"Wir sind die Mafia"
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Foto 1/27 Die Geschichte von Bernie Ecclestone und Max Mosley
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Foto 2/27 1969 trafen sich Bernie Ecclestone und Max Mosley zum ersten Mal, im Rahmen eines Formel-2-Rennens. Erst bei einem Meeting der damaligen Formula One Constructors Association (FOCA) im Jahr 1971 kam es aber zum ersten Gespräch der beiden Männer, die die Kontrolle über die Königsklasse des Motorsports schon bald an sich reißen sollten.
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Foto 3/27 Mosley hatte 1969 das Formel-1-Team March gegründet. Das M im Teamnamen stand für ihn: Mosley (M) war Finanzberater, Alan Rees (AR) Sportdirektor, Graham Coaker (C) Produktionschef und Robin Herd (H) Konstrukteur.
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Foto 4/27 Was viele nicht wissen: Mosley (im Bild mit Robin Herd) wollte das Team eigentlich Charm ("Charme") nennen, wurde aber von seinen Kollegen überstimmt. March bedeutet im Deutschen so viel wie "Marsch".
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Foto 5/27 Ecclestone hatte sich vor seiner Karriere als Teamchef schon als Fahrer versucht: 1958 versuchte er erfolglos, sich für den Grand Prix von Monaco zu qualifizieren. Mit demselben Connaught-Chassis scheiterte an jenem Wochenende auch Paul Emery an der Qualifikation.
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Foto 6/27 Umso erfolgreicher sollte er auf der anderen Seite der Boxenmauer werden. 1971 kaufte er Ron Tauranac für 100.000 Dollar das Brabham-Team ab. Als er seine Karriere als Teamchef 1987 nach zwei WM-Titeln mit Nelson Piquet am Steuer und BMW-Power im Heck beendete, verkaufte er Brabham für fünf Millionen Dollar an den Schweizer Geschäftsmann Joachim Lüthi. Der landete später wegen Veruntreuung von 133 Millionen Dollar im Gefängnis.
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Foto 7/27 "Die Formel 1", erinnert sich Ecclestone, "war in den frühen 70ern ein Witz. Ich musste mich darum kümmern, Max und ich haben das gemeinsam gemacht. Ich war der Dealer und er hat darauf geachtet, dass das, was ich tat, ehrlich und anständig war." Zumindest abseits der Rennstrecke.
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Foto 8/27 Sonst nahm es Ecclestone nicht so genau mit der Ehrlichkeit: "Einige Teams haben mit Blei im Tank getrickst, um das Mindestgewicht zu überlisten. Ein Team, das das sehr oft gemacht hat, war Brabham", grinst er. Ein schlechtes Gewissen hat er deswegen nicht: "Damals wurde der Sport nicht so gut überwacht und es ging auch nicht um so viel Geld. Wenn heute jemand gegen die Regeln verstößt, nimmt er einem anderen Team durch Betrug Geld weg."
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Foto 9/27 "Bernie hatte die Aura eines erfolgreichen Geschäftsmannes", erinnert sich Mosley an jene Jahre. "Gleich beim ersten Treffen im Jahr 1971 war mir klar, dass er in einer anderen Liga spielt als die anderen. Er war wie eine frische Brise. Die anderen hatten Angst vor ihm und waren ein bisschen nervös."
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Foto 10/27 Die anderen, das waren damals zum Beispiel der geniale Lotus-Teamchef Colin Chapman...
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Foto 11/27 ... oder auch John Cooper.
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Foto 12/27 Und natürlich Jean-Marie Balestre, den Chef des FIA-Vorgängers FISA. Mosley erinnert sich an eines der Meetings im FISA-FOCA-Streit: "Ich schlug vor, dass wir den Raum verlassen, damit wir uns beraten können. Bernie bestand darauf, dass die anderen gehen. Und kaum waren sie raus, hing er schon im Papierkorb, um ihre weggeworfenen Gesprächsnotizen zu durchwühlen."
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Foto 13/27 Auch bei einer Sitzung des Motorsport-Weltrats trieb Ecclestone seine Spielchen: "Jean-Marie hielt eine große Rede, aber Bernie stand auf und richtete die an der Wand hängenden Bilder im ganzen Raum gerade. Keiner hörte mehr zu, alle schauten auf Bernie", lacht Mosley heute. Balestre verlor die Beherrschung und zerbrach den Bleistift in seiner Hand. Mosley musste sich das Lachen verkneifen: "Ich ließ meine Akten fallen, um mich unter dem Tisch verstecken zu können, bis ich mich wieder gefasst hatte! Das ist übrigens Bernies größter Kritikpunkt an mir: dass ich immer zu lachen angefangen habe, wenn er eine gute Nummer abgezogen hat."
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Foto 14/27 Es dauerte bis Oktober 1991, ehe Mosley Balestres Amt als FISA-Präsident übernehmen konnte. Mosley gewann die Wahl mit 43:29 Stimmen.
