• 13. Mai 2017 · 19:45 Uhr

McLaren in Q3: Brillianter Alonso schafft das Unmögliche

Jubel in Barcelona: Fernando Alonso stellt den McLaren-Honda auf Startplatz 7, lobt Team und Auto und stichelt weiter gegen Honda - Vandoorne wieder enttäuschend

(Motorsport-Total.com) - Der Hundertstel-Thriller, den sich Mercedes und Ferrari um die Pole-Position beim Qualifying zum Großen Preis von Spanien in Barcelona geliefert haben, geriet im Anschluss fast ein wenig in den Hintergrund. Fans und Medienvertreter scharten sich um den Star des Tages: Fernando Alonso. Der Spanier fuhr vor seinem Heimpublikum sensationell auf Startplatz sieben - und das, obwohl er nach erneuten Problemen am Honda-Antrieb seines MCL32 am Freitag während des ersten Freien Trainings lieber Tennisspielen ging, anstatt sich auf die Formel 1 zu konzentrieren.

Foto zur News: McLaren in Q3: Brillianter Alonso schafft das Unmögliche

Seltenes Bild: Ein jubelnder Fernando Alonso nach dem Barcelona-Qualifying Zoom Download

Was Alonso aber noch immer drauf hat, stellte er im Samstags-Qualifying dann eindrucksvoll unter Beweis: In einer Zeit von 1:21.048 Minuten schnappte er sich den zuvor für unmöglich gehaltenen Platz in der vierten Startreihe - 0,022 Sekunden vor Force-India-Pilot Sergio Perez auf Rang acht. Seine Klasse stellte der 35-Jährige bereits während des gesamten Qualifyings unter Beweis: In Q1 brummte er seinem Teamkollegen Stoffel Vandoorne, der nur 19. wurde, eine halbe Sekunde auf. Im zweiten Quali-Abschnitt gelang ihm dann das "Wunder", sich um 0,078 Sekunden vor Kevin Magnussen (11./Haas) ins Top-10-Finale zu schieben.

"Ich bin glücklich und stolz, in gewisser Weise fühlt sich das wie eine Pole an", jubelt der Mann der Stunde nach seinem Coup. "Es ist auf jeden Fall eine Überraschung. Unsere beste Startposition dieses Jahr war Platz 13. Q3 war für uns bislang ein Traum, wir hätten nicht gedacht, dass das möglich ist." Doch Alonso machte es möglich und steigerte sich auf dem Weg zu seiner Fabelrunde im letzten Abschnitt konsequent: Fuhr er im ersten Quali-Abschnitt noch seine schnellste Runde in 1:22.015 Minuten, war er in Q2 bereits im niedrigen 1:21er-Bereich unterwegs. Im Kampf der schnellsten Zehn war er dann fast eine Sekunde schneller als zu Beginn des Qualifyings.

Fernando Alonso findet Vertrauen in McLaren

"Es war wahrscheinlich eine meiner besten Runden im Qualifying in den letzten Jahren", stimmt der Spanier ein vertrautes Lied an, lobt diesmal aber mehr sein Team als sich selbst. "Mein Auto hat mir stets das Vertrauen gegeben, damit zu 100 Prozent zu attackieren. Es war recht schwierig mit dem Wind, aber wir haben uns konsequent gesteigert. Die Sekunde, die wir im Laufe der Qualifikation gefunden haben, lag daran, dass ich Vertrauen ins Auto aufbauen konnte. Ich konnte mehr und mehr riskieren. Danke also an die Jungs. Es ist auch für sie ein großer Motivationsschub, so ein Ergebnis zu bekommen", so der glückliche Spanier.

Dass es aber gleich zu Platz sieben und damit zum ersten Verfolger der Topteams Ferrari, Mercedes und Red Bull reichte, ist eine wirkliche Überraschung. Was sind die Gründe dafür? Da ist zum einen natürlich die fahrerische Klasse Alonsos, die alle Experten mal wieder schwärmen lässt. "Er lässt das Auto um die Strecke fliegen. Fernando will der ganzen Welt beweisen, wie gut er noch ist", sagt Martin Brundle bei 'Sky Sports F1' und Ex-Weltmeister Damon Hill vergleicht den Spanier sogar mit Nigel Mansell: "Der konnte auch seine ganze Energie bündeln und dann in eine Runde werfen."

Doch Brundle will noch einen weiteren Grund für die überraschende Wiederauferstehung der Kombination Alonso/McLaren erkannt haben. Der TV-Experte meint, dass das McLaren-Chassis inzwischen sogar auf dem Niveau der Top-Teams angekommen sei. Tatsächlich war der zweimalige Weltmeister bei seiner schnellsten Runde vor allem im kurvenreichen Mittelsektor des Circuit de Catalunya nicht allzu weit entfernt von den Spitzenzeiten.

Wie stark ist der MCL32 mit den neuen Aero-Updates?

Brundle verrät: "Ich habe am Freitagabend mit zwei Fahrern gesprochen, die mir erzählten, dass der McLaren in manchen Kurven so schnell wie der Red Bull aussieht. Ein antriebsschwaches Auto kann manchmal auf Streckenteilen, bei denen es auf Traktion ankommt, richtig gut sein. Da geht es um Abtrieb und Handling in mittelschnellen Kurven, und da ist der MCL32 stark."

