GP Singapur
Singapur in der Analyse: Muss der Norris-Sieg Red Bull "Angst machen"?
Formel-1-Liveticker zum Nachlesen: +++ Norris holt dritten Saisonsieg +++ Mercedes-Fahrer im Auto gegrillt +++ Ricciardo schnappt Norris schnellste Runde weg +++
Mercedes-Fahrer im Auto gegrillt
Fall ihr euch fragt, warum ihr noch nichts von den Mercedes-Fahrern selbst gehört habt: Die haben heute gar nicht mit den Medien gesprochen, weil sie nach dem Rennen körperlich angeschlagen waren.
Toto Wolff verrät: "Sie leiden beide an Überhitzung, aber jetzt geht es ihnen gut. Sie haben sich selbst ins Eisbad gelegt, und ich glaube, das hat ein wenig geholfen." Bereits während des Rennens hatte Russell den Mercedes als "Sauna" bezeichnet.
Und auch sportlich sei das Rennen "schmerzhaft" gewesen, so Wolff, denn: "Wenn man sich die Positionen anschaut, Vierter und Sechster, dann ist das nicht gut, vor allem wenn man als Dritter und Vierter startet."
Sein selbstkritisches Fazit: "Es ist im Moment einfach nicht das, was wir von uns selbst erwarten, denn wenn dein schnellstes Auto eine Minute hinter dem Führenden liegt, ist das einfach schwer zu akzeptieren."
P3: "Schadensbegrenzung" für Piastri
Der Australier startete von P5 und landete am Ende auf dem Podium. "Es war ein gutes Rennen", betont er und erklärt: "Es war gestern nicht mein bester Nachmittag, deshalb ist es ein großartiges Ergebnis, wieder auf dem Podium zu stehen."
"Ich habe das Gefühl, dass wir ein wirklich schnelles Auto hatten und eine gute Strategie, um an den Mercedes vorbeizukommen", so Piastri, der verrät: "Das Ziel war es heute, auf das Podium zu kommen."
Er sei daher "einigermaßen glücklich", denn es sei "gute Schadensbegrenzung" nach dem Qualifying gewesen. Er habe zu Beginn des Rennens gewusst, dass er schneller als die Mercedes-Fahrer vor ihm sei. Nur vorbei kam er nicht.
"Ich wusste, dass das Rennen viel später zu mir kommen würde", so der Australier. Und genau das passierte dann auch, denn nach seinem späteren Stopp konnte er beide Mercedes-Piloten auf der Strecke überholen.
Kleiner Lichtblick bei Sauber
P15 und P16 heute bedeuten, dass man das Rennen zumindest nicht auf dem letzten Platz beendet hat. "Ich denke, dass das Rennen heute positiver verlief als die vergangenen, denn wir haben gezeigt, dass wir mit viel Benzin besser mit unseren Konkurrenten kämpfen können", betont Guanyu Zhou.
"Natürlich müssen wir an unserer Ein-Runden-Pace arbeiten, um von einer besseren Position zu starten. Aber insgesamt war es ein gutes Rennen ohne Fehler", zeigt er sich zumindest teilweise zufrieden.
Teamkollege Valtteri Bottas, der eine Position dahinter landete, verrät derweil: "Zu Beginn hatte ich Probleme mit der Überhitzung meiner Vorderradbremsen, was zum Blockieren der Vorderräder führte und mich schließlich Zeit kostete."
Es sei wie erwartet "ein hartes Rennen" gewesen, und die Rennpace sei noch immer nicht gut genug. "Jetzt ist es wichtig, dass wir diese drei Wochen nutzen, um unsere Leistung zu steigern und hoffentlich ein starkes Upgrade nach Austin zu bringen", so Bottas.
Auch nach dem 18. Saisonrennen stehen die Schweizer in der WM weiter bei null Punkten.
Albon: Hätten wieder punkten sollen
Bei Williams ist genau das Gegenteil der Fall. Während Alexander Albon mit einem Kühlproblem ausschied, wurde Teamkollege Franco Colapinto undankbarer Elfter. Albon erklärt, dass der Tag "unglücklich" gelaufen sei.
"Ich glaube, wir hatten ein Auto, mit dem wir an diesem Wochenende in die Punkte hätten fahren können", ärgert er sich und erklärt: "Manchmal hat man ein Auto, das nicht in der Lage ist, in die Punkte zu fahren, und wenn man es dann schafft, ist es sehr befriedigend."
"Aber dieses Wochenende war das Gegenteil der Fall. Wir hatten ein superschnelles Auto und hätten in die Punkteränge fahren müssen, deshalb ist es frustrierend", so der Williams-Pilot.
