Woran es bei Alpine hapert: "Downforce ist wie Paracetamol"
Alpines Technikchef David Sanchez spricht über die Schwächen des aktuellen Autos, das auf dem letzten WM-Platz liegt - Franzosen fallen vor allem im Rennen stark ab
(Motorsport-Total.com) - Was ist bei Alpine 2025 los? Die schwache Saison 2024 wurde durch ein überraschendes Doppelpodium in Brasilien kaschiert, das den französischen Rennstall auf Rang sechs katapultiert hat, in der aktuellen Saison stimmen die Ergebnisse aber hinten und vorne nicht - obwohl die Punkteausbeute sogar besser ist als im vergangenen Jahr.
Denn damals hatte man zum gleichen Saisonzeitpunkt nur neun Zähler auf dem Konto, war aber zwei Plätze besser klassiert. Weil Williams und Sauber komplett abfielen, lag Alpine auf Rang acht, 2025 hat man sogar zwei Zähler mehr, ist aber abgeschlagen Letzter - stolze 15 Punkte fehlen auf den Vorletzten.
Die Konkurrenz punktet einfach in diesem Jahr deutlich besser, das Hinterfeld ist deutlich enger zusammen. "Dadurch werden einige unserer Schwächen um ein Vielfaches deutlicher. Und genau damit versuchen wir gerade umzugehen", sagt Technikchef David Sanchez, der vor etwas mehr als einem Jahr von McLaren zu Alpine gestoßen war.
Was Alpine helfen könnte? "Ich sage den Leuten immer: Abtrieb ist wie Paracetamol - es löst jedes Problem", meint Sanchez. Generell sei Abtrieb aber gar nicht das große Problem des A525. "Ich denke, wir haben schon Abtrieb, insbesondere in schnellen Kurven sind wir nicht unbedingt schlecht", meint er.
Außerdem sei das Streben nach maximalem Abtrieb in der Formel 1 heute gar nicht mehr so verbreitet. "Ich denke, jeder hat inzwischen verstanden - besonders bei diesen Autos -, dass ein extrem spitzes Auto einfach nicht funktioniert", so Sanchez.
"Was wir bei diesen Autos feststellen: Sie sind so schnell und haben so viel Grip in Highspeed-Passagen, dass es, sobald man an die Grenze kommt, irgendwo instabil wird. Und das spürt der Fahrer dann sofort. Aber ich würde nicht sagen, dass das nur an den aerodynamischen Eigenschaften liegt."
Energie hemmt Alpine im Rennen
Alpines große Schwäche liegt eher an anderer Stelle: "Wir wissen, dass wir bei der Energierückgewinnung im Hintertreffen sind. Bei manchen Rennen beeinflusst das manchmal unsere Entscheidungen so sehr, dass wir in unseren Möglichkeiten eingeschränkt sind."
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Deutlich wurde das am vergangenen Wochenende in Spielberg. "In Österreich haben wir versucht, etwas aggressiver zu sein, um im Rennen besser auszusehen. Aber das hat unsere Hinterreifen deutlich stärker belastet - und die Konsequenzen waren entsprechend groß", so der Technikchef.
Pierre Gasly hatte im Rennen überhaupt keine Chance und fiel im Rennverlauf weit zurück. Statt von Platz zehn aus Punkte zu holen, landete der Franzose am Ende auf Rang 13, obwohl mit Max Verstappen, Andrea Kimi Antonelli und Alexander Albon drei Fahrer aus dem erweiterten Spitzenfeld ausgeschieden waren.
Im Qualifying ordentlich, im Rennen chancenlos
Die großen Performance-Unterschiede zwischen Qualifying und Rennen sind bei Alpine in diesem Jahr schon häufiger aufgefallen: Sechsmal war Gasly schon in den Top 10 gestartet, dort angekommen jedoch nur zweimal. Ist das, was das Auto auf eine Runde schnell macht, vielleicht im Rennen ein Nachteil?
"Das ist eine Frage, die wir uns selbst ständig stellen", meint Sanchez. "Sind wir im Qualifying vielleicht zu aggressiv? Müssen wir im Rennen etwas anderes machen? Es gibt darauf keine einfache Antwort. Ein Auto, das im Qualifying gut ist, holt dort alles raus. Im Rennen hingegen geht es dann vor allem darum, wie wir die Reifen und das Gesamtpaket managen."
Nur: Angesichts des deutlichen Rückstands in der WM könnte es für Alpine schwer werden, noch vom letzten Platz wegzukommen, denn weil 2026 ein neues Reglement vor der Tür steht, werden kaum noch Verbesserungen für die aktuelle Saison kommen. Der Blick in die Zukunft ist auch das, was Alpine Mut macht.
"Wir wissen, dass es 2026 große Chancen für uns gibt", sagt Sanchez. "Wir haben in dieser Saison vielleicht nicht so aggressiv weiterentwickelt wie andere. Aber wenn wir sehen, wie sich das Auto für nächstes Jahr entwickelt und wie schnell das vorangeht, dann sind wir mit unserer Entscheidung ziemlich zufrieden."