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Erster Matchball verwertet: Bereits drei Rennen vor Schluss steht Mercedes als Konstrukteurs-Weltmeister 2017 fest. Zum vierten Mal hintereinander. Und Lewis Hamilton braucht nach fünf Siegen in sechs Rennen nur noch einen fünften Platz, um den Titel zu fixieren. Die Silberpfeile dürfen in Austin jubeln!
Hamilton startet zum 117. Mal aus der ersten Reihe und knackt damit den alten Rekord von Michael Schumacher. Den Start gewinnt aber Sebastian Vettel, der weniger Wheelspin hat ...
... und den Hügel rauf zur ersten Kurve in Führung geht. Dahinter kann Valtteri Bottas Platz drei nur mit Mühe gegen den ambitioniert gestarteten Daniel Ricciardo verteidigen, ...
... und Fernando Alonso geht an Renault-Neuling Carlos Sainz vorbei und reiht sich hinter Esteban Ocon und Kimi Räikkönen ein. Überraschend: Am Start geht alles glatt. Trotzdem scheiden Nico Hülkenberg (Motor) und Pascal Wehrlein (Kollision mit Kevin Magnussen) früh aus.
Nach den Pleiten der Asien-Tournee läuft's diesmal für Vettel. In der dritten Runde, als DRS zum ersten Mal freigegeben wird, hat er schon 1,3 Sekunden Vorsprung. Etwas weiterhin hinten legt sich Räikkönen Ocon zurecht.
Ricciardo will's wissen, und immer wieder in Kurve 1: Erst probiert er es innen gegen Bottas, verliert aber das Beschleunigungsduell, ...
... zwei Runden später scheitert er außen knapp. Racing vom Allerfeinsten auf dem Circuit of The Americas! Aber: In der "dirty Air" hinter dem Silberpfeil bauen Ricciardos Reifen rasch ab.
Teamkollege Max Verstappen, nach Motorwechsel von P16 gestartet, pflügt indes mühelos durch das Feld. In Runde zwei hat er die ersten fünf Gegner überholt, in Runde sieben ist er schon Siebter. Rückstand auf die Spitze: 16,4 Sekunden.
Währenddessen legt Hamilton allmählich an Tempo zu. In Runde sechs schnappt er sich Vettel, geht in Führung und schüttelt ihn sofort aus dem DRS-Fenster ab. "Genau wie 2012", erinnert er sich später - und wundert sich: "Sebastian hat sich nicht sonderlich gewehrt."
Ricciardo eröffnet in der zwölften Runde die Boxenstopps, nimmt Vettel in der ersten Runde danach 1,3 Sekunden ab und ist dank des Undercuts drauf und dran, Platz zwei zu erobern. Doch ein Motorschaden beendet jäh seinen Traum vom Podium.
Weil Vettel drei Runden früher als Hamilton zum Stopp kommt, wird's in Runde 20 ganz schön knapp. Hamilton tauscht 6,5 Sekunden Vorsprung gegen um drei Runden frischere Reifen ein - und bleibt in Führung. Nach zwei Runden hat er wieder 1,9 Sekunden Vorsprung. Vettel realisiert, dass er keine Chance hat.
Im Mittelfeld entwickelt sich ein Zweikampf zwischen den "Indern" Ocon und Sergio Perez. Perez möchte vorbeigelassen werden, aber das Team legt Veto ein: Esteban schon bereits die Reifen, du solltest das auch tun! Es geht um Platz sechs.
Bitter für Perez: Den von hinten drängenden Sainz kann er nur kurz abwehren. Beim Überholmanöver des Spaniers klatscht Alain Prost in der Renault-Box begeistert Beifall. So kräht kein Hahn mehr nach Jolyon Palmer.
Vettels Verzweiflungstat: Weil Verstappen für einen schnellen Sprint am Ende nochmal Reifen wechselt und er selbst mit den Reifen hadert ("Lasst uns über Plan B nachdenken!"), holt er sich neue Pirellis ab. Plötzlich ist er nur noch Vierter - 27,2 Sekunden hinter Räikkönen, der sich wenig später Bottas greift und P2 übernimmt.
"Sebastian ist nun das Auto hinter dir", funkt Ferrari an Räikkönen, als Vettel an Bottas vorbei ist. Der "Iceman" versteht - und macht Platz. Nach 56 Runden fährt er als Vierter über die Ziellinie, darf aber trotzdem aufs Podium, ...
... denn Verstappen kommt bei seinem atemberaubenden Manöver in der allerletzten Runde mit allen vier Reifen von der Strecke ab. Das bedeutet fünf Sekunden Strafe und den Rückfall auf P4. "Ein Witz", tobt Helmut Marko. Und Verstappens Vater Jos tweetet: Das F in FIA stehe für Ferrari. Na bumm.
