• 31. Juli 2023 · 02:19 Uhr

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Bruno Famin

Erst ein paar Tage im Amt, aber schon der Buhmann im Formel-1-Paddock: Der neue Alpine-Teamchef Bruno Famin startet unter denkbar schlechten Vorzeichen

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leserinnen und Leser,

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Bruno Famin machte bei seinem ersten großen Auftritt keine gute Figur Zoom Download

vor genau einer Woche hat, zumindest im übertragenen Sinne dieser Kolumne, Otmar Szafnauer am schlechtesten geschlafen. Er sei, dachte ich nach der Entmachtung von Alpine-CEO Laurent Rossi, der Mann, "der den Scherbenhaufen aufräumen soll", formulierte ich nach dem Grand Prix von Ungarn.

Das war am Montag. Am Mittwoch saß ich schon wieder im Auto, rund neun Stunden von Oberösterreich nach Spa in Belgien, und lange Autofahrten machen mir auch deswegen nichts aus, weil ich leidenschaftlich gern Podcasts höre. Nicht immer nur über die Formel 1 - mein Lieblingspodcast ist wahrscheinlich das Endlosformat "Alles gesagt" des Zeitverlags -, aber manchmal auch über die Formel 1.

Und so versüßte ich mir ein paar mautfreie Autobahnkilometer durch das wunderschöne Bayern diesmal mit der neuesten Ausgabe des Formel-1-Podcasts 'Beyond the Grid', in der vor Spa ausgerechnet Szafnauer von Host Tom Clarkson interviewt wurde.

Podcast: Was Szafnauer gesagt hat

In dem Podcast erklärte Szafnauer, dass er auch nach Rossis Abzug keine Angst um seinen Job als Alpine-Teamchef habe. Das habe ihm Renault-Konzernchef Luca de Meo höchstpersönlich versichert: "Ich habe keine Bedenken, dass Luca sein Wort hält und mir die 100 Rennen Zeit gibt, die nötig sind", sagte Szafnauer da, und er unterstrich: "Ich weiß, dass Luca ein Mann ist, der sein Wort hält. Und er hat mir sein Wort gegeben, 100 Rennen abzuwarten."

Genau zwei Tage (!) nach Veröffentlichung des Podcasts war Otmar Szafnauer als Alpine-Teamchef Geschichte.

Und nicht nur er: Neben Szafnauer verlassen auch der bisherige Sportdirektor Alan "Bat" Permane, (auch bei anderen Teams) eine der populärsten Figuren im Paddock der Formel 1, und der CTO (Chief Technical Officer) Pat Fry den Rennstall aus Enstone.

Bruno Famin: Wer ist das?

Der neue starke Mann bei Alpine heißt Bruno Famin. Famin ist bei Peugeot groß geworden und wechselte 2019 zur FIA, ehe er im Februar 2022 von Laurent Rossi zum neuen CEO der Renault-Motorenfabrik in Viry-Châtillon ernannt wurde. Jene Fabrik übrigens, über die man sich abfällig erzählt, dass in manchen Ecken schon länger kein Besen mehr gekehrt haben soll.

Und eben dieser Bruno Famin kann nach Spa unmöglich gut geschlafen haben. Sein Wochenende begann mit einem befremdlichen Auftritt in der Teamchef-Pressekonferenz am Freitag, bei dem er die Medienvertreter mit peinlich einstudiert wirkenden PR-Floskeln davon zu überzeugen versuchte, dass die Trennung von Szafnauer und Permane "im gegenseitigen Einvernehmen" erfolgt sei.

Kollege Ian Parkes von der New York Times gehörte aber (genau wie ich) zu denen, die sich nicht für dumm verkaufen ließen, und merkte an, es falle ihm "sehr schwer zu glauben, dass zwei Leute von Otmars und Alans Rang plötzlich die Hand heben und sagen: 'Ja, wisst ihr was? Wir gehen jetzt!'"


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Zumal Szafnauer noch ein paar Tage zuvor versichert hatte, er wolle derjenige sein, der Alpines 100-Rennen-Plan umsetzt. Den Famin, das sei am Rande bemerkt, als eine seiner ersten Amtshandlungen als Teamchef quasi auf Eis gelegt hat. Wenn auch nicht mit klaren Worten, sondern mit jenem typischen Herumgeeiere, das in den vergangenen Jahren zum Synonym für die Managementkultur des französischen Formel-1-Programms geworden ist.

