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Er hat es geschafft! Lewis Hamilton hat sich seinen vierten WM-Titel gesichert und mit Sebastian Vettel und Alain Prost gleichgezogen. Obwohl der Brite den Titel am Ende vorzeitig gewinnen konnte, hatte Sebastian Vettel im WM-Kampf 2017 die Nase lange Zeit vorne. Wir blicken noch einmal zurück ...
Bereits beim Saisonauftakt in Melbourne wird klar, dass die Dominanz der Silberpfeile der vergangenen Jahre ein Ende hat. Vettel und Ferrari sichern sich den ersten Sieg seit 2015 und - im Fall der Scuderia - zum ersten Mal seit 2012 die WM-Führung. Hamilton weiß, dass 2017 kein Selbstläufer wird.
Doch schon beim zweiten Saisonrennen schlagen die Silberpfeile zurück. Hamilton gewinnt in China und zieht mit Vettel gleich. Trotzdem ist dem Briten zu dem Zeitpunkt schon klar: "Das wird eine der engsten Weltmeisterschaften, die ich je bestritten habe." Zumindest für die kommenden Monate soll er Recht behalten.
In den folgenden Rennen ist alles offen: Vettel gewinnt in Bahrain, Hamiltons neuer Teamkollege Valtteri Bottas in Russland und Hamilton selbst schlägt in Spanien wieder zu. In Barcelona geht es zwischen den beiden WM-Kandidaten auf der Strecke auch erstmals richtig eng zu. Die große Eskalation steht allerdings erst noch bevor ...
In Monaco erleben Hamilton und Mercedes den größten Dämpfer der gesamten Saison. Das Set-up passt nicht, Hamilton versemmelt das Qualifying und kommt am Ende nicht über Rang sieben hinaus. In der WM liegt er nach sechs Rennen 25 Punkte hinter Vettel - sein größter Rückstand im gesamten Jahr.
Niki Lauda schreibt den Titel da fasst schon ab. Im Interview mit der 'Kronen-Zeitung' erklärt der Österreicher: "Vettel muss schon einmal ausfallen, sonst ist es vorbei." Sein Wunsch soll sich erst später in der Saison erfüllen, doch bereits in Kanada hat Hamilton Glück: Er gewinnt, während Vettel nach einer Kollision nur Vierter wird.
Emotional wird es für den Briten bereits einen Tag zuvor. Beim Qualifying sichert er sich seine 65. Pole und zieht mit Ayrton Senna gleich. Als er daraufhin einen Helm seines Idols geschenkt bekommt, ist er sprachlos und den Tränen nah. Auch Michael Schumachers Rekordmarke von 68 Poles wird Hamilton in diesem Jahr noch knacken.
Beim folgenden Rennen in Baku bröckelt das bis dahin respektvolle Verhältnisse zwischen Hamilton und Vettel. Während einer Safety-Car-Phase hat der Deutsche das Gefühl, dass Hamilton einen "Bremstest" macht. Er zieht neben den Silberpfeil und rammt ihn - Hamilton und die Zuschauer sind fassungslos.
Besonders bitter: Weil sich die Kopfstütze an seinem Mercedes löst, muss Hamilton einen zusätzlichen Boxenstopp einlegen. Er verliert den sicheren Sieg. Trotz einer Stop-and-Go-Strafe kommt Vettel so vor ihm ins Ziel und baut seinen WM-Vorsprung wieder aus. Vettels Entschuldigung für die Aktion folgt erst mehr als eine Woche später.
Nächster Rückschlag in Österreich: Ein Getriebewechsel ruiniert das Rennen von Hamilton bereits, bevor es überhaupt angefangen hat. Von Startplatz acht kommt er am Ende nicht über Rang vier hinaus. Vettel wird Zweiter hinter Bottas und baut den Vorsprung wieder auf 20 Zähler aus.
Crowdsurfing beim Heimspiel in Silverstone eine Woche später: Ein Reifenschaden sorgt dafür, dass Vettel nur Siebter wird, während Hamilton unangefochten gewinnt. Der Brite kommt bis auf einen Punkt heran, doch weil Vettel anschließend in Ungarn gewinnt, geht der Deutsche mit einem Vorsprung von 14 Zählern in die Sommerpause.
In Budapest zeigt sich Hamilton dafür als echter Teamplayer. Während Kimi Räikkönen Vettel an der Spitze nicht angreifen darf, lässt Hamilton Bottas in der letzten Kurve wieder durch, weil dieser ihm zuvor seine Position überlassen hatte. Die unterschiedlichen Philosophien von Ferrari und Mercedes werden in diesem Rennen deutlich wie nie.
Nach der Sommerpause wendet sich das Blatt: Hamilton gewinnt in Spa und Monza und zieht ausgerechnet beim Ferrari-Heimspiel erstmals in dieser Saison in der WM an Vettel vorbei. Der Brite gewinnt als erster Fahrer 2017 zwei Rennen in Folge und reist mit einem Vorsprung von drei Zählern nach Singapur.
Der Stadtkurs in Singapur gilt als Mercedes-Angestrecke, was sich im Qualifying auch bestätigt. Vettel fährt auf Pole, Hamilton kommt nicht über Platz fünf hinaus. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass sich diese Weltmeisterschaft in den drei Rennen in Asien zugunsten des Briten entscheiden soll ...
