• 26. März 2022 · 17:44 Uhr

Formel-1-Zukunft von Saudi-Arabien: "Es wird Diskussionen geben"

Wie sich die Teamchefs der Formel 1 über die Sicherheitslage in Saudi-Arabien äußern und warum die Zukunft des Rennens erst im Nachgang erörtert werden soll

(Motorsport-Total.com) - Wenn nur knapp 15 Kilometer neben der Rennstrecke ein Geschoss explodiert und große Schäden verursacht, wie kann die Formel 1 in diesem Umfeld ein Rennwochenende austragen? Noch dazu in einem Land, das an der Todesstrafe festhält und Menschenrechten kaum Geltung einräumt? Diese Fragen stellten Journalisten in der Pressekonferenz von Dschidda den anwesenden Teamchefs. Es gab viele ausweichende Antworten.

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Formel 1 in Saudi-Arabien: Dschidda trägt zum zweiten Mal einen Grand Prix aus Zoom Download

Williams-Teamchef Jost Capito zum Beispiel verwies darauf, dass die Kalenderplanung "nicht in der Verantwortung" der Teams liege. Auch Aston-Martin-Teamchef Mike Krack betonte: "Nicht die Teams machen den Kalender, das tun FIA und Formel 1. Wir geben aber natürlich gerne eine Einschätzung ab, wenn wir darum gebeten werden." Wann wo gefahren wird, das sei also grundsätzlich nicht die Sache der Rennställe.

Und in Saudi-Arabien wird gefahren, trotz der Explosion am Freitag und der Bedenken, die im Formel-1-Fahrerlager herrschen. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto sagt ganz klar: "Alle waren besorgt. Denn es ist nicht normal, wenn sich sowas nahe an der Strecke ereignet."

Warum die Formel 1 vor Ort bleibt

Warum sich die Teams trotzdem für das Weitermachen in Dschidda ausgesprochen haben? Weil Formel 1, Regierungsbehörden und Sicherheitsdienste ihnen versichert hätten, es sei auch am Freitag "alles sicher und unter Kontrolle gewesen", so Binotto.

Der Ferrari-Teamchef weiter: "Das mussten wir den Fahrern erklären. Wir haben ihnen die Situation erklärt und ihnen zu verstehen gegeben, dass wir tatsächlich sicher sind."

Die Formel-1-Fahrer wiederum haben sich in der Nacht von Freitag auf Samstag über Stunden unter sich darüber unterhalten, welche Position sie in der Frage einnehmen würden, ob die Formel 1 ihr Wochenende abbrechen soll oder nicht. Schlussendlich, so heißt es, habe man die Fahrer davon überzeugt, es bestehe keine Gefahr für die Veranstaltung in Dschidda.

Oder wie es Binotto ausdrückt: "Es gab lange Diskussionen, die auch wichtig sind für die Transparenz. Danach haben [die Fahrer] es einfach verstanden. Sie unterstützen, dass es wichtig ist, vor Ort zu bleiben und das Wochenende fortzusetzen."

"In gewisser Weise wäre es meiner Meinung nach einfach nicht die richtige Entscheidung gewesen, das Land zu verlassen. Es gab nach den uns gemachten Versprechen keinen Grund, das Land zu verlassen."

Capito sieht das ähnlich und meint: "Solange wir die Bestätigung haben, dass es eine Sicherheit gibt, dann sind wir auch sicher."

Die Lage in Saudi-Arabien kommt "nicht überraschend"

Außerdem komme die Situation in Saudi-Arabien nicht überraschend, für niemanden. Die Region werde "schon seit Jahren" von Terrorakten heimgesucht. "Ich glaube, zu Jahresbeginn 2021 gab es einen Raketenangriff bei der Formel E, und wir hatten keine Bedenken, als wir Ende 2021 [nach Dschidda] gereist sind. Die Situation hat sich vor diesem Wochenende nicht verändert", sagt Capito.

Er hält es auch für falsch, den Grand Prix in Saudi-Arabien nach Beginn der Veranstaltung in Frage zu stellen: "Ich glaube, man hätte die Diskussion vorab führen sollen. Jetzt findet sie nach dem Rennwochenende statt, nicht währenddessen."

Letzteres hält Haas-Teamchef Günther Steiner ebenfalls für korrekt. Begründung: "Jetzt ist nicht der Moment, um darüber zu diskutieren, ob es richtig oder falsch ist, dass wir überhaupt hier sind. Das kommt noch, und wir werden darüber sprechen."

"FIA und Formel-1-Management werden sich das anschauen. Dann wird eine Entscheidung getroffen. Jetzt müssen wir uns auf die Veranstaltung am Wochenende konzentrieren, die zu Ende bringen und dann neu ansetzen."

McLaren-Teamchef Seidl: Falsche Frage?

Und bei diesem "neu ansetzen" wird es laut Aston-Martin-Teamchef Krack "sicherlich viele Diskussionen" geben. Wobei das McLaren-Teamchef Andreas Seidl nicht unbedingt nachvollziehen kann. Auf die Frage, ob die vielen Millionen Euro, die die Formel 1 in Saudi-Arabien für ihr Rennen einsteckt, die große Kritik an der Rennserie aufwiegen würden, sagte er schlicht: "Das ist in meinen Augen nicht der Punkt."

"Ich fühle mich wohl damit, in der Formel 1 ein Teil eines Weltsports zu sein und die Chance zu haben, dabei zu helfen, positive Änderungen in den Ländern anzustoßen, die wir besuchen. Das ist für mich das wahre Thema dieser Diskussion", meint Seidl.

"Und ich denke nicht, dass wir Abstand nehmen sollten von diesen Ländern, weil wir Kritik erfahren. Ich sehe eine einmalige Chance für uns als ein Sport, die Leidenschaft für die Formel 1 zu teilen und positive Änderungen anzustoßen, nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Gesellschaft in den Ländern. Deshalb fühle ich mich wohl mit der Entscheidung der Formel 1, hier ein Rennen zu fahren."

Und die Formel 1 plant langfristig mit Saudi-Arabien, "definitiv ein Jahrzehnt lang oder länger", wie es Chloe Targett-Adams als Leiterin der Rennpromotion in der Formel 1 im Februar 2021 formuliert hat.

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