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Jolyon Palmer vergeigt einen Angriff im Regen gründlich. Jetzt durch die Highlights des Rennens in Brasilien klicken!
Lewis Hamilton feiert in Brasilien den 52. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere und zieht in der ewigen Siegerliste ausgerechnet in Ayrton Sennas Heimat an Alain Prost vorbei. Mit einer dominanten Vorstellung am ganzen Wochenende verkürzt er den Rückstand auf Nico Rosberg vor dem letzten Rennen auf zwölf Punkte.
Qualifying auf höchstem Niveau: Rosberg führt bis zur allerletzten Zwischenzeit, muss sich dann aber doch knapp beugen, weil er zu schnell in die letzte Kurve fährt und ihm am Ausgang die Traktion fehlt. Der drittplatzierte Kimi Räikkönen auf Ferrari hat sieben Zehntelsekunden Rückstand auf den Mercedes-Express.
Die fixe Idee, das Rennen stehend zu starten, erledigt sich, als Romain Grosjean seinen Haas bereits in der Vorstartphase in die Mauer schmettert. Der Sensations-Siebte des Qualifyings schiebt die Schuld zuerst auf den Motor, muss dann aber doch einräumen, die Bedingungen einfach unterschätzt zu haben.
Sieben Runden lang rollt das Formel-1-Feld zunächst beschaulich hinter dem Safety-Car. Rosberg verschläft den "Restart" gegen Hamilton, der vom ersten Moment an demonstriert: Gegen mich gibt's heute nix zu holen!
Max Verstappen hingegen zeigt nach der Startfreigabe sein erstes von vielen tollen Manövern und schnappt sich Räikkönen vor dem Senna-S mit einem perfekt vorgetragenen Angriff. Fast zeitgleich wechseln Kevin Magnussen und Jenson Button auf Intermediates - ein Risiko, das die Topfahrer (noch) nicht eingehen.
Mit einem Dreher von Sebastian Vettel (von P5 auf P11) bahnt sich erstes Unheil an. In der zwölften Runde crasht Marcus Ericsson direkt am Boxeneingang: Aquaplaning. Das Safety-Car kommt auf die Strecke, die beiden Mercedes nutzen die Gelegenheit aber nicht für einen Boxenstopp.
Die Red Bulls schon - mit Folgen: Verstappen geht die Einfahrt in die Boxengasse gerade noch durch, bei Daniel Ricciardo ist sie schon gesperrt. Die Fünf-Sekunden-Strafe muss er beim nächsten Reifenwechsel absitzen. Die Intermediates sehen für Red Bull zunächst nach einem Goldgriff aus. Aber dann nimmt der Regen wieder zu.
Bernd Mayländer steht noch nicht einmal richtig, da gibt's schon den nächsten Crash: Räikkönen hat bei Start und Ziel Riesenglück, dass ihm nicht jemand ins Auto fährt. Räikkönen fliegt auf Full-Wets ab, was Reifenhersteller Pirelli Kritik einbringt. Denn Aquaplaning mit Full-Wets, finden viele, das geht nicht.
Brasilien-Spezialist Nico Hülkenberg liegt an vierter Stelle, über zwei Sekunden vor Sergio Perez, der am Ende nur knapp am Podium vorbeischrammen sollte. Aber mit dem Podium wird's wieder nichts: Zuerst trifft ihn ein Wrackteil von Räikkönens Ferrari, dann muss er mit Reifenschaden zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt an die Box.
Während der nächsten Safety-Car-Phase funkt Leader Hamilton: "Wir sollten loslegen, Charlie!" Aber der Ruf wird nicht erhört. Stattdessen bricht die Rennleitung mit roter Flagge ab. Das Publikum ist empört.
Als es endlich weitergeht, beginnen die Verstappen-Festspiele. Zuerst macht er mit Rosberg kurzen Prozess. Den Deutschen trickst er aus, indem er im Senna-S außen die sogenannte "Kart-Linie" wählt. Wenig später fliegen beide an der gleichen Stelle fast ab: Verstappen in der 38., Rosberg in der 44. Runde.
Nach 46 Runden ist für Lokalmatador Felipe Massa an 16. Stelle liegend Endstation. Der Brasilianer zockt im letzten Heimrennen seiner Karriere mit Intermediates - und fliegt an der gleichen Stelle wie zuvor schon Ericsson ab.
Während das Safety-Car seine Runden dreht, bekommt Massa seinen großen TV-Abschied: Eingewickelt in eine brasilianische Flagge und unter Tränen kommt er an die Box, wo ihm die Mechaniker der anderen Teams Spalier stehen - bis zur Umarmung mit Ehefrau Raffaela und Sohn Felipe jun. Ein Hollywood-Moment!
