Kolumne: Tops und Flops der Saison 2014
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Foto 1/20 'Motorsport-Total.com'-Redakteur Dominik Sharaf zeigt, wer und was ihn im vergangenen Jahr erfreut und welche Dinge ihm missfallen haben
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Foto 2/20 Die Tops und Flops der Saison 2014, zusammengestellt und ganz nach der persönlichen Meinung von 'Motorsport-Total.com'-Redakteur Dominik Sharaf: Warum die silberne Dominanz mit der neuen Antriebsgeneration auch eine goldene Seite hatte, die Entdeckung des Jahres aus Down Under kommt und wieso Hungerkuren, Bezahlfahrer sowie der neue Jugendwahn komplett überflüssig waren.
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Foto 3/20 Top: Wieder ein Titelkampf auf Augenhöhe. Wer die Sache global betrachtet und sagt, die Formel-1-Saison 2014 sei wegen der Mercedes-Dominanz langweilig gewesen, liegt nicht falsch. Dennoch hat mich der Zweikampf zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg elektrisiert. Toto Wolff und Co. haben es verstanden, den beiden so viel Freiraum wie nötig zu lassen, um den neuen Champion auf sportliche Weise zu ermitteln. Noch wichtiger war aber, dass es wieder bis zuletzt spannend war: Nach der eintönigen Ära Sebastian Vettel Ende 2013 biss am Sonntagmorgen niemand mehr in dem Wissen, wer den Pokal in die Höhe reckt, in sein Frühstückscroissant. Die doppelten Punkte im Saisonfinale? Überflüssig, letztlich irrelevant, abgeschafft, und Schwamm über diesen Unfug!
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Foto 4/20 Flop: Der Bestechungsprozess gegen Bernie Ecclestone. Mit dem Ausgang des durch die Medien aufgebauschten Verfahrens kann niemand - nicht einmal der Zampano selbst - zufrieden sein. Der 84-Jährige wollte in München seine dutzendfach beteuerte Unschuld unter Beweis stellen, jetzt lebt er mit dem Makel, sich aus der Causa Gerhard Gribkowsky "rausgekauft" zu haben.
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Foto 5/20 100 Millionen Euro mögen mehr wert sein als ein Greis im Knast, dennoch hätte ein ordentlicher Prozess unabhängig von seinem Ausgang Signalwirkung besessen. Die deutsche Justiz, die formal völlig korrekt gehandelt hat, und die Formel 1 müssten nicht mit einem klischeemäßigen Anstrich leben. Man kann einen Prominenten nicht vorführen wie ein Zirkustier und nachher tun, als sei alles halb so wild.
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Foto 6/20 Top: Die neue Antriebsformel. Mit dieser Meinung dürfte ich weitgehend alleine auf weiter Flur stehen, aber ich finde, die Regelnovelle des vergangenen Winters hat mehr Nutzen als Schaden gebracht. Die Rückkehr der technischen Defekte belebt ein Element aus den Achtziger- und Neunzigerjahren neu, über das sich damals niemand beklagte. Mit Honda feiert ein Unternehmen sein Comeback, das der Formel 1 gefehlt hat. Außerdem trägt die Hybridtechnik dazu bei, Motorsport bei der jüngeren Generation in Zukunft wieder salonfähig zu machen - denjenigen schmackhaft, für die der Führerschein höchstens "nice to have" ist, die sich für Umweltschutz mehr als für PS interessieren.
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Foto 7/20 Und der Sound? Ist mir egal. Wenn die Action auf der Strecke stimmt, dann ist die Geräuschkulisse nur noch Randerscheinung. Wirklich ärgerlich sind die hohen Kosten für die Antriebe, die einmal mehr die kleinen Teams unter Druck setzen. Hier muss etwas getan werden, schließlich profitieren die Hersteller überproportional von den "Nebenwirkungen" und vom Werbeeffekt.
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Foto 8/20 Flop: Piloten kurz vor der Magersucht, Adrian Sutil in der Wüstenhitze ohne Trinkflasche, Jean-Eric Vergne im Krankenhaus. Natürlich war Leistungssport in keiner Disziplin jemals gesund, aber die Formel 1 hat mit ihrem komplett unnötigen unteren Gewichtslimit den Bogen 2015 überspannt. Was es braucht, um ein Rennauto zu fahren, ist ein Athlet, kein Hungerhaken. Wenn dann große Fahrer sowie finanzschwache Teams systematisch benachteiligt werden und FIA-Präsident mit Teilnahmslosigkeit reagiert, ist die Farce komplett.
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Foto 9/20 Top: Daniel Ricciardo verblüfft. Sein Maskottchen, der auf dem Helm verewigte Honigdachs, ist wirklich ein Sinnbild für die Rennfahrerqualitäten des Australiers. Abseits des Cockpits immer lächelnd und scherzend, hat er sich in den Rennen als bissiges Raubtier gezeigt. Keiner überholte so konsequent wie Ricciardo und er schreckte auch vor dem eigenen Teamkollegen nicht zurück. Drei Grand-Prix-Siege waren der verdiente Lohn.
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Foto 10/20 Ein schlechtes Licht werfen die Leistungen einzig auf seinen Landsmann Mark Webber, der sich jahrelang an Sebastian Vettel die Zähne ausbiss und selbige nur hinter den Kulissen zeigte, wenn er sich vom Team benachteiligt fühlte.
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Foto 11/20 Flop: McLaren versinkt im Chaos. Zu Saisonbeginn versprach das Traditionsteam einen neuen Hauptsponsor. Nichts passierte. Dann kündigten Ron Dennis & Co. eine Entscheidung über die Cockpitbesetzung 2015 an - wieder passierte lange nichts. Sportlich leisteten sich die Chrompfeile eine Blöße nach der anderen, an den Mikrofonen gab es Durchhalteparolen in der Endlosschleife. Das war unwürdig.
