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Felipe Nasr versus Esteban Ocon: In diesem Duell geht es um eine Menge Geld. Jetzt durch die Highlights des Rennens klicken!
Lewis Hamilton feiert in Brasilien den 52. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere und zieht in der ewigen Siegerliste ausgerechnet in Ayrton Sennas Heimat an Alain Prost vorbei. Mit einer dominanten Vorstellung am ganzen Wochenende verkürzt er den Rückstand auf Nico Rosberg vor dem letzten Rennen auf zwölf Punkte.
Qualifying auf höchstem Niveau: Rosberg führt bis zur allerletzten Zwischenzeit, muss sich dann aber doch knapp beugen, weil er zu schnell in die letzte Kurve fährt und ihm am Ausgang die Traktion fehlt. Der drittplatzierte Kimi Räikkönen auf Ferrari hat sieben Zehntelsekunden Rückstand auf den Mercedes-Express.
Die fixe Idee, das Rennen stehend zu starten, erledigt sich, als Romain Grosjean seinen Haas bereits in der Vorstartphase in die Mauer schmettert. Der Sensations-Siebte des Qualifyings schiebt die Schuld zuerst auf den Motor, muss dann aber doch einräumen, die Bedingungen einfach unterschätzt zu haben.
Sieben Runden lang rollt das Formel-1-Feld zunächst beschaulich hinter dem Safety-Car. Rosberg verschläft den "Restart" gegen Hamilton, der vom ersten Moment an demonstriert: Gegen mich gibt's heute nix zu holen!
Max Verstappen hingegen zeigt nach der Startfreigabe sein erstes von vielen tollen Manövern und schnappt sich Räikkönen vor dem Senna-S mit einem perfekt vorgetragenen Angriff. Fast zeitgleich wechseln Kevin Magnussen und Jenson Button auf Intermediates - ein Risiko, das die Topfahrer (noch) nicht eingehen.
Mit einem Dreher von Sebastian Vettel (von P5 auf P11) bahnt sich erstes Unheil an. In der zwölften Runde crasht Marcus Ericsson direkt am Boxeneingang: Aquaplaning. Das Safety-Car kommt auf die Strecke, die beiden Mercedes nutzen die Gelegenheit aber nicht für einen Boxenstopp.
Die Red Bulls schon - mit Folgen: Verstappen geht die Einfahrt in die Boxengasse gerade noch durch, bei Daniel Ricciardo ist sie schon gesperrt. Die Fünf-Sekunden-Strafe muss er beim nächsten Reifenwechsel absitzen. Die Intermediates sehen für Red Bull zunächst nach einem Goldgriff aus. Aber dann nimmt der Regen wieder zu.
Bernd Mayländer steht noch nicht einmal richtig, da gibt's schon den nächsten Crash: Räikkönen hat bei Start und Ziel Riesenglück, dass ihm nicht jemand ins Auto fährt. Räikkönen fliegt auf Full-Wets ab, was Reifenhersteller Pirelli Kritik einbringt. Denn Aquaplaning mit Full-Wets, finden viele, das geht nicht.
Brasilien-Spezialist Nico Hülkenberg liegt an vierter Stelle, über zwei Sekunden vor Sergio Perez, der am Ende nur knapp am Podium vorbeischrammen sollte. Aber mit dem Podium wird's wieder nichts: Zuerst trifft ihn ein Wrackteil von Räikkönens Ferrari, dann muss er mit Reifenschaden zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt an die Box.
Während der nächsten Safety-Car-Phase funkt Leader Hamilton: "Wir sollten loslegen, Charlie!" Aber der Ruf wird nicht erhört. Stattdessen bricht die Rennleitung mit roter Flagge ab. Das Publikum ist empört.
Als es endlich weitergeht, beginnen die Verstappen-Festspiele. Zuerst macht er mit Rosberg kurzen Prozess. Den Deutschen trickst er aus, indem er im Senna-S außen die sogenannte "Kart-Linie" wählt. Wenig später fliegen beide an der gleichen Stelle fast ab: Verstappen in der 38., Rosberg in der 44. Runde.
Nach 46 Runden ist für Lokalmatador Felipe Massa an 16. Stelle liegend Endstation. Der Brasilianer zockt im letzten Heimrennen seiner Karriere mit Intermediates - und fliegt an der gleichen Stelle wie zuvor schon Ericsson ab.
Während das Safety-Car seine Runden dreht, bekommt Massa seinen großen TV-Abschied: Eingewickelt in eine brasilianische Flagge und unter Tränen kommt er an die Box, wo ihm die Mechaniker der anderen Teams Spalier stehen - bis zur Umarmung mit Ehefrau Raffaela und Sohn Felipe jun. Ein Hollywood-Moment!
"Wenn es so bleibt, warten wir nur auf einen Crash", warnt Verstappen, wechselt auf Full-Wets und fällt auf Platz 16 zurück. Ricciardo ist eines der ersten Opfer seiner furiosen Schlussphase. Es folgen Hülkenberg, Vettel (mit hartem Manöver in der letzten Kurve) und Perez, den er im Infield mit einem unglaublichen Angriff überrumpelt.
Nächstes Drama bei Haas: Esteban Gutierrez, frisch gefeuert, verkraftet nicht, dass ihn das Team wegen Verdachts auf einen Hybrid-Defekt aus dem Rennen nimmt. Fuchsteufelswild schleudert er seine Handschuhe auf die Werkzeugbank und gerät beinahe mit Technikchef Günther Steiner aneinander.
Fünf Runden vor Schluss liegt Esteban Ocon nur eine Sekunde hinter Felipe Nasr. Es geht um Platz neun - und 40 Millionen Euro für den zehnten Platz in der Konstrukteurs-WM. Am Ende fällt Ocon hinter Fernando Alonso zurück, während Nasr die Nerven bewahrt. Teamchefin Monisha Kaltenborn ist ihm zu Dank verpflichtet.
