Kostete Batterie-Drama Norris die Spa-Führung? McLaren klärt auf
Lando Norris verlor beim Spa-Restart die Führung und damit den Sieg - Woran hat es gelegen? - Batterie, durchdrehende Räder oder Windschatten?
(Motorsport-Total.com) - "Warum habe ich kein [Batterie]-Pack?" - Lando Norris beschwerte sich nur eine halbe Runde nach dem fliegenden Start zum Grand Prix von Belgien 2025 über fehlende Leistung. Da war Oscar Piastri bereits vorbeigezogen. Es war eine bittere Niederlage gegen den Teamkollegen, der in Spa-Francorchamps seine Führung in der Formel-1-Weltmeisterschaft wieder auf 16 Punkte ausbaute.

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Oscar Piastri tauchte bereits weit vor Les Combes vor Lando Norris auf - Grundstein zum Sieg Zoom Download
Norris hatte sich am Funk noch indirekt für einen fliegenden Start ausgesprochen. Denn seine Poleposition auf der linken Seite war deutlich nasser als die rechte Linie. Doch auch beim rollenden Start verlor er die Führung auf dem ersten Kilometer und konnte sie nie zurückerobern.
Sein Renningenieur William Joseph wirkte nach dem Frustspruch beruhigend auf Norris ein: "Das kommt zurück. Wir haben sehr viel Batterie beim Restart verbraucht." McLaren-CEO Zak Brown spricht bei Sky sogar von einem Problem: "Wir hatten ein kleines Batterieproblem am Start, das ihm nicht geholfen hat." Mehr ins Detail geht er nicht, weil das erst analysiert werden solle.
Überraschenderweise widerspricht Norris aber seinem Chef. "Nein", antwortet er auf die Frage, ob das zu seinem Führungsverlust beigetragen habe. Später in der Pressekonferenz sagt er, er wollte das erst mit dem Team analysieren.
McLaren-Teamchef Andrea Stella klärt im Anschluss an das Rennen auf: "Tatsächlich gab es beim Neustart eine leichte Anomalie hinsichtlich der Batterienutzung, die jedoch auf beiden Seiten [also auch bei Piastri] auftrat. Es gab also nichts, was Lando im Vergleich zu Oscar besonders benachteiligt hätte."
Poleposition oder Wheelspin - was war schuld?
Stattdessen sieht Norris die Schuld in seiner Poleposition: "Den Windschatteneffekt haben wir schon am Samstag gesehen. Und wenn es nass ist, ist das noch extremer - vor allem, wenn du das erste Auto bist und das Wasser wegschaufeln musst. Der Effekt ist bei Regen einfach noch größer als sonst."
Stella stößt ins selbe Horn: "Ich denke, der Überholvorgang kam letztendlich zustande, weil es für das führende Auto sehr schwierig ist, als Erster in Kurve 5 [Les Combes] anzukommen. Es ist nicht unmöglich, aber man muss einen ordentlichen Vorsprung haben, wenn man die Ziellinie überquert, was bei Lando beim Neustart bereits nicht der Fall war."
Damit schlägt Stella die Brücke zum eigentlichen Knackpunkt: dem Restart selbst. Norris hatte nämlich dreimal mit durchdrehenden Hinterrädern zu kämpfen. Das erste Mal, als er vor Blanchimont das Tempo anzog, wodurch Piastri von Anfang an direkt an ihm dran war, aber in der Schikane noch nicht angreifen durfte, weil das Safety-Car-Überholverbot noch galt.
Ausgangs der Schikane auf Start/Ziel hinaus drehten die Hinterräder bei Norris zum zweiten Mal heftig durch, sodass er in La Source hinein bereits wieder verteidigen musste. Und hier kam es am Ausgang zum dritten Mal zu heftigem Wheelspin. Hat also die Batterie zu viel Leistung abgegeben, als sie es nicht sollte, oder war Norris auf dem Gaspedal zu gierig?
Er selbst bleibt vage: "Ich habe Kurve 1 nicht perfekt erwischt, muss mir das nochmal genau anschauen. Ich hatte zwei kleine Quersteher am Kurvenausgang, vielleicht hätte ich mich da besser rausziehen können."
Und kehrt zu seinem Hauptargument zurück - dem Windschatten: "Wahrscheinlich hätte Oscar dadurch nur einen noch stärkeren Windschatten bekommen und mich trotzdem überholt. Es ist einfach schwer, bei solchen Bedingungen von vorn zu führen. Ich behaupte nicht, dass ich alles perfekt gemacht habe, aber es war Gegenwind auf der Geraden. Da war es dieses Wochenende quasi unmöglich, vorn zu bleiben."
Wie auch immer, am Ende kam noch ein dritter Faktor hinzu, wie Norris selbst zugibt: "Oscar hat am Start einen großartigen Job gemacht. Er war in Eau Rouge etwas mutiger, hatte den Windschatten und kam vorbei. Da gibt es nicht mehr zu sagen."
Piastri wieder mit richtigem Instinkt
Tatsächlich zeigte sich Piastri taktisch clever. Vor Eau Rouge nahm er bewusst etwas Tempo raus - wohl wissend, dass er sonst mit zu viel Überschuss nur neben Norris gekommen wäre. So lud er durch das Lupfen womöglich die Batterie noch etwas auf, nahm mehr Schwung mit und hatte genug Überschuss, um den Windschatten nur noch kurz zu benötigen.
Der Tabellenführer kommentiert sein Manöver so: "Ich hatte generell einen guten Restart, war schon in der letzten Schikane recht nah dran und kam dann auch gut aus Kurve 1 raus. Mir war vorher schon klar: Ein Manöver [mit Schwung] durch Eau Rouge würde meine beste Chance auf den Sieg sein."
"Ich habe eine Weile darüber nachgedacht. Natürlich ist es bei Regen schwieriger als im Trockenen, aber ich wusste, dass ich es versuchen muss. Wenn man es sich im Replay anschaut, wirkt es nicht ganz so wild, wie es sich im Auto angefühlt hat. Aber ich wusste, dass ich da alle Register ziehen musste."
Und so nahm das Rennen seinen Lauf, in dem weiterhin alles für Piastri lief, während Norris weitere Chancen verpasste, das Blatt vielleicht zu wenden. Piastri fuhr den achten Sieg seiner Karriere ein und baute das Polster in der Weltmeisterschaft wieder leicht aus.