Erklärt: Warum Charles Leclerc in Zandvoort am Hügel sitzen blieb
Nach seinem Ausfall in Zandvoort blieb Charles Leclerc am Streckenrand auf einem Hügel sitzen - In Monza erklärt er, warum er nicht zurück konnte
(Motorsport-Total.com) - Das Bild ging nach dem Großen Preis der Niederlande um die Welt: Charles Leclerc, im Ferrari-Outfit, sitzend auf einem kleinen Hügel neben der Strecke, während das Rennen ohne ihn weiterlief. Der Monegasse war nach einer Kollision mit Mercedes-Rookie Kimi Antonelli ausgeschieden und strandete am Rand der Strecke - doch anstatt sofort in das Fahrerlager zurückzukehren, blieb er dort.
Nun, wenige Tage vor dem Italien-GP in Monza, erklärt er die Situation: "War es Spaß? Ich bin mir nicht sicher. Es war zumindest schön, das Rennen von irgendwo sehen zu können. Aber ehrlich gesagt war ich ziemlich deprimiert nach dem, was passiert ist. Und dass wir als Team keine Punkte geholt haben, war enttäuschend."
Leclerc betont, dass die Rückkehr ins Paddock schlicht nicht möglich war: "Auf manchen Strecken geht das, in Zandvoort aber nur über eine Tribüne - das wäre schwierig gewesen. Also habe ich entschieden, dort zu warten. Glücklicherweise war da ein Hügel, von dem aus ich eine gute Sicht hatte."
Ein ungewöhnlicher Moment, der auch ein Symbol für die schwierige Saison der Scuderia wurde.
Zandvoort: Schwacher Ferrari, frühes Ende
Das Wochenende in den Niederlanden war für Ferrari insgesamt ernüchternd. Schon am Freitag tat sich die Scuderia schwer, lag in den Trainings über eine Sekunde hinter der Spitze zurück. Leclerc: "Am Freitag waren wir wirklich, wirklich am Straucheln, eineinhalb Sekunden weg in FT1."
"Aber bis zum Qualifying waren wir schon deutlich näher dran. Ohne meinen Fehler hätte es sogar P4 sein können. Wir haben also viel gelernt - das war der positive Teil. Aber insgesamt war es ein besonders schlechtes Wochenende für uns."
Dass am Ende beide Ferrari-Piloten ohne Punkte dastanden, verstärkte die Enttäuschung. Leclerc strandete nach Kontakt mit Antonelli, Teamkollege Lewis Hamilton rutschte früh an der gleichen Stelle von der Strecke.
Villeneuve: Leclerc versteht, dass er nie Weltmeister wird
Einen noch kritischeren Blick auf die Situation wirft Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve. Im Vorfeld des Italien-GP sagt der Kanadier: "Charles ist frustriert, weil er wahrscheinlich anfängt zu verstehen, dass er niemals Weltmeister werden wird. Es ist schlecht gelaufen, es ist noch schlechter geworden. Nächstes Jahr gibt es ein komplett neues Reglement, und normalerweise ist Ferrari dann nicht auf der Höhe. Es ist eine schwierige Situation."
Villeneuve sieht auch Leclercs Status bei Ferrari schwinden: "Er ist schon lange da, und sein Stern ist etwas verblasst. Lewis kann sich immerhin darauf verlassen, dass er mehrfacher Weltmeister ist. Auch wenn sein Stern etwas fällt, bleibt er eine globale Marke. Leclerc hat das nicht."
Darüber hinaus kritisiert Villeneuve Ferraris Position in der Konstrukteurs-WM: "Sie sind Zweiter, aber eigentlich nur der vierte Gaul im Rennen. Sie haben Glück, dass bei Red Bull nur ein Fahrer punktet und es bei Mercedes ähnlich ist."
Blick nach Monza: Hoffnung auf Besserung
Trotz der tristen Stimmung nach Zandvoort sieht Leclerc dem Heimrennen in Monza mit verhaltenem Optimismus entgegen. Denn die Charakteristik der Strecke könnte Ferrari entgegenkommen: "Ich hoffe, dass es besser wird als in Zandvoort. Dort haben wir in den langen Kurven sehr gelitten - das ist schon seit Jahren so."
"In Monza sind die langen Kurven Highspeed, und da sollten wir weniger Probleme haben. Natürlich heißt das nicht, dass wir auf McLaren-Niveau sind. Ich denke, McLaren ist weiterhin das Team, das es zu schlagen gilt. Aber ich hoffe, dass wir näher dran sind."
Der Italien-GP ist für Ferrari traditionell das wichtigste Rennen der Saison. Vor den Tifosi auf dem Tempel der Geschwindigkeit zählt nur ein Podium - alles andere wird als Enttäuschung gewertet. Leclerc kennt diesen Druck und hat 2019 und 2024 selbst in Monza gewonnen. Dieses Jahr, in einer von McLaren dominierten Saison, wären schon ein Heimpodium ein Achtungserfolg.
Persönliche Entwicklung trotz Rückschlägen
Leclerc selbst bewertet seine Saison bislang trotzdem positiv: "Es ist immer schwer, eine Saison zu vergleichen, weil jede anders ist. Aber mein Ziel ist es immer, mich zu verbessern. Ich habe das Gefühl, dass ich im Vergleich zum letzten Jahr ein kompletterer Fahrer geworden bin. Es gab kaum Wochenenden, an denen ich einen großen Fehler gemacht habe oder wichtige Punkte verloren habe. Wir haben gute Arbeit geleistet, immer das Maximum herauszuholen. Leider fehlt uns einfach das Auto."
Für Leclerc ist die größte Herausforderung aktuell nicht die Fahrkunst, sondern der fehlende Kampf um Siege: "Das ultimative Ziel ist, um Siege zu fahren. Das ist die wahre Bewährungsprobe für einen Fahrer. Ich hoffe, dass es bald wieder soweit ist."
Während die Scuderia mit einer Sonderlackierung zu Ehren von Niki Lauda in Monza antritt, ist klar: Emotionen allein reichen nicht. Villeneuve bringt es auf den Punkt: "Normalerweise bringt Ferrari für Monza immer etwas Extra. Aber ein bisschen Extra wird dieses Jahr nicht reichen."