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Valtteri Bottas wird bei Mercedes in die Rolle der Nummer 2 gedrängt. Jetzt durch die Highlights des Rennens in Schanghai klicken!
"In your face!" Lewis Hamilton schlägt nach der Niederlage gegen Sebastian Vettel beim Saisonauftakt in Australien zurück und gewinnt den Grand Prix von China. Aber die wichtigste Erkenntnis in Schanghai ist: Ferrari hat 2017 ein Siegerauto - und diese beiden Herren fighten um den WM-Titel.
Der Freitag fällt ins Wasser: 22 Minuten Netto-Fahrzeit am Morgen, Training gestrichen am Nachmittag - weil der Rettungshubschrauber in einer Mischung aus Smog und Nebel nicht starten kann. Highlight des Tages also, wie Hamilton Kappen an die Fans verteilt - und dabei gefilmt wird, wie er mit seinem Handy filmt ...
In Melbourne noch gefeiert, in Schanghai auf dem Boden der Realität: Wehrlein-Ersatz Antonio Giovinazzi - zugegeben wieder richtig flott unterwegs - leistet sich im Qualifying einen Anfängerfehler und crasht den Sauber. Es sollte nicht sein einziges Malheur des Wochenendes bleiben.
Hamilton startet nach "Spezialrunde" (Niki Lauda) auf Pole, zwei Zehntelsekunden vor Vettel. Der wiederum ist nur um eine Tausendstelsekunde schneller als Bottas. Bei Vettels kreativer Auslegung der Startposition drückt die Rennleitung ein Auge zu. Und Toro-Rosso-Junior Carlos Sainz startet als Einziger auf Slicks.
Der Start: Bottas muss gegen Vettel zurückstecken, Daniel Ricciardo geht aber an Kimi Räikkönen vorbei. Nico Hülkenberg überholt Felipe Massa. Und Max Verstappen, als 16. gestartet, kommt als Siebter aus der ersten Runde zurück: neun Positionen gutgemacht!
Der Verlierer des Starts: Sainz' kommt mit Wheelspin auf nasser Strecke nicht vom Fleck, dreht sich und fällt auf Platz 17 zurück. Aber schon nach ein paar hundert Metern merkt er, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat. Und das war ganz allein seine Idee: "Meine Ingenieure wurden kreidebleich, als ich es ihnen gesagt habe!"
In der virtuellen Safety-Car-Phase nach der Kollision zwischen Rookie Lance Stroll (Ausfall) und Sergio Perez (hat Glück) kommt Vettel an die Box, um auf Slicks zu wechseln. Das sieht zunächst nach der goldrichtigen Entscheidung aus, weil Hamilton & Co. draußen bleiben, die Strecke aber nur noch stellenweise nass ist.
Doch dann: Giovinazzi zum Zweiten! Der Sauber-Rookie crasht wieder in der letzten Kurve, das Safety-Car muss auf die Strecke - und alle, die jetzt an die Box kommen, verlieren beim Reifenwechsel weniger Zeit als Vettel. Der fällt auf P6 zurück. Direkt hinter Bottas, der sich beim Stopp hinter Hamilton anstellen muss.
Nach der Safety-Car-Phase schnappt sich Verstappen zuerst Räikkönen (der flucht: "Was ist mit meinem Motor los? Null Drehmoment!"), dann Ricciardo. Mit weicheren Reifen macht er Jagd auf Hamilton. Ricciardo kann dieses Tempo nicht gehen. In seinem Rückspiegel werden die Ferraris immer größer.
Überholen ist anno 2017 wieder eine Kunst: Vettel verliert hinter Räikkönen 5,4 Sekunden auf die Spitze, ehe ihm der Geduldsfaden platzt und er auf der letzten Rille am Teamkollegen vorbeigeht. Wenig später ist auch Ricciardo fällig - und der Rückstand auf Verstappen, zu dem Zeitpunkt fünf Sekunden, beginnt zu schmelzen.
In Runde 28 ist das Thema erledigt: Verstappen verbremst sich (und muss Reifen wechseln), Vettel zieht vorbei und ist Zweiter. Rückstand auf Hamilton: 10,7 Sekunden. Verstappen dreht auf frischen Reifen sofort die schnellste Runde, fällt aber auf P6 zurück. Hinter Bottas, der sich über seinen Dreher hinter dem Safety-Car ärgert.
Beim Überholmanöver des Tages ist Hülkenberg nur Opfer und nicht Vollstrecker: Klasse, wie Romain Grosjean den Renault-Fahrer überrascht. Bitter: Hülkenberg kassiert zwei Strafen wegen Überholens bei (virtueller) Safety-Car-Phase. Mehr als P12 ist da dann nicht drin.
Neben Verstappen der Mann des Rennens: Sainz liegt dank seinem Slick-Poker schon an siebter Stelle, als das Safety-Car von der Strecke geht, und fährt über weite Strecken vor Fernando Alonso. Mit frischeren Reifen überholt er sein Idol problemlos. McLaren verzeichnet den nächsten Doppelausfall. Sainz wird Siebter.
