Foto 1 von 19
Der Formel-1-Juli 2016 ist "Hammer-Time"! Lewis Hamilton gewinnt vier Rennen hintereinander (sechs der letzten sieben) und geht statt mit 43 Punkten Rückstand (nach Sotschi/Barcelona) mit 19 Zählern Vorsprung in die Sommerpause. Sein Sieg bei Nico Rosbergs Heimspiel in Hockenheim ist psychologisch besonders wichtig.
Dabei läuft das Wochenende zunächst gegen ihn. Rosberg fährt in allen Trainings Bestzeit und verkraftet in Q3 sogar, dass er seine erste Runde nach Zwischenbestzeit abbrechen muss (wegen eines elektrischen Fehlers). Im letzten Versuch fährt er trotz einer Runde mehr Sprit im Tank auf Pole. Hamilton nimmt das griesgrämig zur Kenntnis.
Der Start: Rosberg kommt auf den ersten Metern noch einigermaßen gut weg, bekommt aber beim Hochschalten in den zweiten Gang Wheelspin, weil die Kupplung zu scharf adjustiert ist. Sein eigener Fehler. Hamilton geht in Führung, auch die beiden Red Bulls ziehen vorbei.
Während Sebastian Vettel in der ersten Kurve Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen schnupft und fast noch an Rosberg schnuppert, lässt Max Verstappen auf der Außenbahn beherzt den Gasfuß und somit auch Daniel Ricciardo stehen.
Weiter hinten geraten im Fight um P10 Felipe Massa und Jolyon Palmer aneinander. Palmer muss am Ende der ersten Runde an die Renault-Box, Massa kämpft von da an mit einem beschädigten Diffusor und instabilen Fahrverhalten.
Mit der Wut über den verpatzten Start im Bauch macht Rosberg von der ersten Runde an mächtig Druck auf Ricciardo - bis er zurückgepfiffen wird: "Halte dich an den Plan!" Und der ist für den ersten Stint: Supersofts schonen.
Nach seiner tollen Qualifying-Darbietung fährt Pascal Wehrlein zu Beginn des Rennens in der Spitzkehre seinem Manor-Teamkollegen Rio Haryanto über den Frontflügel. Am Ende landet er bei seinem ersten Heim-Grand-Prix auf dem 17. Platz. Immerhin vor einem Sauber und einem Renault.
Massa kämpft mit stumpfen Waffen anfangs tapfer, aber spätestens als er binnen weniger Sekunden nicht nur Carlos Sainz, sondern auch Kevin Magnussen ziehen lassen muss, dämmert ihm, dass in Hockenheim diesmal nichts zu holen sein wird. Nach 36 Runden gibt der Brasilianer an der Williams-Box auf.
Verstappen und Rosberg kommen gleichzeitig zum ersten Boxenstopp, den die Mercedes-Crew links hinten verschläft. Nach dem zweiten setzt Rosberg in der Spitzkehre zur Attacke an, lenkt aber erst ein, "als er schon fast in Köln ist" (Christian Horner), ...
... und lässt Verstappen so außen verhungern. Der meckert: "He pushed me off the track!" Und bekommt von den FIA-Rennkommissaren recht: fünf Sekunden Zeitstrafe gegen Rosberg, abzusitzen beim nächsten Boxenstopp.
Wenig später lässt Verstappen (Soft) seinen Teamkollegen Ricciardo (Supersoft) kampflos durch, damit der auf Rosberg-Jagd gehen kann. "Habe ich fürs Team gemacht", sagt er später. Und Ricciardo fährt innerhalb von vier Runden dreieinhalb Sekunden Rückstand auf den Mercedes zu.
Bevor die Mechaniker zu arbeiten beginnen, wartet Mercedes statt fünf knapp über acht Sekunden. "Unsere Stoppuhr war kaputt", ärgert sich Sportchef Toto Wolff. Rosberg fällt wieder vom zweiten auf den vierten Platz zurück - und verpasst das Podium am Ende um 2,4 Sekunden.
Ferrari ist in Hockenheim dritte Kraft, aber nicht mehr. Bei Räikkönen dauert ein Boxenstopp zu lang, Vettel versteht nicht, warum ihn das Team früh zum dritten Reifenwechsel reinholen will: "Negativ. Die Reifen sind noch gut. Ich fahre noch ein paar Runden." Am Ende wird's P5 - und wieder nichts mit dem ersten Hockenheim-Sieg.
In Runde 48 hat Hamilton schon 12,7 Sekunden Vorsprung auf Ricciardo, in Runde 51 nur noch 6,3. Aber Hamilton spielt nur, um seinen Motor zu schonen, und kontert, wann immer es notwendig ist. Die Sache mit den (nicht unumstrittenen) Track-Limits in Kurve 1...
... nehmen da manche genauer als andere. Ricciardo ärgert sich im Finish auch noch über Esteban Gutierrez, der in Ungarn schon Hamilton aufgehalten hatte, und funkt ironisch: "Ich liebe diesen Kerl, er ist mein Liebling!"
