Sergio Perez: Runden hinter Leclerc haben womöglich P2 gekostet
Zerschlugen sich die Hoffnungen von Red Bull auf einen weiteren Doppelsieg beim Formel-1-Rennen in China hinter dem Ferrari von Charles Leclerc?
(Motorsport-Total.com) - "Immerhin haben wir es noch auf das Podium geschafft", sagt Sergio Perez. Red Bull aber hatte sich anderes vorgestellt für den China-Grand-Prix 2024 in Schanghai, nämlich den vierten Doppelsieg im fünften Rennen der Formel-1-Saison. Aber weshalb hat das nicht geklappt?
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Ferrari-Fahrer Charles Leclerc vor Sergio Perez im Red Bull beim Formel-1-Rennen in China 2024 Zoom Download
Red-Bull-Teamchef Christian Horner schiebt es auf die Gelbphase zu Rennmitte: "Das Timing des Safety-Cars hätte für uns nicht schlechter sein können, besonders nicht für Checo [Perez]. Denn wir waren mit einer relativ aggressiven Zweistopp-Strategie ins Rennen gegangen."
Schon in Runde 13 war Perez - wie Teamkollege Max Verstappen - zum ersten Mal zum Reifenwechsel abgebogen und hatte von Medium auf Hard gewechselt. Die Gelbphase kurz darauf zwang ihn nach nur zehn Runden auf dem neuen Reifensatz erneut an die Box, "weil wir unsere Strategie mit Ferrari und McLaren für den letzten Stint harmonisieren mussten", wie Horner erklärt.
Dieser vorgezogene zweite Stopp zu einem für Red Bull ungünstigen Zeitpunkt habe Perez entscheidend zurückgeworfen, weil Perez so hinter Lando Norris im McLaren und hinter Charles Leclerc im Ferrari gelandet sei.
"Damit war das Rennen eigentlich gelaufen", sagt Perez selbst. Denn er habe seine Hard-Reifen über Gebühr beanspruchen müssen, um die verlorenen Positionen wieder wettzumachen. "Da lässt die Reifenleistung dann dramatisch nach", erklärt er. Und deshalb habe er am Ende nur noch Leclerc abfangen können, aber nicht mehr Norris. Im Ziel fehlten 5,387 Sekunden auf den McLaren auf Platz zwei.
Was Norris über Perez' Pace dachte
Fühlte sich Norris überhaupt bedroht? Der McLaren-Fahrer wirkt entspannt, wenn er sagt: "Ich habe die Dinge heute aus eigener Kraft kontrolliert, indem ich mich sehr schnell von Charles abgesetzt habe. Und dann hat Charles Checo sehr aufgehalten."
Diese Konstellation habe ihm in die Karten gespielt, betont Norris: "Checo musste wahrscheinlich viel von seinen Reifen verbrauchen, um an Charles vorbeizukommen. So hatte ich etwas mehr Freiraum, und das war gut so."
Denn nach einigen Runden hinter Leclerc hatte sich Perez einen Rückstand von gut sechseinhalb Sekunden auf Norris eingefangen. Und dabei blieb es ungefähr bis zur Zieldurchfahrt 17 Runden später.
Die Rundenanalyse von F1 Tempo zeigt: Bei freier Fahrt gelang es Perez fünf Runden lang, Norris im Fernduell unter Druck zu setzen und den Rückstand leicht zu reduzieren. Dann aber stabilisierte sich die Situation und Norris gab den Vorteil nicht mehr aus der Hand.
Warum Perez nicht gut an Leclerc vorbeikam
"Wenn du erst mal die gleichen Zeiten fährst wie das Auto vor dir, dann ist es vorbei", sagt Perez. "Wir hatten unsere Reifen einfach zu sehr strapaziert. Das verzeihen sie dir nicht. Die Leistung kommt dann nicht mehr wieder. In Schanghai ist der Verschleiß generell hoch, und ich habe den Preis dafür bezahlt. Aber nur so kam ich überhaupt an Charles vorbei."
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Die große Schwierigkeit dabei: Leclercs Hard-Reifen waren fast genau gleich alt wie die Hard-Reifen von Perez. Einen Reifenvorteil gab es also nicht. "Das hat das Überholen schwierig gestaltet", sagt Perez.
"Und danach waren seine Reifen einfach nicht mehr gut genug, um Lando zu jagen", ergänzt Teamchef Horner. Er lobt Perez trotzdem für ein "sehr starkes" Wochenende und für das nächste "Doppelpodium" für Red Bull.
Perez wiederum ist nicht restlos zufrieden. Die Safety-Car-Situation nagt an ihm, aber auch schon der erste Stint war aus seiner Sicht nicht perfekt verlaufen: "Auf Medium fehlte einfach ein bisschen die Pace." Im Vergleich zu Teamkollege Verstappen an der Spitze waren es einige Zehntel bis eine halbe Sekunde pro Runde, so zeigt es die Datenanalyse bei F1 Tempo.
Auto "verschlimmbessert" von Samstag auf Sonntag?
Das schiebt Perez auf eine "schlechte Balance" in seinem Red Bull RB20 und erklärt, sein Team habe nach dem Schanghai-Samstag einige Änderungen am Auto vorgenommen. "Ich glaube aber, wir haben die Bedingungen nicht perfekt antizipiert. Da haben wir eher einen kleinen Rückschritt gemacht. Und das bedeutete eine Einschränkung für mich."
Allerdings könne man auch nicht alles vorhersehen und durchplanen, meint Perez: "Wenn man erst einmal im Feld drinsteckt, ist es schwierig, die Balance zu beurteilen. Hast du dann noch zwei, drei Autos direkt vor dir, ist der Anpressdruck deutlich geringer. Und dann weißt du wirklich nicht, wie deine Balance ist."
Perez verliert den Start gegen Alonso
Dass diese Situation so eingetreten ist, hat sich Perez aber zum Teil auch selbst zu verdanken. Er räumt einen "nicht so guten Start" ein, was es Aston-Martin-Fahrer Fernando Alonso ermöglichte, gleich zu Rennbeginn P2 hinter Verstappen zu übernehmen.
Auch deshalb seien seine Medium-Reifen nicht gut in Schuss geblieben, sagt Perez: "Ich musste sie ziemlich beanspruchen, um an Fernando vorbeizukommen. Wahrscheinlich hat mich das etwas zu viel [Reifenleistung] gekostet. Es hat mich im ersten Stint definitiv zurückgeworfen."
Weitere Details müsse die Nachbetrachtung zum Grand Prix liefern. "Da müssen wir schauen, was wir hätten anders oder besser machen können. Aber insgesamt war es ein starkes Wochenende", meint Perez.
Die WM-Tabelle bestätigt diesen Eindruck: Mit 21 Punkten hat Perez am zweitmeisten Zähler mitgenommen aus China, zwölf weniger als WM-Spitzenreiter Verstappen und gleich viele wie McLaren-Fahrer Norris.