• 27. Juli 2023 · 16:18 Uhr

Formel-1-Teams diskutieren Aufweichung der Budgetobergrenze

Am Rande des Belgien-Grand-Prix 2023 in Spa soll in einer Abstimmung der Formel-1-Teamchefs über eine Aufweichung der Budgetobergrenze entschieden werden

(Motorsport-Total.com) - "Die Budgetobergrenze ist gut, aber wir haben nicht alles durchdacht, als wir alles eingefroren haben", sagt Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer. Und weil viele Formel-1-Rennställe ähnlich denken, ist für den Freitag beim Belgien-Grand-Prix 2023 in Spa ein Treffen der Formel-1-Kommission angesetzt worden. Dann beraten die Teamchefs über eine Aufweichung der Budgetobergrenze und treffen eine Zukunftsentscheidung.

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Red Bull vor Haas und Williams: Die kleinen Teams fahren den Topteams hinterher Zoom Download

Es geht - wie so oft in der Formel 1 - um Geld. Und zwar um zusätzliche Ausgaben, die aktuell nicht im Jahresbudget der einzelnen Teams enthalten sind. Denn manche Rennställe wollen ihre Infrastruktur auf neusten Stand bringen und müssen daher investieren, was das aktuelle Finanzielle Reglement so aber nicht vorsieht.

Das steht im Kontrast zum eigentlichen Sinn und Zweck des Finanziellen Reglements, das explizit mit dem Ziel eingeführt wurde, für mehr Chancengleichheit und im zweiten Schritt für einen engeren Wettbewerb in der Formel 1 zu sorgen. Das, so eine aktuelle These im Fahrerlager, funktioniert aber nur, wenn alle Teams die gleiche Ausgangslage erhalten.

Von Chancengleichheit kann (noch) keine Rede sein

Und die Ausgangslagen könnten unterschiedlicher nicht sein: Red Bull als aktuelles Topteam der Formel 1 hat modernste Anlagen. Williams wiederum hat über Jahre oder Jahrzehnte nicht investiert und kämpft mit veralteter Infrastruktur um den Anschluss. Irgendwo zwischendrin befinden sich die anderen Rennställe, jeder mit unterschiedlichen Bedürfnissen.

Deshalb spricht Williams-Teamchef James Vowles von einer "komplexen Konstellation" und der Notwendigkeit, Kompromisse zu schließen. Es habe bereits "gute Gespräche" gegeben, die am Freitag bei der Abstimmung zu einem Abschluss gebracht werden müssten. "Denn wie immer bei solchen Dingen geht uns die Zeit aus", meint Vowles.

Zwei Vorschläge stehen im Raum

Zwei mögliche Szenarien stehen den Formel-1-Teamchefs zur Wahl. Vowles erklärt: "Eine Variante sieht vor, die Gesamtausgaben anzuheben, und zwar für alle gleich. Das bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass wir aufholen."

"Andererseits können Mercedes, Red Bull und Ferrari wesentlich weniger ausgeben als wir, denn sie haben bereits Anlagen, von denen man nicht zu träumen wagt. Es besteht also ein gewisser Spielraum zum Aufholen."

Die andere Variante ist individuell angelegt. Vowles verweist auf "eine Reihe von Mechanismen, mit denen der Automobil-Weltverband prüft, was [bei den einzelnen Teams] fehlt und was veraltet ist". Im zweiten Schritt würden die Defizite durch FIA-Personal analysiert. "Und dann teilt der Weltverband jedem Team eine Summe X zu."

Sprich: Ein Rennstall kann mehr Ausgaben tätigen, ein anderer weniger. Wobei die Ausgaben bei voller Transparenz jeweils an bestimmte Projekte geknüpft werden sollen.

Kleine Teams erhoffen sich Leistungssteigerung

"Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile", meint Vowles. "Weil wir aber etwas suchen, das für alle passt, ist es nie einfach."

