• 21. Juni 2019 · 16:30 Uhr

Formel-1-Training Frankreich: Wer soll diese Mercedes schlagen?

Eine Beinahe-Kollision zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen wird heiß diskutiert, sportlich gibt's aber keine Diskussionen über die Mercedes-Stärke

(Motorsport-Total.com) - Das Mercedes-Team hat sich am Freitag beim Grand Prix von Frankreich (Formel 1 2019 live im Ticker) nicht nur die Bestzeit gesichert, sondern auch die Longrun-Simulationen dominiert und für einen heiß diskutierten Zwischenfall gesorgt. Der betraf eine Beinahe-Kollision zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen, durch die sich viele Fans instinktiv an den Fall Sebastian Vettel in Kanada erinnert fühlen.

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Valtteri Bottas sicherte sich die Bestzeit im zweiten Freien Training in Le Castellet Zoom Download

Hamilton war gerade unterwegs zu seiner schnellen Runde auf den weichen Reifen, als er in Kurve 3 von der Strecke rutschte, einen Pylonen abräumte und heftig über den Randstein räuberte. Als er in Kurve 4 wieder zurück auf die Fahrbahn steuerte, kam gerade Max Verstappen herangeschossen - und der Red-Bull-Pilot rutschte daraufhin von der Strecke.

Reflexartig forderten unzählige Fans auf Twitter: Wenn Vettel in Kanada bestraft wurde, muss auch das bestraft werden! Diese Argumentation lässt freilich den Wortlaut der Regel außer Acht, die per Definition eigentlich nur im Rennen Anwendung finden kann ("only when it is safe to do so and without gaining a lasting advantage").

Die Rennleitung hat den Fall trotzdem den FIA-Kommissaren vorgelegt, die darüber nach der Session entschieden haben. "Wenn man nach der Vorgangsweise von Montreal vorgehen würde, müsste Hamilton jetzt eine Strafe kriegen", sagt Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko, stellt aber klar: "Wir haben uns nicht beschwert. Aus meiner Sicht ist das nicht strafwürdig."

Für Klien ist klar: Hamilton-Situation verdient keine Strafe

Aus der von 'ORF'-Experte Christian Klien übrigens auch nicht: "Ich würde es nicht als gefährlich erachten, wie Hamilton auf die Strecke zurückgefahren ist. Da war Platz genug. Im Qualifying, wenn er Max' Runde kaputt gemacht hätte, wäre es vielleicht was anderes gewesen. Er hat Verstappen gestört auf seiner Runde. Aber war es gefährlich? Nein."

Denn Verstappen war vollständig an Hamilton vorbei, als sein Red Bull zu rutschen begann, und hatte die Kurve für sich. Denkbar, dass er vom Mercedes im Rückspiegel irritiert war - aber der Vorwurf, Verstappen wurde dadurch in einen Fehler gezwungen, ist absurd. "Ich kann nicht glauben, dass die Kommissare das untersuchen", wundert sich 'Sky'-Experte Anthony Davidson.

Hamilton stand danach erstmal ein Weilchen an der Box, während seine Mechaniker Fehlzündungen und den Unterboden untersuchten. Als klar war, dass der Mercedes keinen substanziellen Schaden davongetragen hatte, ging es in die Longruns, am Freitag immer die wichtigste Übung. Und in denen waren die Silberpfeile haushoch überlegen.

Phasenweise war besonders Valtteri Bottas, heute mit einer Bestzeit von 1:30.937 Minuten Tagesschnellster, um eineinhalb bis zwei Sekunden schneller als die beiden Ferraris. "Mercedes", seufzt Marko, "ist ziemlich schnell. Wenn die dieses Tempo weitergehen, wird es wieder der übliche Doppelsieg."

0,6 Sekunden Abstand zwischen Mercedes und Ferrari

Im zweiten Freien Training war Bottas letztendlich um 0,424 Sekunden schneller als Hamilton. Dahinter folgten die beiden Ferraris: Charles Leclerc (+0,649) vor Sebastian Vettel (+0,728). Fünfter wurde überraschend Lando Norris (McLaren/+0,945) vor Verstappen (+1,112) und Carlos Sainz (McLaren/+1,495).

McLaren war eine der positiven Überraschungen des Freitags. "Wenn du mit dem Auto nicht zufrieden bist, aber trotzdem Siebter wirst, war es ein guter Tag", strahlt Sainz. Auch Vettel ließ Potenzial ungenutzt: Er fuhr auf seiner schnellen Runde in Sektor 2 neben die Strecke, nach persönlicher Bestzeit im ersten Sektor.

Und dennoch muss sich Ferrari warm anziehen, weil von hinten zumindest ein Red Bull drückt. Verstappen fuhr absolute Bestzeit im ersten und persönliche im zweiten Sektor, ehe er sich im dritten Sektor einen Fahrfehler leistete. "Mit Ferrari", glaubt Motorsportkonsulent Marko, "können wir denke ich mithalten."

Kimi Räikkönen (Alfa Romeo) schob sich nach einem enttäuschenden Vormittagstraining noch in die Top 10, knapp vor Kevin Magnussen (Haas). Dessen Teamkollege Romain Grosjean startete wenig verheißungsvoll ins Wochenende und wurde 17., mit 2,654 Sekunden Rückstand auf die Tagesbestzeit von Bottas.

Schlechter Start ins Wochenende für Grosjean

Grosjean verlor in FT2 viel Fahrzeit wegen eines Wasserlecks. In FT2 beschwerte er sich, dass er "keine Ahnung" habe, was im letzten Sektor los sei. Offenbar tut sich das Haas-Team wieder schwer damit, die Reifen ins richtige Temperaturfenster zu bringen. Und das, obwohl am Nachmittag über 50 Grad Streckentemperatur herrschten.

Und was war mit Renault? Das in Frankreich beheimatete Team lag im Vormittag noch komfortabel auf Top-10-Kurs, verlor am Nachmittag aber etwas das Momentum. Nico Hülkenberg wurde am Ende 14., 0,061 Sekunden hinter Teamkollege Daniel Ricciardo (12.). Der hat dieses Wochenende exklusiv einen neuen Renault-Motor mit mehr Power zur Verfügung.

Hülkenberg drehte sich einmal auf einem Longrun, zeigte sich aber insgesamt zufrieden mit dem Fahrverhalten seines Boliden. Die Aero-Updates scheinen zu funktionieren. Und wenn er eine fehlerlose Runde hinbekommen hätte, wären die Top 10 in Reichweite gewesen. Renault-Kunde McLaren macht bisher aber den noch stärkeren Eindruck.

Mercedes nimmt nach dem Verlauf des Freitags in Le Castellet ziemlich eindeutig Kurs auf den achten Sieg in der Formel-1-Saison 2019. Nicht nur, dass die Longrun-Tests die Favoritenrolle klar untermauern. Abseits der Rennstrecke wurde auch der Ferrari-Protest gegen das Ergebnis in Kanada kurz nach Ende des Freitagstrainings abgeschmettert ...

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