schneller zu machen, aber wenn es auf die Strecke geht, willst du den Teamkollegen schlagen", bestätigt Button.
"Wenn wir unsere Visiere runterklappen und auf der Startaufstellung stehen, ist das eine angespannte Situation. Du denkst nicht speziell daran, den Teamkollegen zu schlagen, denn du willst alle schlagen und gewinnen. Aber der Teamkollege steht normalerweise in der Nähe, weil er das gleiche Auto hat."