Hamilton kann all das egal sein: Er gewinnt letztendlich 10,1 Sekunden vor Vettel und 15,8 vor Räikkönen. Letzterer weiß übrigens noch nicht einmal bei der Siegerehrung, wofür Verstappen eigentlich bestraft wurde ...
(Motorsport-Total.com) - Rennwochenende für Rennwochenende das gleiche Bild: Während der eine Mercedes-Pilot - Lewis Hamilton - im Freudentaumel über das Leben sinniert, erklärt sein Teamkollege den Journalisten in seinen Medienrunden zerknittert bis zerknirscht die Gründe für seine Niederlagen. Oder alternativ, warum er sie nicht kennt. Der US-Grand-Prix in Austin am Sonntag war keine Ausnahme, schließlich fiel Valtteri Bottas leistungsmäßig als Fünfter erneut ab. Auch gegenüber Ferrari und Red Bull.
Dabei hatte das Rennen gut begonnen: Bottas hielt am Start die dritte Position und verteidigte sich im heißesten Duell von Texas hart aber fair gegen Daniel Ricciardo, bevor er nach seinem Wechsel von Ultrasoft auf Soft die Ferrari von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel in Schach hielt respektive attackierte. Das Podium und Rang zwei schienen in Reichweite. "Bei hoher Geschwindigkeit fühlte sich das sehr gut und stabil an", sagt der Finne. Doch altbekannte Probleme holten ihn ein.
Sportchef Toto Wolff erinnert sich mit Schrecken an die Mitte von Bottas' zweitem Stint: "Der Spagat zwischen Vollgas und dem Haushalten mit den Reifen ist sein Problem. Am Sonntag haben wir ein Musterbeispiel erlebt. Es sah alles gut aus und dann ist er eine Klippe heruntergestürzt." Die Rudnenzeiten brachen schlagartig ein und zu allem Überfluss verpasste es Mercedes, Bottas an die Box zu holen, um noch rechtzeitig auf eine Strategie mit zwei Boxenstopps umzuschwenken.
"Ich weiß nicht, was bei dem Team hinter den Kulissen passiert, aber mit mir wurde darüber nicht gesprochen", sagt Bottas. "Wir dachten, dass wir wie Lewis eine Einstopptaktik durchziehen könnten. Der Unterschied war, dass sich bei freier Fahrt mit den Reifen besser haushalten lässt. Man kann fahren wie man will, sie schonen wo man möchte." Im Verkehr und im Zweikampf hatte er nicht die Voraussetzungen wie der Brite: "Der Kampf mit den Ferraris hat meine Taktik ruiniert."
Dennoch erkennt Bottas Fortschritte, zumal der Unterboden an seinem Auto nicht mehr unversehrt war: "Sonst hätte es sogar sehr gut laufen können", hadert er, und ist bemüht, positive Aspekte hervorzuheben: "Immerhin stimmte die Balance. Nur bei niedrigem Tempo hatte ich Probleme." Insbesondere im zweiten Stint überhitzten die Hinterreifen. Das Set-up war in langsamen Passagen nicht nach seinem Geschmack, doch Mercedes hatte sich zu einem Kompromiss gezwungen gesehen. Schließlich war Bottas im Training mit einer angenehmeren Abstimmung schlicht zu langsam.
Doch liegt es nur am Set-up, dass Bottas sich im Silberpfeil schwertut? Oder kann er seinen Fahrstil nicht adäquat anpassen? "Beides", sagt Bottas und erhält Rückendeckung von Team-Aufsichtsrat Niki Lauda: "Wenn man ihm ein Auto gibt, das einfach zu fahren ist und wie er es mag, wird er voll auf der Höhe sein. Aber es widerspricht seinem Fahrstil, wie sich unser Auto derzeit verhält. Sogar Lewis beschwert sich teils darüber, wie schwierig es zu fahren ist - trotzdem kann er gewinnen." Dennoch müsse sich Mercedes an die eigene Nase packen und hinterfragen, warum Bottas nicht das gewünschte Material bekäme.
Für das Rennen in Mexiko hofft Bottas auf eine ähnliche Leistung wie in Italien, als er jügst in der Lage war, Hamilton einigermaßen zu folgen: "Wir fahren mit weniger Abtrieb als in Monza. Normalerweise funktioniert dieses Paket mit wenig Flügel für uns immer gut", analysiert der Finne. "Aber dort sind die Gesetzmäßigkeiten andere. Es ist eine Unbekannte." So wie vieles in der Causa Bottas.