• 22. April 2024 · 10:29 Uhr

Ferrari: Rennen schon am Start vergeigt?

Haben sich die beiden Ferrari-Fahrer Charles Leclerc und Carlos Sainz beim China-Grand-Prix der Formel 1 2024 gegenseitig um ein besseres Ergebnis gebracht?

(Motorsport-Total.com) - "Das, was wir am Anfang gemacht haben, hat Charles und mich viel gekostet", sagt Carlos Sainz. Hat Ferrari also beim China-Grand-Prix 2024 in Schanghai ein besseres Ergebnis weggeworfen, weil sich die beiden Fahrer auf den ersten Metern im Rennen nicht über die Vorfahrt einig wurden?

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Die beiden Ferrari-Fahrer Charles Leclerc und Carlos Sainz in Schanghai Zoom Download

Sainz scheint das zu glauben. Er beklagt den "Verlust von ein oder zwei Positionen" in der Schneckenkurve gleich nach dem Start, weil er sich von Teamkollege Leclerc abgedrängt fühlte. Tatsächlich ließ sich Leclerc an dieser Stelle nach links außen tragen, wo sich Sainz befand, der seinerseits beim Ausweichen leicht über den Streckenrand hinausfuhr. Und damit war innen der Weg frei für Mercedes-Fahrer George Russell.

Mehr noch: Auch Haas-Fahrer Nico Hülkenberg ging noch an Sainz vorbei. Die von sechs und sieben gestarteten Ferrari-Autos fanden sich binnen weniger Kurven also auf den Plätzen sieben und neun wieder.

"Das hat natürlich nicht geholfen", sagt Teamchef Frederic Vasseur. Andererseits habe Ferrari mit den Endpositionen vier und fünf vermutlich das Beste aus seinen Möglichkeiten gemacht. So sieht es unterm Strich auch Sainz, der vom "Maximum" spricht, das Ferrari in China habe erreichen können.

Vasseur nimmt es ganz pragmatisch: "Wir sind nach dem Start hinter Perez und Norris und wir sind auch bei Rennende hinter Perez und Norris. Wenn etwas gefehlt hat, dann, dass wir in der Startaufstellung zu weit hinten standen."

Was laut Vasseur schiefgelaufen ist

Diese Analyse aber greift zu kurz, wenn Leclerc als Vierter im Ziel nur 4,463 Sekunden Rückstand hat auf Perez. Das war fast genau der Abstand nach der dritten Rennrunde. Wäre Leclerc also zu Rennbeginn näher drangewesen, Ferrari hätte theoretisch einen Podestplatz ins Visier nehmen können.

Vasseur aber bleibt bei seinem Standpunkt und erklärt bei Sky: "Wir sind von zu weit hinten gestartet und müssen unser Qualifying verbessern. Da macht jedes Detail einen großen Unterschied. Und da müssen wir einen besseren Job machen", so der Ferrari-Teamchef.

"Aber wenn man schon Rechenspiele anstellen will, dann müssen wir auch sagen, dass wir über das Wochenende mehr Punkte geholt haben als McLaren und Mercedes."

Das stimmt: Mit 31:27:18 Punkten war Ferrari in China die zweite Kraft hinter Red Bull, das mit 54 Punkten weiter enteilte in der Formel-1-Konstrukteurswertung. Ferrari wiederum belegt ähnlich unangefochten den zweiten Platz vor McLaren.

Ferrari erkennt Handlungsbedarf

Doch der China-Grand-Prix hat Handlungsbedarf bei Ferrari aufgedeckt, und nicht nur im Qualifying: Der Shanghai International Circuit ist laut Sainz "eindeutig die Strecke [in der Saison 2024], auf der wir am meisten gelitten haben".

"Wir müssen prüfen, ob wir mit der Abstimmung alles getan haben, was wir konnten. Und wenn nicht, ist es an der Zeit, am Auto zu arbeiten, denn diese Art von Strecke lief nicht gut für uns."


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Für Leclerc ist das "etwas seltsam", schließlich ist Ferrari mit dem SF-24 bisher durch guten Reifenverschleiß aufgefallen. "Der Sonntag in China war da ein kleiner Ausreißer", meint Leclerc. "Sobald wir die harten Reifen aufgezogen hatten, waren wir eine halbe Sekunde zu langsam. Das müssen wir uns ansehen."

Denn vor allem der Stintverlauf auf Hard ist interessant: Nach dem Boxenstopp in Runde 21 fährt Leclerc zunächst auf dem Niveau von Red-Bull-Fahrer Perez, der ihn in Runde 39 überholt. Leclerc verliert dann sofort den Anschluss: Perez setzt sich in der Folge um einige Zehntelsekunden pro Runde ab.