Sympathien im Formel-1-Paddock klar verteilt

Es gab in Spa keinen Paddock-Smalltalk, keine Medienrunde und kaum ein TV-Interview, in dem das Köpferollen bei Alpine nicht diskutiert wurde. Und während Szafnauer und Permane als langjährige Sympathieträger dabei recht gut wegkamen, wurde über das Topmanagement von Alpine und über Famin kaum ein gutes Wort verloren.

Es mag unfair sein, einen Mann so öffentlich hinzurichten, der seinen Job gerade erst übernommen hat. Aber Famin ist zumindest keiner, der den modernen Typus Sportmanager vertritt. Neben Persönlichkeiten wie Toto Wolff, Andreas Seidl oder Mike Krack wirkt er wie einer, der aus der Zeit gefallen ist. Und anders als die genannten Herren ist er auch nicht der Typ, der mit einem spitzbübischen Charme die skeptischen Herzen rasch erobern kann.

Indes wurde Szafnauer zum Sympathieträger des Wochenendes, als er sich in einem Interview mit den Kollegen von 'Sky' einen Seitenhieb gegen das Alpine-Management nicht verkneifen konnte: "Du kannst nicht neun Frauen schwängern und hoffen, in einem Monat ein Baby zu haben", grinste er in die Kamera.

Auf der anderen Seite ein Sinnbild für Famins Isolation im Paddock, als er am Samstag vor dem F1-Sprint in die Startaufstellung ging, ganz allein, ohne den Rest des Teams, das er jetzt leiten muss. Während Szafnauer das ganze Wochenende über ein gefragter Mann war, spielte Famin ein paar Minuten vor seinem ersten Rennstart als Formel-1-Teamchef irgendwas an seinem Handy rum.

Prost: Das Problem sind die Vorstände selbst

Alain Prost hat das Alpine-Problem mit dem Dunning-Kruger-Effekt erklärt und, wie ich finde, gut auf den Punkt gebracht. Die hochnäsigen Vorstände in Paris glauben, schrieb er dieser Tage in einem (von mir jetzt absichtlich zugespitzten) Gastbeitrag für die 'L'Équipe', dass sie so ein Formel-1-Team mit links wuppen und erfolgreich machen können. Und dafür keine (in ihrer arroganten Wahrnehmung) hemdsärmeligen Halbprofis vom Fach brauchen, wie Szafnauer einer war, wie Permane einer war, wie auch Prost selbst einer war, bis er den Aufsichtsrat des Alpine-Teams im Januar 2022 verlassen hat.

Famin ist als Chef eines Formel-1-Teams am Höhepunkt seiner Karriere im Motorsport angelangt. Zumindest in der bisher exponiertesten Position. Versüßt sicherlich mit einem ansehnlichen Gehalt. Sowohl die Öffentlichkeit als auch das Geld, das die Formel 1 mit sich bringt, können Menschen süchtig machen.

Vielleicht tappt auch Famin in diese Falle und bleibt auf seinem Sessel kleben. Er schließe, obwohl offiziell nur interimistisch Teamchef, zum jetzigen Zeitpunkt nichts aus, sagt er. Auch nicht, dauerhaft Teamchef zu bleiben.

Ferrari war am erfolgreichsten, als ein Franzose (Jean Todt) mit den Italienern aufgeräumt hat. Vielleicht würde es Alpine ja jetzt ganz guttun, wenn ein Italiener mit den Franzosen aufräumen würde.

Weiß eigentlich jemand, was Mattia Binotto gerade so treibt?

Euer Christian Nimmervoll


Hinweis: Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Kolumne meine subjektive Wahrnehmung abbildet. Wer anderer Meinung ist, kann das gern mit mir ausdiskutieren, und zwar auf meiner Facebook-Seite "Formel 1 inside mit Christian Nimmervoll". Dort gibt's nicht in erster Linie "breaking News" aus dem Grand-Prix-Zirkus, sondern vor allem streng subjektive und manchmal durchaus bissige Einordnungen der wichtigsten Entwicklungen hinter den Kulissen der Formel 1.

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