Auch Teamkollege Colapinto erklärt, dass es nach seinem Start, der ihn in die Top 10 brachte, "möglich" gewesen wäre, dort zu bleiben. Letztendlich habe man aber zu spät gestoppt und dadurch die entscheidende Position an Sergio Perez verloren.
Alonso: Hätten gar keinen Punkt holen sollen
Der Spanier ist mit P8 mehr als zufrieden und erklärt, dass man sich dieses Ergebnis nicht einmal erträumt hätte. Es seien "gute Punkte", so Alonso, "aber wir sind noch immer eine Runde hinten und die Pace ist nicht toll."
Letztendlich habe man also "Glück" gehabt, so viele Punkte mitzunehmen, denn unter anderem profitierte man vom schlechten Qualifying von Sergio Perez im Red Bull, der im Normalfall schneller gewesen wäre.
Das eigene Auto sei zudem auch "schwierig" zu fahren gewesen. "Wir haben in den nächsten Rennen einige neue Teile dabei, die uns hoffentlich zu einer stärkeren Leistung verhelfen werden", so Alonso.
Denn eigentlich hätte Aston Martin an diesem Wochenende "15. und 16." sein sollen, glaubt er. In diesem Fall hätte Teamkollege Lance Stroll dann auch etwas mehr aus dem Auto herausgeholt, der wurde nämlich 14.
Ricciardo: Könnte letztes Rennen gewesen sein
Wo wir gerade beim Australier sind: Der hat in einem Interview nach dem Rennen inzwischen selbst eingeräumt, dass es wohl sein letzter Grand Prix war. Konkret wurde er gefragt, ob man ihn in vier Wochen in Austin noch im Auto sehen werde?
"Es besteht eine realistische Chance, dass das nicht passieren wird", gesteht er und ergänzt: "Ich bin natürlich darauf vorbereitet, und deshalb habe ich am Wochenende auch versucht, mir selbst ein paar Dinge einzugestehen."
Er erklärt: "Manchmal muss man das große Ganze sehen, und ich habe immer gesagt: 'Ich will nicht nur ein Typ sein, der hier in der Startaufstellung steht und ab und zu um einen Punkt kämpft.'"
Doch genau das sei aktuell der Fall, und mit einer Rückkehr zu Red Bull habe es auch nicht geklappt. Daher habe er sich selbst die Frage gestellt, um was er überhaupt noch kämpfe?
"Ich bin auch mal ein junger Fahrer gewesen, und irgendwann will ich auch nicht nur einen Platz [in der Startaufstellung] wegnehmen", betont er und erklärt, er habe daher "Frieden" mit seiner Situation gemacht.
Klingt auf jeden Fall sehr nach einem Abschied.
Ricciardo: War die schnellste Runde unfair?
"Ich habe das nicht kommen sehen", sagt Andrea Stella über die schnellste Runde von Daniel Ricciardo am Ende. Einige vermuten, dass die Racing Bulls damit Schwesterteam Red Bull einen Gefallen tun wollten.
Denn einen Zähler bekam Ricciardo dafür nicht, weil er außerhalb der Top 10 landete. Allerdings nahm er Norris den Bonuspunkt damit weg. Auch für Stella hat das einen gewissen Beigeschmack.
"Ich war etwas überrascht, dass die oberste Priorität der Racing Bulls in Singapur darin bestand, die schnellste Runde des Rennens zu fahren", so der McLaren-Teamchef, der aber auch betont, er freue sich für Ricciardo.
Und fairerweise muss man sagen, dass zuvor ja auch Haas mit Kevin Magnussen versuchte, die schnellste Runde zu fahren. Ihm wurde sie lediglich aberkannt, weil er dabei die Tracklimits überschritt.
Und meine persönliche Vermutung ist eher, dass man Ricciardo damit ein "Abschiedsgeschenk" machen wollte - unabhängig von McLaren.
Leclerc: Rennen am Anfang ein "Albtraum"
Der Monegasse hatte erst in der zweiten Hälfte des Rennens Spaß. "Die ersten 25 Runden waren ein Albtraum, denn ich saß einfach hinter Fernando [Alonso] und Nico [Hülkenberg] fest", berichtet er.
Er hoffte, "dass sie bald an die Box kommen würden, aber das passierte nicht und sie fuhren sehr lange", so Leclerc. Als er dann endlich freie Fahrt hatte, sei es "ein gutes Rennen" gewesen.
Mit P5 habe man anschließend noch das Maximum herausgeholt. Letztendlich habe man den "Preis" für das verkorkste Qualifying gestern bezahlt. Er gesteht aber auch, dass man wohl zumindest Lando Norris so oder so nicht geschlagen hätte.