"Ich habe mit den Reifen gesprochen": Antonellis Einstopp-Meisterstück
Von P17 auf P3: Der Mercedes-Rookie schaffte 48 Runden auf einem Reifensatz und überraschte alle - auch sich selbst
(Motorsport-Total.com) - Kimi Antonelli lieferte in Las Vegas eine beeindruckende Aufholjagd. Von Startplatz 17 kämpfte sich der Mercedes-Rookie bis auf Rang fünf vor, trotz einer Fünf-Sekunden-Strafe wegen eines Frühstarts. Am Ende wurde es sogar Platz drei wegen der Disqualifikation der McLaren. Die größte Herausforderung war jedoch nicht die Konkurrenz, sondern die Reifen.
48 Runden auf einem Satz harte Pirelli-Mischung, das verlangte dem 18-jährigen Italiener alles ab. "Ich habe die letzten 20 Runden jede Runde auf der Geraden mit den Reifen gesprochen", erzählte Antonelli nach dem Rennen. "Ich habe sie einfach gebeten, bitte bis zum Ende durchzuhalten."
Auf halber Distanz machte sich Graining bemerkbar. Antonelli wurde nervös, denn zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nicht, ob Mercedes tatsächlich auf die Einstopp-Strategie setzen würde. Erst 20 Runden vor Schluss kam der entscheidende Funkspruch: Plan B. Das bedeutete, mit den gleichen Reifen bis ins Ziel zu fahren.
Steile Lernkurve für den Rookie
"Ich wusste, ich würde es bis zum Ende mit diesem Satz schaffen müssen", sagte Antonelli. "Also habe ich versucht zu managen." Doch das Management wurde schwieriger, als Oscar Piastri im McLaren in DRS-Reichweite auftauchte. Antonelli musste wieder pushen, obwohl die Reifen bereits gelitten hatten.
Was dann passierte, überraschte selbst den Rookie. Die Graining-Erscheinungen begannen sich zu bereinigen. "Auch dank einiger Tipps vom Team beim Fahren fing das Graining an, sich ein bisschen aufzulösen", erklärte er. Die Rundenzeiten wurden schneller statt langsamer. In den letzten zehn Runden steigerte Antonelli das Tempo kontinuierlich.
Sein Glück: Piastri selbst wurde von Leclerc bedrängt und nutzte das DRS durch Antonelli, um den Ferrari auf Distanz zu halten. Durch die 5-Sekundenstrafe gegen den Italiener musste Piastri diesen nicht überholen, um vorn zu sein. Leclerc wiederum machte sich bei seinen Attacken die Reifen kaputt und fiel am Ende virtuell sogar noch hinter Antonelli zurück.
Lob vom Boss
Toto Wolff zeigte sich beeindruckt von der Reife seines Schützlings. Gegenüber Sky Deutschland (noch vor der Bekanntgabe der McLaren-Disqualifikation) lobte der Mercedes-Teamchef: "Unglaublich, von 17 auf 5, die absolut schnellsten Zeiten am Ende."
Besonders hob Wolff Antonellis Anpassungsfähigkeit hervor: "Er hat gemerkt, okay, das Auto untersteuert, also werde ich die Reifen ein bisschen hinten kaputt machen und dann quasi das Auto wieder balancieren."
Die Traktion war am Ende das größte Problem. "Die Traktion wurde richtig schwierig", gab Antonelli zu. "Das Heck fing an nachzugeben, also musste ich wirklich an den Tools arbeiten und auch mit dem Fahrstil anpassen." Als er in den Schlussrunden noch mehr pushen musste, gaben die Reifen weiter nach. Aber sie hielten durch.
Fokus auf eigenes Rennen
Die Frage, ob er absichtlich Piastri und Charles Leclerc aufgehalten habe, um Teamkollege George Russell auf dem Podium zu helfen, verneinte Antonelli klar. "Ehrlich gesagt habe ich mein eigenes Rennen gefahren. Ich habe sogar versucht, George zu schnappen", sagte er. "Ich wollte einfach das Ergebnis maximieren, weil es wichtig war, gute Punkte fürs Team zu holen."
Mercedes hatte zu Beginn des Rennens nicht damit gerechnet, dass die Einstopp-Strategie funktionieren würde. Doch Antonelli wuchs über sich hinaus und zeigte, dass er nicht nur schnell, sondern auch clever ist. Was hätte sein können, wenn das Qualifying besser gelaufen wäre, bleibt Spekulation.