Bitter: Button, eigentlich ein erklärter Regenspezialist, trifft zwar bei den Reifenwechseln stets die richtigen Entscheidungen, kommt aber im vermutlich letzten Regenrennen seiner Karriere nie richtig in Schwung. Am Ende wird er 16. - und Letzter! Alonso holt gerade noch einen Punkt.
Mercedes fährt den Doppelsieg sicher nach Hause: 11,5 Sekunden trennen Hamilton und Rosberg auf der Ziellinie - und Podium-Interviewer Martin Brundle ist ganz baff, als ihm Hamilton erzählt, es sei einer seiner leichtesten Siege gewesen. Auch so kann man mit dem Erzrivalen Psychospielchen spielen...
(Motorsport-Total.com) - Während es an der Spitze des Feldes um den Sieg und den Formel-1-WM-Titel ging, spielte sich weiter hinten das wahre Drama des Brasilien-Grand-Prix ab: Mit dem neunten Platz holte Felipe Nasr bei seinem Heimrennen die ersten zwei Zähler des Jahres für das Sauber-Team, das so Manor in der Konstrukteurs-Wertung überholte und auf Rang zehn vorrückte. Weil der Elfte nicht bei der Ausschüttung der Serieneinnahmen bedacht wird, ist der Platz mehr als 30 Millionen Euro wert.
Entsprechend groß war die Erlösung nach der Zieldurchfahrt: "Ein Traum wird wahr, ich hätte es mir gar nicht besser wünschen können", war Nasr den Tränen nahe. "Es fühlt sich wahnsinnig gut an und ich vermag es gar nicht zu beschreiben." Auch der Teamchefin fielen gleich mehrere Steine vom Herzen: "Manchmal braucht man einfach ein bisschen Glück", freut sich Monisha Kaltenborn. "Wir konnten nur dasitzen und sicherstellen, dass wir da sind, wenn wir gebraucht werden."
Und Sauber wurde gebraucht, als der Himmel über Sao Paulo seine Schleusen öffnete. Regenchaos war die einzige Chance für die Schweizer, denen es 2016 erst am Geld mangelte und jetzt an Tempo fehlt, noch Zählbares einzufahren und dem zweiten Hinterbänkler ein Schnippchen zu schlagen. "Manor hat dieselbe Herangehensweise gewählt", meint Kaltenborn über den Pascal-Wehrlein-Punkt in Spielberg, dem das Team Monate hinterherhechelte: "Es gab Druck von allen Seiten."
Reifen gingen in die Knie: Nasr kämpfte gegen Crash
Am meisten davon spürte Nasr auf seinen Schultern, als er vor seinen Heimfans von Startplatz 21 losfuhr. Mit einer Sahneleistung am Volant, aber auch begünstigt durch einige Boxenstopps lag er bei der Unterbrechung in Runde 28 auf Rang sechs. Das Problem zu diesem Zeitpunkt: Manor hatte mit Esteban Ocon und Wehrlein auf den Plätzen acht und neun auch noch Eisen im Feuer. Und bei dieser Konstellation wären die Briten in der Konstrukteurs-Wertung weiter vor Sauber gewesen.
Nasr meint, das er ständig informiert gewesen wäre, wo die Manor lagen. "Ich habe alles gegeben. Bei diesen schwierigen Bedingungen konnte ich von Autos wegziehen, die sonst viel schneller sind. Aber als die Strecke abtrocknete..." War es vorbei mit der Herrlichkeit und Nasr lief sogar Gefahr, in ein direktes Duell mit Ocon verwickelt zu werden. Nach dem Stopp von Max Verstappen, von dem er nochmals profitierte, lagen zwischen ihm und dem Franzosen nur 2,4 Sekunden und Nico Hülkenberg. Der Deutsche fackelte nicht lange, ging in Runde 60 vorbei und der Fight war eröffnet.
Es gelang dem auf Rang sieben fahrenden Nasr, den Abstand konstant zu halten - selbst, nachdem sich die beiden Red Bull ihren Weg vorbei gebahnt und ihn auf den neunten Platz zurückgeworfen hatten. Fünf Runden vor Schluss tauchte Ocon groß im Rückspiegel auf und war auf 1,2 Sekunden dran. "Ich hatte meine Reifen seit dem Restart. Die hinteren Pneus gingen in die Knie. Es ging nur darum, das Auto auf der Strecke zu halten. Es war mental eine Herkulesaufgabe", erzählt Nasr.
Er wusste aber: Einen Punkt mehr zu holen als Manor wäre genug gewesen, weil bei Gleichstand die besseren übrigen Resultate für Sauber gesprochen hätten. "Ich habe mir einfach eingeredet, ich müsste das Auto nach Hause bringen, egal wie", meint Nasr. "Fernando Alonso kam sehr schnell von hinten. Zwei Runden mehr und er hätte mich kassiert, ich hätte nichts ausrichten können."
Es war Manors letzte Chance, dass der heranfliegende McLaren-Pilot und Daniil Kwjat im Toro Rosso sowohl ihn als auch Ocon aus den Top 10 werfen würden. So wäre es bei dem einen Punkt Vorsprung geblieben. Doch Alonso erwischte nur noch Ocon und ließ Sauber jubeln. "Es gibt dem Team, mir und einfach jedem, der mit dem Projekt zu tun hat, so viel Motivation", freut sich Nasr, der noch keinen Vertrag für 2017 und angeblich Probleme mit seinem persönlichen Sponsor hat. "Das hilft jetzt für das nächste Jahr. Ich habe nie das Vertrauen in Sauber verloren und es schmeckt wie ein Sieg."