GP Monaco
Monaco-Sonntag in der Analyse: Erst großer Crash, dann große Langeweile
F1-Liveticker zum Nachlesen: +++ Magnussen: Rennunfall oder nicht? +++ Verstappen: Das war kein Rennfahren! +++ Alpine kündigt "drastische" Maßnahmen an +++
Was war der Plan von Mercedes?
Wir bleiben bei den Silberpfeilen und klären die Frage, warum man beide Piloten auf den harten Reifen ins Rennen schickte? Andrew Shovlin erklärt: "Wir entschieden uns für eine alternative Strategie und starteten mit beiden Autos auf den harten Reifen."
"Das hatte Vor- und Nachteile. Eine rote Flagge oder ein Safety-Car-Einsatz nach dem Stopp der ersten vier Fahrer hätte die Chance geboten, beide Autos auf das Podium zu bringen. Eine rote Flagge auf der ersten Runde wäre jedoch ungünstig gewesen."
Blöd, dass dann eben genau das passierte. "Das brachte uns in eine Situation, in der wir versuchen mussten, mit dem Medium-Reifen bis zum Ende durchzufahren", erklärt Shovlin.
"Die meisten Fahrer achteten sehr auf ihre Reifen, so dass es am Ende relativ einfach zu handhaben war. George schien in der Schlussphase eine gute Pace zu haben und konnte sich gut gegen Max verteidigen", bestätigt er Russells Aussagen.
Die ursprüngliche Taktik hatte sich aber bereits nach wenigen Metern erledigt.
Russell: Unser bestes Rennen des Jahres
Der Mercedes-Pilot ist nach P5 zufrieden und betont: "Das war das beste Rennen unserer bisherigen Saison. Wir hatten eine gute Pace und konnten das gegen Rennende auch zeigen, obwohl wir auf 70 Runden alten Medium-Reifen unterwegs waren."
"Am Ende holten wir auf die Top 4 auf und hatten im Ziel nur ein paar Sekunden Rückstand auf P1. Alles in allem können wir von diesem Wochenende viel Positives mitnehmen", betont er.
Zur Strategie sagt er: "Wir haben heute Morgen viel Zeit damit verbracht, alle Strategieoptionen durchzugehen. Als wir in der Startaufstellung standen und alle vor uns auf der Medium-Mischung waren, war ich sehr zufrieden."
"Es sah sogar noch besser aus, als Carlos [Sainz] auf der ersten Runde stehen blieb. Doch dann kam die rote Flagge und machte uns das Leben schwer. In den ersten 30 Runden ließ ich es ruhig angehen", so Russell.
"Schlussendlich konnte ich die Reifen in einem guten Zustand halten und das Rennen zu Ende fahren. Max [Verstappen] hat mich am Ende ein bisschen unter Druck gesetzt, aber es war alles ziemlich kontrolliert", berichtet er.
Gasly kritisiert Ocon: War anders abgesprochen!
Damit noch einmal zurück zu Alpine: Insgesamt sei er "sehr happy" mit P10 und seinem ersten Punkt des Jahres, betont Gasly. Weniger glücklich ist er natürlich über den Crash mit seinem Teamkollegen. "Ich war ziemlich geschockt", berichtet er.
Die Aktion von Ocon sei "sehr unnötig" gewesen, stellt er klar und betont: "So eine Situation sollte es nie geben, vor allem nicht zwischen Teamkollegen." Es sei daher "einfach traurig" gewesen.
Er sei "enttäuscht" und betont, es habe vor dem Rennen "klare Instruktionen" gegeben, was erlaubt sei. Denn eigentlich sei besprochen gewesen, dass das hintere Auto dem vorderen helfen solle.
"Das war die Strategie. Leider ist das nicht passiert", zuckt er die Schultern und betont, dass man sich so etwas in der aktuellen Situation nicht leisten könne. Man müsse daher sicherstellen, dass so etwas nicht noch einmal passiere.
Es habe "absolut keinen Grund" gegeben, das Aus für beide Fahrer zu riskieren, ärgert sich Gasly.
Alonso dachte, er hätte einen Punkt geholt
Kurios: Der Spanier dachte bis zur Zieldurchfahrt, dass er auf dem zehnten und nicht auf dem elften Platz liegt. Er berichtet: "Ich bin 50 Runden lang gefahren und dachte, ich sei Zehnter. Und als ich dann die Ziellinie überquerte und sie mir P11 sagten, sagte ich: 'Oh, der ganze Stress war also umsonst.'"
Zumindest habe er durch das Missverständnis aber die Anspannung oben gehalten. Insgesamt sei es einfach "ein schlechtes Wochenende" gewesen, denn man sei nicht schnell genug gewesen und habe dann auch noch Pech mit der roten Flagge gehabt.