Die Schlussphase: Räikkönen will gegen den Willen seines Teams nicht durchfahren und verliert dadurch ein mögliches Podium (P5). Renningenieur Tony Ross nennt Bottas (P6) am Funk "Nico". Und Ricciardo ist am Ende, auf trockener Fahrbahn, schneller als Verstappen (bei dem die Nerven blank liegen), kommt aber nicht mehr vorbei (P3/4).
Vettel, normalerweise ein sehr schlechter Verlierer, kann mit P2 gut leben. Am Boxenfunk sagt er: "Wir haben das schon richtig gemacht. Das Safety-Car war Pech. Aber wir sind die Schnellsten, Mann, die Schnellsten! Nächstes Mal gewinnen wir." Das wäre dann in Bahrain, nur eine Woche nach China.
(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser,
selten ist es uns so schwer gefallen wie nach dem Grand Prix von China in Schanghai, einen Verlierer des Wochenendes "schlecht schlafen" zu lassen. Fernando Alonso? Hatten wir schon nach Melbourne. Pascal Wehrlein? Hätte sicher schlechter geschlafen, wenn sein hochgelobter Ersatzmann nicht zweimal gecrasht wäre. Jemand von Red Bull? 2017 nur noch Nummer 3 im Feld, ja, aber Tendenz immerhin steigend. Gar nicht so einfach also.
Einer dürfte allerdings in der Tat geplagt sein, weil er im Rennen richtig Mist gebaut hat: Valtteri Bottas. Sich beim Aufwärmen der Reifen hinter dem Safety-Car zu drehen, das (oder ähnliches) ist schon Größeren passiert. Michael Schumacher, David Coulthard, Juan Pablo Montoya fallen einem da ein.
Unglücklich ist aber das Timing eines solchen Anfängerfehlers. Denn Bottas traut ohnehin kaum jemand zu, die Fußstapfen von Nico Rosberg ganz zu füllen. Wenn er überhaupt eine Chance haben möchte, mit Hamilton auf Augenhöhe zu kommen, dann am ehesten noch über das vielzitierte Momentum. Das ist wohl die einzige Chance für etwas weniger begnadete Fahrer, mit den außergewöhnlich begnadeten mitzuhalten oder sie sogar einmal zu schlagen.
Rosberg hat das gegen Hamilton geschafft, indem er auf einer Welle von Seriensiegen surfte (Momentum eben) und 2016 härter denn je arbeitete, um endlich Weltmeister zu werden. Ich stelle die gewagte Theorie auf: Hätte Hamilton 2016 in Melbourne gewonnen, wäre alles ganz anders gekommen.
Bottas hatte in Melbourne ein Erfolgserlebnis. Er war Hamilton zwar nicht ebenbürtig, aber er war näher dran, als ihm viele zugetraut hätten. Auch im Qualifying in Schanghai. Aber das Tausendstel-Pech gegen Sebastian Vettel ist ebenso unglücklich wie der Verlauf des Rennens.
Jetzt könnte man sagen: dumm gelaufen, kann passieren. Das Problem ist nur: Super-Champions wie Hamilton (jetzt schon) oder Verstappen (vielleicht in Zukunft) passieren solche Dinge eben nicht. Sie haben kein Tausendstel-Pech, sondern Tausendstel-Glück, und das Momentum haben sie meistens auf ihrer Seite.
Bottas ist sicher kein neuer Heikki Kovalainen. Dafür ist er viel zu talentiert. Aber wenn er nicht bald sein erstes großes Erfolgserlebnis hat und Hamilton einmal knackt, läuft er Gefahr, bei Mercedes in genau die Rolle geschoben zu werden, in der ihn viele Beobachter ohnehin schon längst sehen.
Nämlich die der Nummer 2.
Wer sonst noch schlecht geschlafen hat:
Kimi Räikkönen: Nun ist es kein Drama, gegen Sebastian Vettel nach zwei Rennen mit 22:43 Punkten und 0:2 Qualifyings im Hintertreffen zu sein. Ungünstig ist aber, wenn Oberboss Sergio Marchionne anfängt, öffentlichen Druck auszuüben - und obendrein auch noch der Vertrag am Jahresende ausläuft. Der 37-Jährige kommt mit dem Untersteuern des neuen Ferrari nicht klar. Sollte er aber bald. Sonst wird er 2018 mehr Zeit haben, sich um Sohn Robin zu kümmern, als ihm lieb ist. Schade eigentlich, denn so viel geredet wie in dieser Saison hat der "Iceman" noch nie!
Antonio Giovinazzi: Nach Melbourne schon als künftiger Ferrari-Star gefeiert, wurde der GP2-Vizemeister in Schanghai von der Realität eingeholt. Gleich zweimal verschrottete er seinen Sauber mit einem Anfängerfehler, und manche werden sich erinnern: Auch in Melbourne hat er einen besseren Startplatz im entscheidenden Moment selbst verschenkt. Fehler, die einem Rookie mal passieren können. Die aber auch einiges in die richtigen Relationen setzen. Und, nebenbei bemerkt, Pascal Wehrlein wieder beruhigt schlafen lassen ...
Ihr
Christian Nimmervoll
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