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Fernando Alonso sorgte bei seinen Heimfans für Begeisterungsstürme Zoom Download

Auf dem Niveau der Top-Teams sieht Alonso selbst sein McLaren-Chassis noch nicht, doch auch er stellt fest, dass mit den Barcelona-Aero-Updates ein Schritt nach vorne gelungen sei. "Auch wenn wir nicht viel gefahren sind, haben wir am Freitagnachmittag schon gesehen, dass das Auto Potenzial hat. Die Upgrades gingen gleich in die richtige Richtung." Den letzten Baustein für seine überragende Qualifying-Leistung hätten dann sie spanischen Fans beigetragen. "Ich finde dank ihnen hier immer diese Extramotivation, um auch das absolut letzte Detail wie die Reifen oder die Bedingungen mit dem wechselnden Wind einzubeziehen."

Während der gutgelaunte Lokalmatador diesmal also nicht mit Lob für seine Truppe und Unterstützer geizt, kann er sich weitere Seitenhiebe in Richtung Honda nicht verkneifen. "Vielleicht habe ich ja bei meinem Indy-Test im Oval gelernt, wie man auch auf den Geraden schnell fährt", scherzt er und stellt nochmals die Verdienste der McLaren-Mechaniker gegenüber Honda heraus: "Sie haben so hart gearbeitet. Im Grunde mussten sie ja fast täglich eine Antriebseinheit wechseln."

Weitere Seitenhiebe gegen Honda: 50 PS mehr reichen nicht

Eine schallende Ohrfeige für die Japaner, die von Alonso weiter gepiesackt werden. "Selbst mit 50 PS mehr hätte ich es heute nicht auf die Pole geschafft. Da fehlt schon noch mehr", lästert er einmal mehr über die Antriebsschwäche.

Für das Rennen hegt der 35-Jährige trotzdem große Hoffnungen und ist sogar zu einem Spaß aufgelegt. Auf die Frage einer Reporterin, ob er denn Sorgen habe, es wie in Sotschi erneut nicht in die Startaufstellung zu schaffen, sagt er lachend: "Doch, ich werde da sein und ich werde nach den ersten Runden in den Top-5 sein. Ich konzentriere mich nur darauf, gleich die Red Bulls zu schnappen." Wieder etwas ernster fügt der Mann aus Oviedo an, dass Punkte am Sonntag in jedem Fall das Ziel sein müssen. "Hier auf der Strecke kann man nur sehr schwer überholen, wir werden also versuchen, die Position morgen zu halten."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Spanien


Als Schwierigkeit auf diesem Weg könnte sich die FIA-Entscheidung erweisen, die größte DRS-Zone auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya um 100 Meter zu verlängern. "Sonst wäre es einfacher für uns", sagt Alonso, kündigt aber gleichzeitig an, sich am Sonntag auf der Strecke so breit wie möglich zu machen. Auf die ersten Punkte für das Team hofft natürlich auch McLaren-Boss Zak Brown, der in Anlehnung an Alonsos skurrilen Tennisausflug am Freitag meint: "Ich sollte heute Abend Tennis spielen gehen, das scheint Glück zu bringen. Man darf niemals aufgeben, das ist Formel 1."

Stoffel Vandoorne kommt unter die Räder: Kein Land gegen Alonso

Etwas anders bleibt auch Alonsos Teamkollege Stoffel Vandoorne nicht übrig, dem im Qualifying nur eine Runde von 1:22.532 Minuten gelang. Das bedeutet die 19. und vorletzte Startposition für den hochgehandelten Belgier, der gegen seinen routinierten Teamkollegen aber immer mehr unter die Räder gerät. Im Quali-Duell steht es inzwischen glatt 5:0 für den Spanier. "Ich weiß nicht wirklich, was heute passiert ist. Gestern fühlte ich mich im Auto gut und alles ging in die richtige Richtung. Es sieht aber so aus, dass wir etwas Performance verloren haben", wundert sich der Belgier, hat aber "keine Erklärung" für seine schwache Leistung.

"Ich weiß wirklich nicht, was heute passiert ist."Stoffel Vandoorne
Selbstkritisch muss er eingestehen, dass der Start in seine erste komplette Formel-1-Saison ordentlich in die Hose ging - und auch für den Rennsonntag in Barcelona kann die Maxime nur Schadensbegrenzung heißen. "Das Auto hat definitiv einen Schritt nach vorn gemacht, das habe ich am Freitag gespürt. Leider konnte ich das am Samstag nicht zeigen. Hoffentlich haben wir nun ein problemloses Rennen und können mit der Strategie einiges gut machen", so Vandoorne, für den Punkte aber außer Reichweite liegen dürften.

Ganz im Gegensatz zu Alonso, der mit einem guten Start den Grundstein für Zählbares liegen will und dann darauf hoffen muss, dass sein MCL32 endlich einmal durchhält. "Wir machen uns diesbezüglich keine Sorgen", versucht Honda-Motorenchef Yusuke Hasegawa zu beruhigen. "Leider mussten wir gestern den Antrieb wechseln, aber der ist nun brandneu und deshalb sind wir zuversichtlich."

Wirklich beruhigen kann dies seinen Star-Fahrer nicht, doch nach dem starken Samstag verbreitet auch der Doppelweltmeister endlich wieder etwas Optimismus vor seinem Heim-Grand-Prix: "Manchmal ist der Start in ein Wochenende gut und dann läuft alles schief. Dieses Mal sollte es bei uns umgekehrt sein. Ich habe ein gutes Gefühl für den Sonntag." Es wäre ihm und den vielen McLaren-Honda-Fans zu wünschen...

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