• 26. April 2022 · 13:21 Uhr

Wie Ross Brawn die Formel-1-Teams von mehr Sprints überzeugen will

In der Saison 2023 soll es in Formel 1 mindestens sechs Sprints geben: Mit den kurzen Rennen am Samstag verfolgt die Serie gleich mehrer Ziele

(Motorsport-Total.com) - Bei der Sitzung der Formel-1-Kommission am heutigen Dienstag wird auch das Thema Sprints auf der Agenda stehen. Die Formel-1-Führung rund um CEO Stefano Domenicali und Sportchef Ross Brawn will die Anzahl der kurzen Rennen am Samstag in der kommenden Saison auf sechs erhöhen.

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In Imola fand der erste Sprint der Formel-1-Saison 2022 statt Zoom Download

Das war eigentlich schon in diesem Jahr geplant, scheiterte aber am Widerstand der Formel-1-Teams, der sich vor allem rund um die finanziellen Aspekte im Rahmen der Kostenobergrenze entspann. Daher wurden die Pläne für Sprints in Bahrain, Kanada und den Niederlanden fallen gelassen und es gibt wie in der vergangenen Saison drei Sprints - den ersten am vergangenen Samstag in Imola, weitere in Österreich und wie im Vorjahr in Brasilien.

2023 sollen es dann aber sechs Sprints werden. Für das neue Format, welches vor allem unter traditionellen Formel-1-Fans umstritten ist, führt Brawn mehrere Argumente ins Feld. "Wir hatten immer das Ziel, neue Fans für die Formel 1 zu begeistern", sagt er im Gespräch mit der englischsprachigen Ausgabe von 'Motorsport.com'.

Sprints sollen junge Zuschauer ansprechen

Dieses Ziel hätten Rechteinhaber Liberty Media in den vergangenen Jahren zum Teil schon erreicht. Laut Brawn werde das Formel-1-Publikum immer jünger - was auch wichtig sei. "Wir sind besorgt, dass die Formel 1 zu einem Sport für alte weiße Männer wird", sagt der Formel-1-Sportchef.

"Wir sind besorgt, dass die Formel 1 zu einem Sport für alte weiße Männer wird."Ross Brawn
Eine wichtige Frage sei für die Formel 1 "Wie können wir neue Leute ansprechen, wie können wir neue Fans gewinnen, wie können wir Fans mit verschiedenen Hintergründen für den Sport begeistern?", so Brawn.

Eine Rolle spiele dabei auch das veränderte Mediennutzungsverhalten. "Wir haben schon früh festgestellt, dass mundgerechte Häppchen der Formel 1 beliebt sind. Und das hat sich in den sozialen Medien, mit Streaming-Diensten, YouTube-Zusammenfassungen und all dem Rest bewährt. Das hat seinen Zweck erfüllt", sagt Brawn.

"Aber wir waren auch der Meinung, dass ein halbstündiges Rennen mit viel Action und ohne Strategie sehr reizvoll sein kann." Beim Sprint spiele es keine Rolle, wer wann auf welche Reifen wechselt, ob ein Undercut oder ein Overcut funktioniert.

"So etwas ist fantastisch für die Leute, die sich wirklich mit der Formel 1 beschäftigen, das wollen wir ihnen nicht verderben", will Brawn der strategischen Komponente der klassischen Formel-1-Rennen nicht die Bedeutung absprechen.

"Aber bei einem kurzen Rennen ohne Strategie kommt der Reifenverschleiß ins Spiel, und ich denke, jeder versteht, dass die Reifen sich abnutzen", so der Formel-1-Sportchef weiter. "Das war es also, was wir schaffen wollten, und wir sind auf dem besten Weg, das zu tun."

Mit Sprints an allen drei Tagen Entscheidungen

Ein weiterer positiver Effekt der Sprint ist für Brawn eine Aufwertung des Freitags. Während dieser beim traditionellen Grand-Prix-Format nur aus Freien Trainigs bestehe, findet am Sprint-Wochenende mit dem Qualifying dann bereits eine erste Entscheidung statt - gefolgt vom Sprint am Samstag und dem eigentlichen Rennen am Sonntag.

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Ross Brawn findet wichtige Argumente für mehr Sprints Zoom Download

"Das ist für einen Veranstalter großartig. Ich meine, alles, was wir tun können, um die Plätze für einen Veranstalter zu füllen und die Leute dazu zu bringen, öfter vor den Fernseher zu gehen, ist positiv", findet Brawn.

Nach der Einführung der Sprints im vergangenen Jahr wurden die Regeln in dieser Saison angepasst. So wird die Poleposition 2022 nicht mehr dem Sieger des Sprints, sondern dem schnellsten des Qualifyings zugesprochen - eine Art Entgegenkommen den Traditionalisten gegenüber.

