• 10. März 2010 · 17:17 Uhr

Formel-1-Countdown 2010: HRT

Fahrer ohne Formel-1-Erfahrung, ein Auto ohne Testkilometer, aber Colin Kolles soll es richten: HRT ist das Nachfolgeprojekt von Campos

(Motorsport-Total.com) - Am Sonntag beginnt in Manama (Bahrain) die neue Formel-1-Saison - und die Königsklasse birgt dieses Jahr so viel Spannung wie schon lange nicht mehr: Vier Weltmeister, sensationelle Comebacks und klingende Namen lassen jedes Racingherz höher schlagen. 'Motorsport-Total.com' nimmt vor dem Auftaktrennen wie jedes Jahr alle Teams genau unter die Lupe. Heute: HRT.

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Bruno Senna und Karun Chandhok haben noch kein Formel-1-Rennen bestritten Zoom Download

HRT ist zwei Tage vor dem Trainingsbeginn in Bahrain die erste Lachnummer des Jahres, auch wenn das keine sportlichen Gründe hat. Doch im Englischen steht HRT für "Hormone Replacement Theraphy", eine Behandlung zur Geschlechtsumwandlung. Vielleicht trifft das aber mehr zu, als man im Moment vermuten würde - nach dem Motto: von der spanischen Chaosbude zum respektablen Formel-1-Team! In Wahrheit steht HRT natürlich für "Hispania Racing F1 Team".

Campos mit der Aufgabe überfordert

Die Geschichte des Projekts begann am 12. Juni 2009, als die Einschreibung von Adrian Campos für die Weltmeisterschaft 2010 von der FIA akzeptiert wurde. Aber Campos' Pläne fielen mangels der nötigen Finanzierung schon bald wie ein Kartenhaus ineinander. Spätestens als Dallara Mitte Januar Bernie Ecclestone informierte, dass man den Chassisvertrag mit Campos wegen offener Rechnungen gekündigt habe, schien das Thema gegessen.

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"Feuerwehrmann" Colin Kolles im Interview mit 'Motorsport-Total.com' Zoom Download

Doch der spanische Geschäftsmann José Ramón Carabante wollte das Versagen seines Partners nicht akzeptieren, kaufte Campos kurzerhand aus, änderte den Namen, beglich die wichtigsten Rechnungen - unter anderem jene bei Dallara - und installierte Colin Kolles als "Feuerwehrmann". Kolles, ein aus Rumänien stammender Deutscher, ist eigentlich gelernter Zahnarzt, betreibt aber seit Jahren verschiedene Rennteams und war auch schon Formel-1-Teamchef.

"Meine Aufgabe ist es, das Chaos aufzuräumen! Sie hatten nichts, nur Chaos", stellte Kolles bei seinem Amtsantritt fest. "Die einzige Abteilung, die es schon gibt, ist eine Softwareabteilung mit acht Leuten, die ihr ganzes Leben noch kein Formel-1-Auto gesehen haben und Simulationsprogramme durchführen. Und dann gibt es noch zwei oder drei Ingenieure mit Formel-1-Erfahrung, aber das ist alles. Das ist schon eine verrückte Geschichte!"

Support aus Deutschland

Der 42-Jährige beauftragte die deutsche Holzer-Gruppe mit der Personalakquise, schließlich mussten Mechaniker gefunden werden, um das Dallara-Cosworth-Paket zusammenzuschrauben und an den Rennwochenenden zu betreuen. Die Montage erfolgte aus Zeitmangel bei Dallara in Parma, mittelfristig soll jedoch auch in Süddeutschland eine Basis entstehen. Auf lange Sicht wünscht sich Carabante offenbar, sein Team im spanischen Murcia sesshaft zu machen.

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Das HRT-Chassis wurde vom externen Hersteller Dallara in Parma gebaut Zoom Download

"Carabante war schon immer involviert", wundert sich 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer. "Ich frage mich, warum er erst so spät Geld reinbuttert. Campos war mit dieser Geschichte offensichtlich überfordert. Aber warum hat Carabante Campos vorher hängen lassen und investiert jetzt doch das nötige Geld? Vielleicht werden wir irgendwann erfahren, ob es zwischen den beiden ein Problem gegeben hat."

"Es war richtig, das Auto bei Dallara in Auftrag zu geben. Die wissen, wie man so ein Auto baut, und man kann davon ausgehen, dass das funktionieren wird", findet Surer und fügt an: "Und Colin Kolles hat das ehemalige Jordan-Team in einer schlechten Zeit eigentlich ganz gut auf die Reihe gekriegt. Als 'Feuerwehrmann' für solche Fälle ist er gar nicht schlecht, glaube ich. Er weiß, was es braucht, und er hat schon unter widrigen Umständen Formel-1-Teams am Laufen gehalten."

