• 13. Dezember 2022 · 15:14 Uhr

Transferchaos bei den Formel-1-Teamchefs: Was ist der Auslöser?

Selten war in den Führungsriegen der Formel-1-Teams so viel Bewegung - Das hat auch mit einem neuen Profil des Teamchefs in Zeiten des Kostendeckels zu tun

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 ist es gewohnt, dass es in der "Silly Season" zu explosiven Bewegungen auf dem Fahrermarkt kommt, wenn Abgänge oder Wechsel einen Dominoeffekt auslösen. Man denke nur daran, wie Sebastian Vettel vor der Sommerpause bekannt gab, sich Ende der Saison aus der Formel 1 zurückzuziehen.

Foto zur News: Transferchaos bei den Formel-1-Teamchefs: Was ist der Auslöser?

Andreas Seidl und Fred Vasseur wechseln ab 2023 die Teams Zoom Download

Das löste eine Kette von Ereignissen aus, die mit Fernando Alonso bei Aston Martin, Pierre Gasly bei Alpine und Nyck de Vries bei AlphaTauri endete - und dabei ist die Rochade um Oscar Piastri bei McLaren noch gar nicht berücksichtigt.

Was viel seltener vorkommt, ist, dass diese Art von verrücktem Personalkarussell die Teamchefs der Formel 1 in jenem Ausmaß betrifft, wie es diese Woche der Fall war.

Zwar sind Wechsel in der Führungsriege nichts Ungewöhnliches, wie Otmar Szafnauers Gang von Aston Martin zu Alpine im letzten Winter gezeigt hat. Aber dass vier Teams in der nächsten Saison neue Teamchefs haben werden, ist schon ziemlich extrem.

Allein an diesem Dienstag wurde bestätigt, dass Fred Vasseur neuer Teamchef bei Ferrari wird, während McLaren den Abschied von Andreas Seidl und die Beförderung von Andrea Stella an seiner Stelle verkündete. Am Tag zuvor hatte bereits Williams mit der Meldung schockiert, dass Jost Capito zurücktritt.

Teamchef hat mehr Verantwortung denn je

Während die Veränderungen bei Ferrari, Alfa Romeo, McLaren und Williams in dieser Woche alle die Folge leicht unterschiedlicher Umstände sind, gibt es ein gemeinsames Thema, das sie verbindet: In der Ära der Kostendeckelung in der Formel 1 liegt die Verantwortung wie nie zuvor beim Teamchef.

Es gab eine Zeit, sogar noch vor ein paar Jahren, da bestand eine der Hauptaufgaben der Teamchefs darin, sich an den Vorstand des Unternehmens oder den Automobilhersteller zu wenden und zu versuchen, die für die eigene Arbeit erforderlichen Mittel zu erhalten.

Und wenn es darum ging, in der Startaufstellung aufzusteigen, einen potenziellen Abstieg abzuwenden oder ein falsches Fahrzeugkonzept zu korrigieren, dann war der beste Weg, um die Dinge in Ordnung zu bringen, einen weiteren Scheck auszustellen, damit ein Team seine Performance verbessern konnte.

Diese Zeiten sind jedoch längst vorbei. Mit der Einführung der Budgetobergrenze ist die Formel 1 kein Ausgabewettbewerb mehr, bei dem Fehler mit zusätzlichem Geld vertuscht werden können. Stattdessen kommt es jetzt darauf an, effizient zu arbeiten, diszipliniert zu sein, gut zu planen und vor allem klug zu sein.

Die Budgets sind endlich und für alle in der Startaufstellung gleich, was bedeutet, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, sich hinter der Ausrede zu verstecken, dass die Konkurrenten nur deshalb besser abschneiden, weil sie über größere Budgets verfügen.

Alle haben dasselbe. Wenn man es also vermasselt, ist man selbst schuld. Die Teamchefs tragen mehr denn je Verantwortung dafür, ob die Ziele auf der Strecke erreicht werden.

Wenn das Geld knapp ist, zählt Effizienz

Im Fall von Jost Capito hatte Williams nicht die Fortschritte erzielt, die sich der Eigentümer Dorilton Capital unter den neuen Formel-1-Regeln ab 2022 erhofft hatte. Und so wurde beschlossen, mit ihm und dem von ihm verpflichteten Francois-Xavier Demaison, seines Zeichens Technikchef, nicht weiterzumachen.

Mattia Binotto trat zurück, nachdem Ferrari-Chef John Elkann und CEO Benedetto Vigna das Vertrauen in ihn verloren hatten. Sie waren der Meinung, dass das Team in der Formel-1-Saison 2022 nicht alles geliefert hatte, wozu es in der Lage gewesen wäre.

Dass Ferrari Vasseur verpflichtet und Sauber Seidl geholt hat, verdeutlicht den Trend, sich für Führungskräfte zu entscheiden, die genau wissen, was in Zeiten des Kostendeckels am besten ist. Leistung entsteht nicht dadurch, dass man bei jedem Rennen einen neuen Frontflügel bringt, denn dafür ist das Geld zu knapp.