Wird künftig ein Sprint-Champion gekrönt?

Zudem wurde der sportliche Wert des Sprints deutlich aufgewertet. Bekamen im vergangenen Jahr nur die Top 3 Punkte, sind es nun die besten acht. Insgesamt kann ein Fahrer bei den drei Sprints in der Saison 2022 24 Punkte gewinnen, fast genau so viele wie für einen Rennsieg am Sonntag. Und bei einer Ausweitung der Sprints auf sechs pro Saison würde diese Bedeutung noch steigen, was auch kommerzielle Möglichkeiten biete.


Fotostrecke: Formel 1 2022 Imola: Das Wichtigste zum Samstag

"Sechs ist eine recht beachtliche Zahl, wenn es darum geht, einen kleinen Sprint-Preis zu schaffen", sagt Brawn. "Ich spreche nicht von einer Meisterschaft, denn ich glaube nicht, dass wir das tun sollten, sondern von einer Mini-Sprint-Auszeichnung, also wer ist der Sprint-Champion in diesem Jahr? Wir könnten dann einen kommerziellen Partner für den Sprint finden, wenn er genug Substanz hat."

Der Formel-1-Sportchef stellt allerdings klar, dass er Sprints nicht um jeden Preis will. "Wir müssen die richtigen Strecken auswählen, und ehrlich gesagt, werden wir in Monaco keinen Sprint veranstalten, so Brawn. "Aber wir können zu den Veranstaltern gehen und sagen: Ist das etwas, das ihr nutzen wollt, ist das etwas, das ihr den Leuten verkaufen wollt?"

Sprints als Ergänzung, die das Hauptrennen nicht entwerten darf

Wichtig sei, die Sprints als eine Ergänzung zu sehen, die das Hauptrennen am Sonntag nicht entwerten darf. "Und ich glaube nicht, dass wir das tun. Ich glaube nicht, dass das heutige Rennen durch das, was wir gestern gemacht haben, in irgendeiner Weise kannibalisiert oder verdorben wurde", sagt Brawn in dem am vergangenen Sonntag nach dem Rennen in Imola geführten Gespräch.

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Für Unfälle bei Sprints dürfen die Teams mehr ausgeben Zoom Download

Haupt-Knackpunkt in der Diskussion um mehr Sprints sind die finanziellen Auswirkungen auf die Budget-Obergrenze. Laut aktuellem Reglement dürfen die Teams pro Sprint 150.000 US-Dollar mehr ausgeben. Bei Unfällen im Sprint kann das Budget um weitere 100.000 US-Dollar angehoben werden. Allerdings dürfte der Crash von Guanyu Zhou am vergangenen Samstag in Imola Alfa Romeo deutlich mehr gekostet haben.

Brawn moniert in diesem Zusammenhang, dass die Teams zu einseitig nur auf die zusätzlichen Ausgaben schauen und nicht den positiven Gesamteffekt der Sprint für die Formel 1 betrachten würden. "Es wäre schön, wenn sie das große Ganze sehen können, aber das ist nicht wirklich ihre Spezialität", weiß der frühere Teamchef.

Ferrari stimmt sechs Sprints pro Saison zu

"Wir brauchen nicht die Zustimmung aller Teams, wir können die Hälfte der Teams dazu bringen, zuzustimmen, und ich denke, dass wir dazu in der Lage sein sollten", sagt Brawn mit Blick auf die Sitzung der Formel-1-Kommission. "Ich denke, die gestrige Veranstaltung war ein perfekter Einstieg in die Diskussion am Dienstag. Eine bessere Werbung für den Sprint können wir nicht haben."

Ein Team muss Brawn nicht mehr überzeugen. "Als Ferrari sind wir dafür", sagt Teamchef Mattia Binotto. "Denn wir glauben, dass es uns insgesamt in der Zukunft gute Möglichkeiten und bessere Chancen für die Show und für die Einnahmen bieten wird. Daher denke ich, dass es richtig ist, es [den Plan der Ausweitung auf sechs Sprints] zu unterstützen."

"Was die Kosten anbelangt, so wurde dies bereits besprochen. Wir wissen, was es im Hinblick auf die Budgetobergrenze oder die Einnahmen wert sein könnte. Was das Format betrifft, ist das eine andere Sache", so der Ferrari-Teamchef weiter. "Ich denke, es gibt einige Ideen, vielleicht sogar mehr als nur ein paar Ideen auf dem Tisch, aber das wird am nächsten Dienstag diskutiert werden. Und wir werden sehen, was dabei herauskommt."

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