Hat Schanghai die Ferrari-Leistung beeinflusst?

Ob das mit den besonderen Anforderungen der Rennstrecke in China zusammenhängt oder gar mit dem behandelten Asphalt, wird Leclerc gefragt. Antwort: "Nein, am Layout [der Strecke] kann es nicht liegen. Aber mit der harten Mischung waren wir einfach langsam. Wir müssen uns das ansehen, weil wir anderes erwartet hatten und dann doch mehr zu kämpfen hatten als gedacht."

Und das erstmals in diesem Jahr, wie Leclerc betont: Bisher habe sich Ferrari mit dem SF-24 viel leichter getan beim Reifenmanagement als in den Vorjahren. China sei der erste Dämpfer gewesen.

Oder wie es Teamchef Vasseur bei Sky formuliert: "Wir haben den Verschleiß eigentlich nicht gut verstanden. Ob wir mehr pushen können oder nicht." Es gelte nun die Gründe dafür zu erörtern und einen "besseren Ansatz für solche Situationen" zu finden, sagt Vasseur.

Welche Rolle die Rennstrategie spielte

Ein Faktor bei der Diskussion müssen laut Sainz die besonderen Umstände im Rennen sein: "Ich wollte eigentlich zwei Stopps machen, aber die Safety-Car-Phase hat so lange gedauert, dass ich einen machen musste. So fuhr ich praktisch das ganze Rennen auf sehr alten Reifen und konzentrierte mich nur darauf, bis zum Ende durchzukommen."

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Die beiden Ferrari-Fahrer Carlos Sainz und Charles Leclerc im Gespräch Zoom Download

Das sei "Pech" gewesen, sagt Vasseur: "Carlos war wenige Runden vor der Safety-Car-Phase an die Box gekommen und hatte dann Bedenken, einen sehr langen Stint zu fahren. Deshalb war sein Stint anfangs etwas konservativ. Den Stint selbst hat er aber gut gemeistert. Wir als Team haben einfach auf den harten Reifen ein bisschen an Boden verloren. Da waren wir weniger gut als mit der Medium-Mischung."

Leclerc hinterfragt Ferrari-Strategie

Die Ferrari-Strategie war auch bei Leclerc ein Thema. Er äußerte sogar Zweifel an der Taktik seines Teams. "Das war aber vor der Safety-Car-Phase", sagt Vasseur und spielt die Situation herunter: "Wir schwankten zwischen einem und zwei Stopps, weil wir mit Medium nur einen geringen Verschleiß hatten."

"Wir waren auf einen Stopp gepolt, aber dann kam das Safety-Car heraus und hat das Rennen komplett verändert. Es wurde fast zu einem Sprintrennen."

So hat es auch Leclerc wahrgenommen. Ferrari habe auf die "richtige Strategie" gesetzt, "bis das Safety-Car alles zunichte gemacht hat", meint er.

Sein Hinterfragen der Taktik wertet er als normal: "Manchmal hat das Team mehr Informationen und muss die richtige Entscheidung treffen. Manchmal ist es umgekehrt, dass man als Fahrer ein starkes Gefühl hat und das Team es glauben muss, auch wenn die Daten etwas anderes sagen."

Kippt das Kräfteverhältnis hinter Red Bull?

Zumal der Gegenwind auf der Rennstrecke zunimmt: McLaren sei in China "stärker als gedacht" gewesen und "besonders stark" im Vergleich zu den vorherigen Wochenenden, sagt Leclerc. Ferrari wiederum hat laut Sainz "das bisher schwierigste Wochenende" des Jahres erlebt.

Ferrari-Teamchef Vasseur schiebt das vor allem auf das enge Mittelfeld hinter Red Bull: "Details reichen aus und du bist Zero statt Hero. Und wenn man von hinten startet, hat man ein viel schwierigeres Rennen vor sich, selbst wenn man eigentlich schneller ist. Denn dann macht man sich in den ersten zehn Runden die Reifen kaputt. Davon erholst du dich nicht mehr."

So sei es Ferrari in Schanghai ergangen. "Wir hatten einfach kein sauberes Wochenende", sagt Vasseur. Es seien kollektiv "zu viele Fehler" gemacht worden. "Und wir wissen: Du kannst in dieser Gruppe nicht vorne mitfahren, wenn du nicht den perfekten Job machst. Das versuchen wir nächstes Mal wieder."

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