Lange sieht es so aus, als würde Valtteri Bottas als Siebter ins Ziel kommen. In Runde 46 hat Nico Hülkenberg noch 16,3 Sekunden Rückstand auf den Williams-Fahrer, dessen Reifen haben bei der Zieldurchfahrt aber 33 Runden drauf - zu viel. So schlüpft nicht nur Hülkenberg durch, sondern auch Jenson Button.
Buttons McLaren-Teamkollege Fernando Alonso verliert Platz zehn im Finish noch an Sergio Perez, weil er beim Zurückrunden gegen einen Red Bull fair zurücksteckt, sich dabei verbremst und ihm dann in der Spitzkehre der Schwung fehlt. In der letzten Runde muss er auch Gutierrez durchlassen und wird Zwölfter.
Kurioser Jubel: Ricciardo feiert das erste Doppel-Podium von Red Bull seit Ungarn 2015, indem er seinen Schampus aus dem Schuh nippt. Der Teamausrüster könnte sich wohl kaum über ein besseres Product-Placement freuen. Vor der Sommerpause hat Mercedes also wieder Konkurrenz - und die kommt nicht in erster Linie von Ferrari...
#F1istZurueck: 57.000 Fans kamen am Rennsonntag nach Hockenheim, um Hamilton siegen zu sehen. Das sind mehr als 2014 (52.000), aber weniger als die angestrebten 60.000. Und viel weniger als die 120.000+ Zuschauer aus den legendären Schumacher-Jahren.
(Motorsport-Total.com) - Als Nico Rosberg bei seinem verkorksten Heim-Grand-Prix in Hockenheim in der 44. Runde zum dritten und letzten Mal die Reifen wechselte, musste er auch eine fünf Sekunden Strafe absitzen. Diese hatte er sich eingefangen, weil die Rennleitung der Meinung war, der Mercedes-Pilot hat Max Verstappen bei einem Überholmanöver in der Spitzkehre von der Strecke gedrängt. Sobald der Fahrer an seinem Boxenplatz angehalten hat, dürfen die Mechaniker für fünf Sekunden das Auto nicht berühren und erst dann mit der Arbeit beginnen. Diese fünf Sekunden werden vom Team selbst gestoppt, bevor die Mechaniker die Freigabe zum Arbeiten erhalten.
Findigen Zuschauern fiel sofort auf, dass die Mechaniker viel zu lange warteten, bis sie mit dem Reifenwechsel begannen. Tatsächlich waren es acht statt fünf Sekunden. Rosberg verlor also weitere drei Sekunden. "Im Nachhinein gesehen war es ein Problem von vielen Dingen, die heute schiefgelaufen sind. Es machte am Ende aber keinen Unterschied, weil ich die beiden Red Bull ohnehin nicht mehr bekommen hätte", hakt der Deutsche diese Szene ab.
Doch warum es überhaupt zu diesem Fehler gekommen ist, hat einen kuriosen Hintergrund: "So doof es klingt: Wir haben ein Problem mit der Stoppuhr gehabt, die nicht begonnen hat, loszuzählen", erklärt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Dass es in der hochtechnisierten Formel 1 an einer Stoppuhr scheitert, wie sie auf jedem Smartphone zu finden ist, ist kaum zu glauben. In den 1960er-Jahren saßen noch die Frauen der Fahrer an der Box und stoppten die Rundenzeiten per Hand mit. Damals wäre so ein Fehler wohl nicht passiert, aber damals gab es aber auch keine fünf Sekunden Strafe.
"Man kann es kaum glauben: Auch in einem Formel-1-Team kann eine Stoppuhr nicht funktionieren", muss Wolff zugeben. "Die braucht man nicht oft. Solche Fehler können passieren. Die Stoppuhr hat einfach nicht losgestartet." Dabei ist die Stoppuhr wohl das einfachste technische Mittel in einer Formel-1-Box. "Das ist eine händische Stoppuhr, so wie früher. So ist die Strafe. Du musst fünf Sekunden abzählen. Die Stoppuhr ist einfach nicht losgegangen. Klingt ein bisschen verrückt für so ein hoch technologisches Team, aber das kann passieren", so der Österreicher.
Im ersten Moment war Rosberg nicht bewusst, dass es länger als geplant dauert. "Nein", bestätigt er, fügt dann aber hinzu: "Es fühlte sich an, als würde ich dort für immer sitzen." Nachdem es mit der Stoppuhr nicht geklappt hat, ging die Crew dann auf Nummer sicher. "Ja, das musst du", sagt Wolff. "Es hätte an der Zeit auch nichts mehr verändert. Er hätte vielleicht zu Verstappen aufgeschlossen, aber er hatte grundsätzlich schon einen schlechten Start. Dann hat die Pace im Auto gefehlt. Dann kam noch der Boxenstopp hinzu, was nicht unser bester Moment war. Das ist wirklich ein doofer Fehler, kann aber passieren."