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Foto 15/27 Die Macht hatten Ecclestone und Mosley aber schon viel früher an sich gerissen, als es Ecclestone 1981 gelang, sich die TV-Rechte zu sichern und diese als Anführer der Teams zu verhandeln. Das erste Concorde-Agreement war geboren. Balestre gab sich zufrieden, dass die FISA weiterhin Regelgeber der Formel 1 blieb.
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Foto 16/27 Die Pressekonferenz mit der angekündigten Konkurrenz-Weltmeisterschaft "war ein totaler Bluff", wie Ecclestone heute zugibt. "Wir hatten eigentlich nicht vor, das durchzuziehen. Das führte zum Concorde-Agreement, und plötzlich gehörten uns die kommerziellen und die TV-Rechte. Balestre hatte keine Ahnung, was ich mir da gerade gesichert hatte." Im Bild Verhandlungen während des FISA-FOCA-Streits in Kyalami: Daniele Audetto, Alan Rees, Ken Tyrrell, Ecclestone, Peter Warr und Colin Chapman.
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Foto 17/27 Von nun an war Ecclestone quasi der uneingeschränkte Herrscher der Formel 1, und das mit teils fragwürdigen Methoden. Drei Teamchefs wurden zum Beispiel zehn Millionen Dollar auf Privatkonten überwiesen, damit sie das Concorde-Agreement von 1998 unterzeichnen würden: Eddie Jordan, ...
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Foto 18/27 ... Tom Walkinshaw...
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Foto 19/27 ... und Alain Prost. Später beschäftigte sich das Oberste Gericht in London mit der Frage: War das Bestechung?
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Foto 20/27 Frank Williams, für den Ecclestone persönlich viel übrig hat, half der Formel-1-Boss in all den Jahren gleich mehrmals aus der Patsche. Der Lohn dafür: Williams war bisher braver Ecclestone-Soldat und stärkte dessen Macht.
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Foto 21/27 Andere waren weniger loyal: Ron Dennis (McLaren) etwa, der Ecclestone mehrfach die Stirn bot, was zu einem sehr angespannten Verhältnis führte, ...
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Foto 22/27 ... oder auch Jean Todt (Ferrari), der 2009 Nachfolger von Mosley als FIA-Präsident wurde.
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Foto 23/27 "Wir sind die Mafia", pflegten Mosley und Ecclestone zu sagen. Gemeinsam spielten sie sich als Chefs des Motorsport-Weltverbandes beziehungsweise der Inhaber der kommerziellen Rechte in all den Jahren die Bälle gegenseitig zu. Und leimten dabei auch den einen oder anderen Gegenspieler.
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Foto 24/27 Zum Beispiel Thomas Haffa, dessen Firma EM.TV im Jahr 2000 für 3,3 Milliarden Euro die Formel 1 übernahm. "Bernie und ich", erinnert sich Mosley an einen Grand Prix auf dem Nürburgring, "hauten zur Hälfte des Rennens ab, um zum Flughafen zu kommen, wie immer. Haffa sagten wir, dass er gern in Bernies Motorhome bleiben kann, um das Rennen zu schauen. Wir sagten ihm, dass er keinen der Knöpfe unter dem Tisch drücken soll. Er fragte: 'Was meinen Sie?' Ich habe ihm gesagt, das seien die Ausfall-Knöpfe. Wenn Bernie will, dass sich der Rennverlauf ändert, dann drückt er auf den Knopf und ein Auto scheidet aus. Er glaubte das wirklich! Das sagt viel darüber aus, für wie mächtig die Menschen Bernie halten."
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Foto 25/27 Nur einmal drohte die Freundschaft zwischen Mosley und Ecclestone zu zerbrechen. Am 30. März 2008 veröffentlichte das Boulevardblatt News of the World intime Details aus Mosleys Privatleben. Eine Zerreißprobe für den FIA-Präsidenten, der plötzlich überall Persona non grata war.
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Foto 26/27 Auf Ecclestones Rückhalt konnte er sich in dieser schwierigen Situation nicht verlassen: "Ich habe Max nicht so unterstützt, wie ich das hätte tun sollen", bedauert der Formel-1-Boss heute. "Ich habe einen Freund im Stich gelassen und mich später bei ihm entschuldigt. Im Nachhinein betrachtet würde ich in all den Jahren nichts anders machen. Bis auf das."
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Foto 27/27 "Die anderen", sagt Ecclestone auf dem Gipfel seiner Macht, "hatten gegen uns nie eine Chance. Hätte ich all das auch ohne Max geschafft? Wahrscheinlich nicht. Oder sagen wir so: Es war mit ihm viel leichter als ohne ihn." Und er geht mit seinem Lob noch einen Schritt weiter: "Ich bin mir sicher, dass Max sogar einen fabelhaften Premierminister abgegeben hätte. Das habe ich auch Margaret Thatcher gesagt."