• 23. September 2022 · 09:43 Uhr

So selbstkritisch spricht Sebastian Vettel über seinen Rücktritt

Sebastian Vettel spricht über die Beweggründe für seinen Rücktritt aus der Formel 1 und gibt offen zu, dass er mit einem Siegerauto vielleicht weitergemacht hätte

(Motorsport-Total.com) - "Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass ich nicht mehr ganz vorn mitfahre." Sebastian Vettel macht keinen Hehl daraus, dass er womöglich noch nicht zurückgetreten wäre, würde er in der Formel 1 immer noch um WM-Titel kämpfen. Doch die eigentlichen Beweggründe dafür, seine Karriere per Saisonende 2022 an den Nagel zu hängen, sind andere.

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Sebastian Vettel reflektiert selbstkritisch über die Gründe für seinen Rücktritt Zoom Download

Es helfe ihm "auch nicht mehr, mir einzureden, es gäbe nichts Größeres, als einen Formel-1-Rennwagen richtig abzustimmen", sagt Vettel in einem Interview mit der Wochenzeitung 'Die Zeit'. Demnach falle es ihm schwer, sich als einer, der bereits vier WM-Titel gewonnen hat, für Ergebnisse wie 2022 zu motivieren.

Zur Erinnerung: Vettels beste Ergebnisse in bisher 14 Rennen waren ein sechster und zwei achte Plätze. Das liegt zum Großteil am Aston Martin, denn Vettel hat viermal so viele Punkte gesammelt wie sein Teamkollege Lance Stroll. Aber natürlich stellen sich irgendwann auch mal Selbstzweifel ein.

"Bewusst wurde mir das vor zwei Jahren", räumt der 35-Jährige ein. "Als es hier bei Aston Martin überhaupt nicht lief, fragte ich mich: Kann ich meinen Job überhaupt noch? Über sowas redet man ja als Profi nicht, irgendwie scheint das verpönt zu sein. Aber wenn es so war? Persönliche Schwäche und Gedanken darüber gehören doch zur Leistung und auch zum Erfolg dazu."

Warum die Aston-Jahre auch irgendwie positiv waren

"Zumindest für diese Erkenntnis waren die vergangenen beiden Jahre für mich Gold wert. Aber das begann schon, als meine Kinder geboren wurden, damals habe ich es nur nicht so reflektiert. Ich meine das gar nicht negativ, aber seitdem gehört ein Stück meines Lebens eben nicht mehr mir selber, sondern meinen Kindern."

Vettel hat zwei Töchter, die 2014 und 2015 geboren wurden, und einen Sohn, der 2019 zur Welt kam. Seit er Vater ist, hat er keine Weltmeisterschaft mehr gewonnen. Daraus einen kausalen Zusammenhang zu konstruieren, wäre falsch; aber Vettel gibt zu, dass es ihm seit der Geburt seiner Kinder schwerer fällt, über seine Grenzen zu gehen.

"Das bedeutet jetzt aber nicht, dass ich in Zukunft eine Art Helikoptervater sein will. Ich muss nicht jede Minute meine Kinder betreuen, und das soll auch nicht meine einzige Lebensaufgabe sein", sagt er. "Aber ich verspüre als Vater den Antrieb, alles in dem Sinne zu tun, dass aus den Kindern eine bessere Version von uns beiden heranwächst. Von meiner Frau und von mir."

Vettel: Einer, der selbstkritisch reflektiert

Der Vettel von 2022 fällt auch dadurch auf, dass er sich selbstkritisch betrachtet. Wenn ihm Kritiker seines Engagements für Klima- und Umweltschutz vorwerfen, er sei ein Heuchler, gibt er das offen zu. Und wenn ihm in einem Interview die Frage gestellt wird, ob er weitergemacht hätte, wenn ihm ein Angebot eines Topteams vorgelegen wäre, antwortet er darauf erstaunlich ehrlich.

"Die Frage habe ich mir auch gestellt. Ich kann sie Ihnen nicht zu 100 Prozent beantworten, weil es die Option nicht gab", gibt Vettel zu. "Nach all den Selbstzweifeln, die in mir hochgekommen sind, war für mich die Erkenntnis wichtiger, dass es okay ist aufzuhören." Auch wenn er einräumt: "Klar wäre das eine tolle Sache, als Champion auf dem Höhepunkt abzutreten."

Sommer 2020: Wie konkret war es mit Red Bull?

Die vielleicht letzte Gelegenheit, doch noch einmal in einem absoluten Topteam unterzukommen, hatte Vettel wahrscheinlich im Juli 2020, als 'Motorsport-Total.com' von Gesprächen über eine Rückkehr zu Red Bull berichtet hat. Eine Darstellung, die damals vehement dementiert, inzwischen aber sogar von Teamchef Christian Horner bestätigt wurde.


Marc Surer: "Sebastian Vettel ist trotzdem ein Superfahrer!"

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Bei Sebastian Vettel stehen in seiner Formel-1-Karriere vier Weltmeisterschaften auf dem Konto, diese hat er allerdings alle nur mit einem Team gewonnen. Ist das wirklich genug? Formel-1-Experte Marc Surer fällt sein Urteil. Weitere Formel-1-Videos

Vettel selbst sagt jetzt, von 'Motorsport-Total.com' darauf angesprochen, dass die Gespräche "nie wirklich ernst" geworden seien, aber: "Ich kenne Christian, ich kenne Helmut (Marko, Red-Bull-Motorsportkonsulent; Anm. d. Red.). Natürlich habe ich mich mit ihnen unterhalten, und wir hatten ein kurzes Gespräch darüber."

Zu dem Punkt, dass ganz konkret darüber verhandelt wurde, sei es jedoch nicht gekommen. Und Vettel entschied sich damals anders. Anstatt darauf zu hoffen, dass Red Bull Alexander Albon rausschmeißen würde, unterschrieb er bei Aston Martin. "Im Nachhinein kann man sich natürlich immer fragen, was wäre gewesen wenn. Aber ich bin im Reinen mit der Entscheidung", sagt Vettel.

"Wir hatten erwartet, vergangenes und auch dieses Jahr konkurrenzfähiger zu sein, aber wir waren es nicht. Ich bin zufrieden damit, wie sich das Team weiterentwickelt und wie wir zusammenarbeiten. Auf diesen Positionen zu fahren, ist natürlich nicht gerade mein Traum. Aber es ist eine Herausforderung, die ich akzeptiert und angenommen habe."

Frage von Tom Clarkson: Wird Vettel Red-Bull-Berater?

Doch der Vertrag mit Aston Martin endet bald, und dann ist Vettel wieder ein "free Agent". Einen Job als TV-Experte hat er zwar ausgeschlossen, nicht jedoch, dass er der Formel 1 in irgendeiner Form verbunden bleiben könnte. Vielleicht als Berater von Red Bull? "Ich weiß es nicht", winkt er ab. "Jetzt höre ich mal auf und denke über sowas noch nicht nach."

"Sollte sich so ein Angebot ergeben, werde ich darüber nachdenken, ob es mich reizt oder nicht. Das werde ich dann sehen", sagt Vettel. "Erstmal freue ich mich drauf, mehr Zeit für andere Dinge zu haben und meine Kinder öfter zu sehen. Dann warten wir ab, ob ich mich nach drei Monaten oder erst nach drei Jahren anfange zu langweilen."

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