F1 ordnet sich neu: Zwei Änderungen mit großen Folgen für Teams und FIA
Mehr Stabilität oder weniger Mitbestimmung? Die neue Concorde-Vereinbarung verschiebt die Balance zwischen Teams, FIA und FOM deutlich
(Motorsport-Total.com) - Nach langwierigen Verhandlungen haben der Automobil-Weltverband FIA und das Management der Formel 1 ein neues Concorde-Governance-Abkommen abgeschlossen. Die Vereinbarung regelt die sportpolitische Struktur der Königsklasse für die kommenden fünf Jahre und bringt im Vergleich zum bisherigen Abkommen zwei zentrale Änderungen mit sich.
Das Governance-Abkommen bildet den zweiten Bestandteil der Concorde-Vereinbarung und ergänzt den kommerziellen Vertrag, der bereits vor dem Grand Prix von Australien im März unterzeichnet worden war. Es gilt für den Zeitraum von 2026 bis 2030. FIA und Formula One Management (FOM) gaben den Abschluss der Einigung am Rande der FIA-Generalversammlung in der usbekischen Hauptstadt Taschkent bekannt. Dort fanden auch die FIA-Preisverleihung sowie die Wiederwahl von Mohammed bin Sulayem zum FIA-Präsidenten statt.
Dass zwischen der Unterzeichnung des kommerziellen Vertrags und der Governance-Vereinbarung mehrere Monate lagen, unterstreicht die Bedeutung des nun erzielten Kompromisses. Anders als der wirtschaftliche Teil bezieht das Governance-Abkommen auch die FIA direkt ein und definiert grundlegende Elemente der Organisation der Formel 1.
Abstimmungen in der F1-Kommission neu geregelt
Dazu zählen unter anderem die Abstimmungsmodalitäten in der Formel-1-Kommission, die von den Teams an die FIA zu entrichtenden Einschreibegebühren, der Aufgabenbereich des Weltverbands sowie organisatorische Abläufe.
Formel-1-CEO Stefano Domenicali erklärte: "Diese Vereinbarung stellt sicher, dass die Formel 1 bestmöglich aufgestellt ist, um ihr weltweites Wachstum fortzusetzen. Ich danke dem FIA-Präsidenten Mohammed bin Sulayem und allen Teams für die Zusammenarbeit und den Willen, in unseren Gesprächen das bestmögliche Ergebnis für den gesamten Sport zu erzielen."
Wie die englischsprachige Ausgabe von Motorsport.com erfahren hat, beinhaltet das Abkommen eine Änderung des Abstimmungsverfahrens in der Formel-1-Kommission. Künftig sind weniger Teamstimmen erforderlich, um eine Mehrheit zu erreichen. Dadurch erhalten sowohl die FIA als auch das FOM ein größeres Gewicht bei der Durchsetzung von Regeländerungen.
Einschreibegebühr: Für die Teams wird es teurer
Ab 2026 sinkt die Zahl der benötigten Teamstimmen für eine einfache Mehrheit von bislang sechs auf vier der elf Teams, zusätzlich zu den Stimmen von FIA und FOM. Für eine qualifizierte Mehrheit sind künftig sechs statt acht Teamstimmen erforderlich. Ziel dieser Anpassung ist es, der Serie mehr Stabilität zu verleihen und notwendige Entscheidungen effizienter treffen zu können.
Darüber hinaus ist vorgesehen, dass sowohl das FOM als auch die elf Teams über eine Neustrukturierung der Einschreibegebühren höhere Zahlungen an die FIA leisten. Diese zusätzlichen Einnahmen sollen in den sportpolitischen Bereich reinvestiert werden, insbesondere in die Rennleitung, die Sportwarte sowie weitere operative Dienstleistungen.
Bisher setzte sich die Einschreibegebühr aus einem festen Betrag und einer variablen Komponente zusammen, die sich nach den im Vorjahr erzielten WM-Punkten richtete. Dadurch mussten besonders erfolgreiche Teams wie Red Bull nach der Saison 2023 überproportional hohe Gebühren entrichten, während Teams am Ende des Feldes vergleichsweise wenig zahlten. Künftig soll sich die Gebühr an der Platzierung in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft orientieren und gestaffelt von oben nach unten berechnet werden.
Wohin das zusätzliche Geld fließen soll
Durch die neue Struktur sollen die Gesamteinnahmen der FIA aus den Einschreibegebühren um rund 15 Millionen US-Dollar pro Jahr steigen. Vor allem Teams aus dem Mittelfeld müssen mit Mehrbelastungen im Millionenbereich rechnen. Das Modell orientiert sich an der Verteilung der Preisgelder aus dem kommerziellen Vertrag, bei dem pro Mittelfeldplatz rund neun Millionen US-Dollar angesetzt werden. Erwartet wird, dass das prognostizierte weitere Wachstum der Formel 1 die zusätzlichen Kosten für die betroffenen Teams langfristig ausgleicht.
Vor dem Hintergrund wiederholter Forderungen der Teams nach einer stärkeren Professionalisierung der FIA-Dienstleistungen legte der Weltverband offenbar ein Konzept zur Verbesserung seiner Formel-1-Strukturen vor. Dieses sieht zusätzliche Investitionen vor und wurde vom FOM unterstützt.
"Grundsätzlich sind wir bereit, den Kuchen strukturierter und fairer zu verteilen. Dann wollen wir aber auch sicherstellen, dass das Geld in Professionalisierung, bessere Dienstleistungen und ähnliche Bereiche fließt", sagte eine hochrangige Teamquelle zuletzt gegenüber Motorsport.com.
FIA-Logo muss zukünftig auf den Autos zu sehen sein
FIA-Präsident bin Sulayem versicherte, dass die zusätzlichen Mittel gezielt zur Stärkung des Formel-1-Betriebs eingesetzt würden. "Diese Vereinbarung ermöglicht es uns, unsere regulatorischen, technologischen und operativen Fähigkeiten weiter zu modernisieren, einschließlich der Unterstützung unserer Rennleiter, Offiziellen und der tausenden Freiwilligen, deren Fachwissen jedes Rennen trägt", wurde bin Sulayem am Freitag zitiert. "Wir stellen sicher, dass die Formel 1 an der Spitze der technologischen Innovation bleibt und neue Maßstäbe im globalen Sport setzt."
Zudem soll die neue Vereinbarung die Sichtbarkeit der FIA im Fahrerlager erhöhen. In den ab 2026 gültigen technischen Regularien ist erstmals vorgesehen, dass alle Fahrzeuge das FIA-Logo tragen müssen. Artikel A2.3.4 der allgemeinen Bestimmungen schreibt vor: "Jedes Formel-1-Auto muss das FIA-Logo in Blau oder Weiß mit einer Höhe von mindestens 75 Millimetern tragen. Das Logo muss oben auf der Nase oder seitlich an der Nase angebracht sein und von der Fahrzeugseite aus sichtbar sein."
Aus dem Umfeld der Serie ist außerdem zu hören, dass eine verbesserte Einnahmenverteilung den Weg für eine Ausweitung der Sprint-Rennen ebnen könnte. Bislang hatte sich bin Sulayem gegen mehr als sechs Sprints pro Saison ausgesprochen und dabei auf die Belastung des FIA-Personals sowie finanzielle Aspekte verwiesen.
Wie bereits berichtet, strebt das FOM jedoch an, ab der Saison 2027 eine zweistellige Anzahl von Sprint-Wochenenden zu erreichen. Diese hätten sich sowohl für die Veranstalter als auch aus kommerzieller Sicht als wirtschaftlich positiv erwiesen.