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Foto 12/20 Flop: Paydriver! Die wichtigste Frage bei einer Fahrerverpflichtung ist längst nicht mehr die nach den Erfolgen in den Nachwuchsserien. "Wo bekommt er sein Geld her?", lautet sie mittlerweile. Dass sich die Qualifikation von Sportlern in der Formel 1 nach dem Geldbeutel ihrer Gönner bemisst, ist ein Armutszeugnis - im wahrsten Sinne des Wortes. Die kleinen Teams sind der große Verlierer dieser Entwicklung. Um zu überleben, verpflichten sie Piloten, die am Volant höchstens durchschnittlich begabt sind, aber dank fragwürdiger Staatsmänner oder in Geld schwimmenden Geschäftsmännern die Gehälter zahlen. Allerdings bringt das die "Kleinen" sportlich nicht voran und zwingt sie, den nächsten Zahlemann zu holen. Ein Teufelskreis.
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Foto 13/20 Adrian Sutil und Kamui Kobayashi waren schon zum zweiten Mal in ihren Karrieren die Gelackmeierten. Warum mit der Sache nicht offen umgehen? Sauber ließ sich in Abu Dhabi von einem Chinesen, dessen Name Adderly Fong sehr bald ein Fall für die Archive ist, einen Freitagseinsatz bezahlen. Das ließe ich zu einer Institution machen: Eine halbe Stunde vor dem Freien Training gibt es eine Session, in der eben solche Fahrer ihre Chance erhalten. Zugunsten der Sozialverträglichkeit könnte man im offiziellen Sprachgebrauch von "Rookies" statt von "Paydrivern" sprechen - und die Show auf der Strecke würde vielleicht wieder denen gehören, die es tatsächlich verdienen.
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Foto 14/20 Top: Williams gelingt das Comeback. Als Fan der Neunzigerjahre gehört dieser Name für mich einfach zum Formel-1-Zirkus dazu. Das traditionsbehaftete Privatteam mitsamt stimmiger Martini-Lackierung wieder regelmäßig auf das Podium fahren zu sehen, war eine erfrischende Abwechslung. Während das Talent des Valtteri Bottas für mich seit dem Qualifying in Montreal 2013 nicht mehr zur Debatte stand, sind Felipe Massas Leistungen eine Überraschung.
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Foto 15/20 Obwohl erst 33 Jahre alt, wirkte der Brasilianer zu seiner Ferrari-Zeit ausgebrannt und völlig abhängig von seinen geliebten Laborbedingungen. Vom Aufblühen unter Pat Symonds und Rob Smedley hat Massa auch psychologisch profitiert. Wermutstropfen: die ambivalente Rolle, die Williams - obwohl Privatteam - als Mitglied der Strategiegruppe der Formel 1 spielt.
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Foto 16/20 Flop: Kind am Steuer! Wenn Sie mich fragen: Ich würde einem 17-Jährigen meinen Privatwagen nicht leihen, mag er ein noch so guter Autofahrer sein. Wieso Red Bull derart viel Vertrauen in Dreikäsehoch Max Verstappen hat, ist mir ein Rätsel. Der Bengel darf ohne Führerschein in keiner Ortschaft 50 km/h fahren, aber 320 km/h auf dem Nürburgring.
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Foto 17/20 Ich frage mich, wie jemand mit einem Mindestmaß an Lebenserfahrung einen Sport ausüben kann, bei dem es im Ernstfall um Leben und Tod geht. Paintball oder Ego-Shooter sind genau wie ein Cocktail tabu, aber einen Konkurrenten bei Höchstgeschwindigkeit ins Gras drängen - ist in Ordnung! Für die Formel 1 bedeutet die Personalie, dass sie entweder keine motorsportliche Herausforderung mehr ist oder sich in ihren Anforderungen himmelweit von jeder Lebensrealität entfernt hat.
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Foto 18/20 Top: Caterhams Spendenaufruf im Internet. Bernie Ecclestone mag der "Klingelbeutel"-Feldzug genervt haben, mir hat die Aktion in großer Not gefallen. Mit rund 96.000 Euro Gewinn war sie zudem auch kommerziell erfolgreich. Der pfiffige Insolvenzverwalter Finbarr O'Connell hat kein tragfähiges Konzept für die Zukunft erfunden, aber eine Perspektive für die Zukunft aufgezeigt: Öffentliche Finanzierung kann für die Formel 1 niemals ein Modell sein, jedoch die Interaktion der Fans mit der Serie.
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Foto 19/20 Flop: Der Exodus aus Europa. Auch wenn Promoter rund um den Globus über die Ausbeuterei Bernie Ecclestones klagen, mangelt es nicht an Interessenten für neue Grands Prix. Dabei verliert die Königsklasse immer mehr ihre Heimat aus den Augen. Wenn es 2015 zurück nach Mexiko geht, ist das mit der erstaunlich großen Fanbasis (die in Austin jedes Jahr sichtbar wird) noch irgendwie zu rechtfertigen. Was aber bitte will die Formel 1 2016 in Aserbaischan?
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Foto 20/20 Die Strecke mag spektakulär sein, das Land aufstrebend - aber der richtige Ort für Motorsport oder einfach ein Retortenrennen mehr? Auch wenn die Teams es chronisch leugnen und sich krampfhaft an die FIA klammern, darf die Serie nicht blind in Länder ziehen, in denen Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Fakt ist auch: Die Traditionsbahnen in Europa sind für ihren Untergang teilweise mitverantwortlich, was gähnend leere Tribünen beim Deutschland-Grand-Prix in Hockenheim unter Beweis stellten.