"Wir sind mit einem harten Reifen gestartet, um [...] eine alternative Strategie zu haben. Dann gibt es eine rote Flagge, also müssen wir den Medium aufziehen und 78 Runden mit dem Medium fahren, was eine Kamikaze-Strategie ist", so Alonso.
Letztendlich sei es "der einzige Weg" gewesen, um überhaupt noch eine Chance auf Punkte zu haben. Aber am Ende fehlte eben eine Position.
Wolff: Habe mir einen Espresso geholt ...
Nicht nur die Fahrer sind nicht happy mit der Bummelfahrt heute. Toto Wolff erklärt im ORF: "Die Ferraris wollten kein [Boxenstopp-]Fenster aufmachen für die McLarens. Umso langsamer wir gefahren sind, um den Medium bis zu Ende zu tragen, umso langsamer sind die gefahren."
"Ich habe das noch nie gemacht in den letzten zwölf Jahren, aber ich habe mir einen Joghurt geholt und einen Espresso zwischendurch", schmunzelt er, und auch Christian Horner ist nicht glücklich damit, wie es heute gelaufen ist.
Es sei kein echtes Racing, "wenn man einfach drei oder vier Sekunden unter der Pace herumfährt, weil das andere Auto keine Chance zum Überholen hat." Er wiederholt seine Kritik, dass die modernen Autos einfach zu groß für Monaco seien.
"Gott sei Dank gab es Lance Stroll. Er war der Einzige, der im Rennen überholen konnte, glaube ich", so Horner. Fairerweise sei dazu angemerkt, dass es auch noch ein, zwei andere Manöver weiter hinten im Feld gab.
Leclerc: Habe zwei Runden vor Schluss geweint
Man konnte dem Monegassen unmittelbar nach der Zieldurchfahrt ansehen, wie emotional dieser Sieg für ihn war. Während des Siegerinterviews hatte er Tränen in den Augen - und laut eigener Aussage auch schon davor.
"Zwei oder drei Runden vor Schluss kam ich aus dem Tunnel und merkte, dass ich kaum noch etwas sehen konnte, weil meine Augen ein wenig zu tränen begannen", verrät er bei Sky und erklärt, er habe sich dann zusammenreißen müssen.
"Es bedeutet mir sehr viel. Es ist das Rennen, von dem ich schon als Kind geträumt habe, es zu gewinnen. Die Leidenschaft für den Rennsport habe ich von diesem Rennen, zusammen mit meinem Vater, der alles für mich getan hat, um dorthin zu gelangen."
"Natürlich war meine Mutter auch unter dem Podium, was die Emotionen noch verstärkt, zusammen mit meinen Brüdern, meiner Freundin, all meinen Freunden. Alle sind hier, das macht es so besonders", so der Monegasse.
Er habe zudem an seinen verstorbenen Vater und seinen guten Freund Jules Bianchi denken müssen. Das habe es in den letzten 15 Runden so schwer gemacht, weil ihm alle möglichen Gedanken durch den Kopf gegangen seien.
Verstappen genervt: Das war kein Rennfahren
"Jeder hat natürlich die Reifen gemanaged bis zum Ende, da haben wir gar nichts machen können", fasst der Weltmeister sein Rennen im ORF zusammen und verrät: "Ich glaube, ich bin vier bis sechs Sekunden langsamer gefahren als normal."
"Alle haben die Reifen gemanaged, und das ist natürlich nicht Rennfahren", winkt er ab, und auch Lewis Hamilton erklärt: "Ich weiß nicht, wie es sich beim Zuschauen anfühlte, aber ich bin sicher, dass die Leute eingeschlafen sind."
Das Problem sei gewesen, dass man die komplette Renndistanz auf einem Reifensatz fahren konnte. "Die Reifenmischung ist hier zu hart", resümiert er und schlägt für die Zukunft zum Beispiel mehr Pflichtboxenstopps vor, um etwas mehr Spannung zu haben.
Marko: Crash kostet bis zu "drei Millionen"
Helmut Marko scheint heute ebenfalls nicht gut auf Kevin Magnussen zu sprechen zu sein. Bei Sky erklärt er: "Es ist wieder ein Unfall, wo Magnussen involviert war. Das muss man sich genau anschauen auf den Wiederholungen."
"Ich war überrascht, wie schnell [die Rennkommissare] den Vorfall ad acta gelegt haben", wundert er sich und erklärt: "Erstens war es die Gefährlichkeit, zum anderen ist der Schaden zwei, drei Millionen."
"Und das ist mit der Budget-Cap-Regelung für uns ein großes Handicap", ärgert er sich und betont: "Gott sei Dank ist das gut ausgegangen, aber [es war] eine sehr kritische Situation."
Auch Experte Timo Glock betont: "Da sind viele, viele Teile geflogen. Zum Glück ist keiner der Streckenposten verletzt worden, da hätte es auch anders ausgehen können."