Einig ist man sich im Formel-1-Fahrerlager aber weitgehend darüber, dass etwas getan werden muss, um die kleineren Teams zu unterstützen. AlphaTauri-Teamchef Franz Tost etwa nennt die Infrastruktur einen "sehr wichtigen Unterscheidungsfaktor" und sagt: "Wenn du für die Infrastruktur mehr Geld ausgeben kannst, wird das auch dabei helfen, die Fahrzeugleistung zu verbessern."

Welche Investitionen notwendig sind

AlphaTauri und Williams sowie Alfa Romeo, Alpine und McLaren sind unter den Rennställen, die von einer solchen Neuregelung profitieren könnten. Wollen sie mittelfristig weiter vorne mitspielen, brauchen sie entsprechend moderne Anlagen wie Simulatoren, Getriebeprüfstände oder Windkanäle, wie sie Ferrari, Mercedes und Red Bull schon zur Verfügung haben.

Aston Martin und McLaren haben hierzu bereits Ausnahmegenehmigungen erhalten, um jeweils neue Windkanäle zu errichten. Die Anlagen befinden sich bereits in Bau.

Was das "große Ganze" ist in der Formel 1

Doch so sehr die kleineren Teams auf solche Maßnahmen drängen, so zurückhaltend zeigen sich die Topteams. Denn je stärker die Konkurrenz, umso schwieriger wird es, die eigene Vormachtstellung zu halten. Sprich: Man riskiert die eigenen Erfolge, wenn man die Gegner aufholen lässt.

Das ist laut Alpine-Teamchef Szafnauer aber eine völlig falsche Perspektive. Er sagt: "Entscheidend ist, hier das große Ganze zu sehen. Denn es geht darum, ein einheitliches Spielfeld zu schaffen."

Die Infrastruktur der Teams sei "von großer Bedeutung für die Weiterentwicklung" eines Fahrzeugs. "Deshalb", sagt Szafnauer, "brauchen wir ähnliche Werkzeuge."

Warum sich die Formel 1 an der Football-Liga NFL orientiert

Daran scheint auch Formel-1-Eigentümer Liberty Media gelegen zu sein, denn es nehme sich die US-amerikanische Football-Profiliga NFL zum Vorbild, erklärt Szafnauer weiter. Am Rande des Kanada-Grand-Prix etwa habe Liberty Media die Formel-1-Teamchefs zu einem Treffen mit NFL-Boss Roger Goodell eingeladen, bei dem dieser über die Skalierung seiner Meisterschaft gesprochen habe.

"Seine große Botschaft war: Die NFL hat sich seit den 1960er-Jahren darauf konzentriert, sich selbst auf ein höheres Level zu bringen. Damit sind auch alle beteiligten Teams auf ein höheres finanzielles Niveau gekommen", sagt Szafnauer.

Goodell habe auf die Gehaltsobergrenze in der NFL verwiesen und auf das Draft-System, "bei dem die schlechtesten Teams die besten [Nachwuchs-] Spieler kriegen", so Szafnauer. "Das war die Inspiration für unsere stufenweise Testeinschränkung bei der Aerodynamik. Nach dem Motto: Wenn du Letzter wirst, kriegst du mehr Zeit im Windkanal."

NFL rät Formel 1 zum "nächsten Level"

Doch da geht noch mehr für die Formel 1, meint Goodell laut Szafnauer. Denn die Formel 1 habe jetzt zwar den "Durchbruch" in den Vereinigten Staaten geschafft, aber jetzt müsse die Rennserie "den nächsten Schritt" folgen lassen, um sowohl in Amerika als auch im Rest der Welt "das nächste Level" zu erreichen.

"Das Finanzielle Reglement macht das möglich, mit engerem und besserem Racing, damit nicht immer nur ein Team alles gewinnt", sagt Szafnauer. "Und wenn das bei den Fans besser ankommt, dann wächst der Sport als Ganzes."

Damit diese Vision Wirklichkeit werden kann, wünschen sich die Teams mehr finanziellen Spielraum. Die Frage ist nur, ob man sich hierbei einig wird. Der Freitag in Belgien wird es zeigen.

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