Stattdessen geht es darum, in den Bereichen besser zu werden, in denen Verbesserungen tatsächlich umsonst zu haben sind. Man muss wissen, worauf man sich beim Personal und der Besetzung von Stellen konzentrieren sollte, damit von jedem Mitglied der Organisation das Maximum herausgeholt werden kann.

Man muss die Regeln und Ausnahmen genau kennen, um zu gewährleisten, dass alle Ausgaben zu 100 Prozent der Fahrzeugleistung dienen und nicht verschwendet werden.


Fotostrecke: Formel-1-Teamchefs, die für mehrere Teams tätig waren

Man muss sicherstellen, auf allen Ebenen das Beste zu haben - vom Konstrukteur, der am Computer ein Fahrzeugkonzept entwirft, bis zur Boxencrew, die am Rennsonntag die Räder wechselt. Bei jedem Schritt muss jeder Einzelne seinen Beitrag leisten.

Denn es gibt keine Redundanz mehr im System, die Schwächen überdecken könnte. Deshalb müssen die Teamchefs auch Motivatoren sein: Sie müssen ihre Truppe vorantreiben. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter voll und ganz an das glauben, was sie tun, und an die Reise, auf die sie sich begeben.

Der Teamchef als Allrounder, der alles kann

Entscheidend ist jetzt auch das Timing der Upgrades. Man will nicht zu früh in der Saison zu sehr nachrüsten, um dann später, wenn das Geld ausgeht, ohne etwas dazustehen. Doch wer zu früh anfängt und Entwicklungen auf die spätere Phase der Saison verschieben, läuft Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten.

Man muss die Dinge also genau richtig angehen. Dabei sind all diese Elemente etwas, das nur ein kluger und erfahrener Teamchef auf Anhieb richtig einschätzen kann - ein Teamchef, der das System genau kennt, der es erlebt und gelebt hat.

So ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass McLaren unter Seidl Ende vergangenen Jahres eine Einstellungsoffensive startete. Man wusste um die Bereiche, wo die Investitionen unter den Bedingungen des Kostendeckels am besten angelegt sind.

Seidl sagte dazu beim diesjährigen Grand Prix von Abu Dhabi, dem letzten Rennen der Saison 2022: "Deshalb haben wir hart gearbeitet, auch zusammen mit der Finanzabteilung, um Synergien und Effizienzsteigerungen zu finden - wohl wissend, dass wir in einem Umfeld der Kostendeckelung operieren."

"Das hat es uns ermöglicht, vor etwa zwei Monaten eine bedeutende Kampagne zur Einstellung weiterer Ingenieure zu starten, um einfach mehr Leute zur Verfügung zu haben, damit wir in Zukunft mehr Dinge parallel machen können", so Seidl.

Die Budgetobergrenze macht eine andere Herangehensweise notwendig, wobei der Teamchef wie nie zuvor im Mittelpunkt steht. Das bringt zusätzliche Verantwortung mit sich, was zusätzlichen Ruhm bedeutet, wenn die Dinge gut laufen. Man steht jetzt aber auch direkt in der Schusslinie, wenn sie nicht gut laufen.

Aktuelles Top-Video
Foto zur News: TV-Quoten im Sinkflug: Macht das Geld den Sport kaputt, Marc Surer?
TV-Quoten im Sinkflug: Macht das Geld den Sport kaputt, Marc Surer?

Das WM-Finale in Jerez 1997 haben mehr als 15 Millionen Menschen bei RTL...

Fotos & Fotostrecken
Foto zur News: Melbourne: Die Fahrernoten von Marc Surer und der Redaktion
Melbourne: Die Fahrernoten von Marc Surer und der Redaktion
Foto zur News: F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024
F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024
Sonntag

Foto zur News: F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024
F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024
Samstag

Foto zur News: F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024
F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024
Freitag

Foto zur News: F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024
F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024
Technik
Folge Formel1.de
Videos
Foto zur News: TV-Quoten im Sinkflug: Macht das Geld den Sport kaputt, Marc Surer?
TV-Quoten im Sinkflug: Macht das Geld den Sport kaputt, Marc Surer?
Foto zur News: Krise bei Mercedes: Wer kommt nach Lewis Hamilton? | Interview Marc Surer
Krise bei Mercedes: Wer kommt nach Lewis Hamilton? | Interview Marc Surer

Foto zur News: Nach Melbourne-Foul: Wechselt Alonso zu Red Bull?
Nach Melbourne-Foul: Wechselt Alonso zu Red Bull?

Foto zur News: Red Bull versagt in Melbourne! Kippt die WM?
Red Bull versagt in Melbourne! Kippt die WM?
formel-1-countdown
Formel-1-Datenbank
Formel-1-Datenbank: Ergebnisse und Statistiken seit 1950
Formel-1-Datenbank:
Ergebnisse und Statistiken seit 1950

Jetzt unzählige Statistiken entdecken & eigene Abfragen erstellen!

Anzeige Unser Formel-1-Shop bietet Original-Merchandise von Ferrari Racing Teams und Fahrern - Kappen, Shirts, Modellautos und Helme von Charles Leclerc und Carlos Sainz