In Singapur scheidet Vettel nach einem Startunfall aus, Hamilton schnappt sich daraufhin die 25 Punkte, die ihm auf dem Silbertablett serviert werden. Auch in Malaysia scheint der Ferrari das schnellere Auto zu sein, doch ein Motorschaden im Qualifying sorgt dafür, dass Hamilton seinen Vorsprung auch hier noch einmal ausbauen kann.
Vor Suzuka hat der Mercedes-Pilot 34 Punkte Vorsprung auf Vettel. Am Sonntag starten die beiden von den Plätzen eins und zwei ins Rennen. Es scheint alles angerichtet zu sein für einen heißen Tanz in Japan. Doch erneut macht Vettels Motor schlapp - dieses Mal in der Anfangsphase des Rennens. Schuld ist eine defekte Zündkerze.
Erneut greift Hamilton zu und schnappt sich den Sieg - seinen vierten in den fünf Rennen seit der Sommerpause. Vier Rennen vor Saisonende liegt er 59 Punkte vor Vettel, der vierte Titel ist ihm damit zwar rechnerisch noch zu nehmen, faktisch ist der Kampf um die Weltmeisterschaft damit aber entschieden.
Beim drittletzten Saisonrennen in Mexiko macht Hamilton seinen vierten Triumph perfekt. Die Art und Weise des Titelgewinns ist aber kurios: Beim Start kommt es zur Berührung mit Vettel, die beiden müssen einen frühen Stopp einlegen und fallen ans Ende des Feldes zurück. Hamilton wird am Ende Weltmeister, obwohl er überrundet wird ...
Feiern darf er aber trotzdem! Durch seinen vierten WM-Titel steht Hamilton jetzt auf einer Stufe mit Vettel und Alain Prost. Mehr Titel haben nur Juan Manuel Fangio (5) und natürlich Michael Schumacher (7) auf dem Konto. Den Argentinier könnte Hamilton aber bereits 2018 einholen ...
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Die Silberpfeile haben jetzt vier Jahre in Folge sowohl die Konstrukteurs- als auch die Fahrer-Weltmeisterschaft gewonnen. Wie ordnen Sie die einzelnen Erfolge ein?"
Toto Wolff: "Dieses Jahr war mit Sicherheit das härteste. Ferrari hat die Messlatte höher gelegt und dann mischte auch noch Red Bull vorne mit. Als Team fühlst du dich immer wohler, wenn du weißt, dass einer deiner beiden Fahrer die Weltmeisterschaft gewinnen wird."
"Natürlich war es nicht immer einfach, die teaminterne Rivalität im Zaum zu halten, aber es war bei weitem nicht so schwierig wie unsere Probleme in diesem Jahr. Ich bin sehr stolz auf unseren ersten Titelgewinn 2014, weil wir uns damals alle voll darauf konzentriert haben. Aber diese Weltmeisterschaft war die am härtesten umkämpfte von allen."
Frage: "Lewis ist in Mexiko zum vierten Mal in seiner Karriere Weltmeister geworden und steht jetzt auf einer Stufe mit Alain Prost und Sebastian Vettel. Ist Lewis im Moment in der Form seines Lebens?"
Wolff: "Ich arbeite jetzt schon seit fünf Jahren mit ihm zusammen und habe ihn noch nie auf einem derart hohen Niveau erlebt. Seine Pace ist spektakulär. Er versteht die Reifen und die Limitierungen seines Autos, das manchmal nicht gerade einfach zu fahren ist."
"So eine konstante Leistung auf diesem Niveau habe ich noch nie zuvor erlebt. Wir haben uns nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi im vergangenen Jahr bei mir zuhause zusammengesetzt und ein langes Gespräch in meiner Küche geführt. Dabei haben wir den ganzen Frust und alle Fragen ausgeräumt, die sich mit der Zeit angehäuft hatten. Ich denke, das war eine Erleichterung für uns beide und von da an erreichte unsere Beziehung die nächste Stufe."
"Lewis ging in die Winterpause und kam mit einer großartigen Einstellung zurück. Im Verlauf des Jahres hat er sich dann immer weiter gesteigert und auch das Verhältnis zu Valtteri spielte eine sehr wichtige Rolle. Der Teamgeist innerhalb unserer Mannschaft ist fantastisch. Auch das war in diesem Jahr ein entscheidender Teil des Puzzles."
Frage: "Sie haben den W08 in diesem Jahr hin und wieder als eine kleine 'Diva' bezeichnet. Dennoch hat das Team damit beide Weltmeisterschaften, die meisten Siege und die meisten Poles eingefahren. Wie geht es nun mit der 'Diva' weiter?"
Wolff: "Wir möchten die Charakteristiken unserer 'Diva' behalten, die wir mögen, und jene loswerden, die uns das Leben erschwert haben. Viele Teams hatten in diesem Jahr Schwierigkeiten beim Verständnis der neuen Autos und Reifen. An manchen Tagen hat es funktioniert, an anderen wiederum nicht."
"Wenn wir uns die Qualifying- und Rennstatistiken ansehen, hatten wir das schnellste Auto mit dem schnellsten Fahrer. Aber es gab einige Schwankungen und wir hatten ein paar Rennen, bei denen wir zu kämpfen hatten. Wir verstehen relativ gut, woran das gelegen hat. Jetzt müssen wir eine Lösung finden, um das für das nächste Jahr zu verbessern und zu optimieren. Wir werden nichts unversucht lassen, um das zu erreichen."