Probleme stehen erst bevor

HRT hat die erste Hürde, nämlich in Bahrain zu erscheinen, mit Erfolg genommen - ein Riesenerfolg und ein kleines Wunder, auf das Kolles durchaus stolz sein darf. Die größte Herausforderung steht aber noch bevor, denn das Dallara-Cosworth-Paket hat noch keinen einzigen Testkilometer absolviert! Wenn man bedenkt, welche Probleme Lotus und Virgin etwa mit dem Xtrac-Getriebe und der Hydraulik hatten, darf man am ersten Rennwochenende wirklich nichts erwarten.

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Das HRT-Team veranstaltete wenige Tage vor Saisonbeginn eine Präsentation Zoom Download

"Eine Zielankunft wäre schon ein Traum", weiß Karun Chandhok, der als zweiter Fahrer verpflichtet wurde. Der Inder, Sohn des Motorsport-Verbandspräsidenten in seiner Heimat, war eigentlich als dritter Pilot beim Stefan-Team vorgesehen, doch das bekam bekanntlich keinen Startplatz zugesprochen. Aufgrund seiner Herkunft und wegen potenzieller Sponsorengelder ist er für HRT ein optimaler Kandidat als Stallgefährte von Bruno Senna, der schon seit Monaten als Fahrer feststand.

"Mit unserer Fahrerpaarung haben wir es in der Hand, dieses Jahr zu den erfolgreicheren der neuen Teams zu gehören", findet Kolles. "Die beiden sind schon zum zweiten Mal Teamkollegen, denn 2008 sind sie in der GP2 gemeinsam bei iSport gefahren. Damit sind sie die erste Paarung, die in der GP2 und später auch in der Formel 1 gemeinsam gefahren ist. Außerdem kennen beide die Strecke in Bahrain schon, was ein echter Vorteil für uns ist."

Senna backt kleine Brötchen

Denn niemand rechnet damit, dass Senna und Chandhok vor dem Start am Sonntag viel zum Fahren kommen werden. Selbst Senna, sonst ein sehr optimistischer Zeitgenosse, weiß genau: "Mein Ziel ist, das Auto über die Distanz zu bringen und eine gute Referenz für den Rest der Saison zu setzen. Wir werden uns zuerst auf die Zuverlässigkeit konzentrieren und dann nach und nach an der Performance arbeiten."

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Auf dem HRT-Chassis befinden sich derzeit noch kaum Sponsorenaufkleber Zoom Download

Unklar ist, ob die Weiterentwicklung HRT selbst vorantreiben muss oder ob auf Hilfe von Dallara zurückgegriffen werden kann. Dallara soll schon auf der Suche nach neuen Kunden für 2011 sein. Auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com' meint Dallara-Geschäftsführer Andrea Pontremoli nur: "Wir haben ein Verschwiegenheitsabkommen mit HRT, daher kann ich nichts sagen." Er soll jedoch tags zuvor mit jemandem telefoniert haben, der 2011 in die Formel 1 einsteigen möchte.

Aber wie dem auch sei: Im Gegensatz zu US F1 hat es HRT dank der von Kolles koordinierten Rettungsaktion wenigstens geschafft, überhaupt an den Start zu gehen - und dafür sollte die Formel 1 sehr dankbar sein, schließlich kehrt auf diese Weise der große Name Senna in die Startaufstellung zurück. Bleibt zu wünschen, dass die Leute nach dem Auftaktrennen weiterhin nur über den Namen von HRT schmunzeln werden, aber nicht über die Leistungen...

Saisonstatistik 2009:

Team:

Konstrukteurswertung: -

Siege: -

Pole-Positions: -

Schnellste Rennrunden: -

Podestplätze: -

Ausfallsrate: -

Durchschnittlicher Startplatz: -

Testkilometer 2010: -

Testbestzeiten 2010: -

Karun Chandhok (Startnummer 20):

Fahrerwertung: -

Gefahrene Rennen: -

Siege: -

Podestplätze: -

Pole-Positions: -

Schnellste Rennrunden: -

Durchschnittlicher Startplatz: -

Bester Startplatz: -

Bestes Rennergebnis: -

Ausfallsrate: -

Testkilometer 2010: -

Testbestzeiten 2010: -

Bruno Senna (Startnummer 21):

Fahrerwertung: -

Gefahrene Rennen: -

Siege: -

Podestplätze: -

Pole-Positions: -

Schnellste Rennrunden: -

Durchschnittlicher Startplatz: -

Bester Startplatz: -

Bestes Rennergebnis: -

Ausfallsrate: -

Testkilometer 2010: -

Testbestzeiten 2010: -

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