"Wenn es so bleibt, warten wir nur auf einen Crash", warnt Verstappen, wechselt auf Full-Wets und fällt auf Platz 16 zurück. Ricciardo ist eines der ersten Opfer seiner furiosen Schlussphase. Es folgen Hülkenberg, Vettel (mit hartem Manöver in der letzten Kurve) und Perez, den er im Infield mit einem unglaublichen Angriff überrumpelt.
Nächstes Drama bei Haas: Esteban Gutierrez, frisch gefeuert, verkraftet nicht, dass ihn das Team wegen Verdachts auf einen Hybrid-Defekt aus dem Rennen nimmt. Fuchsteufelswild schleudert er seine Handschuhe auf die Werkzeugbank und gerät beinahe mit Technikchef Günther Steiner aneinander.
Fünf Runden vor Schluss liegt Esteban Ocon nur eine Sekunde hinter Felipe Nasr. Es geht um Platz neun - und 40 Millionen Euro für den zehnten Platz in der Konstrukteurs-WM. Am Ende fällt Ocon hinter Fernando Alonso zurück, während Nasr die Nerven bewahrt. Teamchefin Monisha Kaltenborn ist ihm zu Dank verpflichtet.
Bitter: Button, eigentlich ein erklärter Regenspezialist, trifft zwar bei den Reifenwechseln stets die richtigen Entscheidungen, kommt aber im vermutlich letzten Regenrennen seiner Karriere nie richtig in Schwung. Am Ende wird er 16. - und Letzter! Alonso holt gerade noch einen Punkt.
Mercedes fährt den Doppelsieg sicher nach Hause: 11,5 Sekunden trennen Hamilton und Rosberg auf der Ziellinie - und Podium-Interviewer Martin Brundle ist ganz baff, als ihm Hamilton erzählt, es sei einer seiner leichtesten Siege gewesen. Auch so kann man mit dem Erzrivalen Psychospielchen spielen...
(Motorsport-Total.com) - Ein Angriff im Blindflug ging für Jolyon Palmer im Autodromo Jose Carlos Pace gründlich schief: Der Renault-Pilot krachte kurz vor dem ersten Rennabbruch Daniil Kwjat in die Seite. Der Russe quittierte das zwar mit dem unterhaltsamen Funkspruch "Nein, nein, nein, nein, nein! Er ist in mich reingefahren!", doch lustig war die Aktion für beide nicht. Bei einer Untersuchung des Fahrzeugs von Palmer während der Unterbrechung entschied sich Renault, das Rennen zu beenden. Der Schaden am R.S. 16 war zu groß. (So lief das Rennen)
Der Angriff ging im Bereich des Zielbogens schief. "Ich konnte nichts sehen", gibt der 25-Jährige kleinlaut zu. "Ich kam den Berg hoch und hatte mehr Grip als meine Gegner vor mir. Ich konnte nichts sehen und habe geraten, wo die Strecke lang geht. Ich habe das ziemlich gut abgeschätzt." Weniger gut schätzte er leider die Positionierung des Fahrzeugs vor ihm ein: "Ich wusste, dass ich einen Versuch auf Daniil wagen kann. Ich bin innen rein gefahren und habe ihn getroffen." (Zum Rennergebnis)
Die schwierigen Bedingungen in Sao Paulo hatten mit Palmer ihr nächstes Opfer gefunden, während Kwjat das Rennen außerhalb der Punkteränge beendete. War das Manöver des Briten vielleicht ein bisschen überambitioniert? "Wenn man mehr Grip hat, versucht man zu überholen", rechtfertigt sich Palmer. "Es war nicht zu ambitioniert. Man weiß halt nicht, wo der Kerl vor einem sich befindet. Ich hätte auch mit Halbgas fahren können, dann hätte mich vielleicht jemand von hinten getroffen. Wenn man nichts sehen kann, muss man so fahren, wie man es für richtig hält."
Kevin Magnussen, der 2017 zu Haas wechseln wird, kam noch einmal in den Genuss, den Werks-Renault ein ganzes Rennen lang bei Regen zu fahren. Ein zweifelhaftes Vergnügen, denn der Enstone-Bolide war im Nassen eines der schwächsten Autos überhaupt. In einem Rennen, in dem sogar Manor und Sauber Punkte holen konnten, gelang es Renault überhaupt nicht, sich in Szene zu setzen. "Unser größtes Problem war die Performance des Autos auf vollwertigen Regenreifen", analysiert Teamchef Frederic Vasseur. "Wir konnten einfach mit diesen Reifen keinen anständigen langen Stint fahren und mussten auf Intermediates wechseln, wann immer es ging."
Magnussen sagt nach Platz 14: "Die Bedingungen heute waren definitiv fordernd, speziell in den Kurven am Ende. Diese sind im Trockenen eigentlich keine richtigen Kurven, aber im Regen wurden sie es wirklich! Da gab es böses Aquaplaning und selbst ohne das wären wir dort völlig am Limit gewesen!" Sein Appell an die Rennleitung: "Ich wünsche mir nur, wir wären heute mehr Rennen gefahren."