• 05. Dezember 2021 · 18:07 Uhr

Ein Team Sportwarte für alle Strecken: Warum das nicht funktioniert

Der frühere Formel-1-Fahrer Martin Brundle erklärt, weshalb permanente Sportwarte und Sportkommissare nur in der Theorie eine gute Idee sind

(Motorsport-Total.com) - Sportwarte und Sportkommissare der Formel 1 stehen derzeit im Fokus wie selten zuvor. Denn nach den jüngsten Ereignissen um die WM-Titelkandidaten Lewis Hamilton und Max Verstappen in Brasilien und in Katar mehren sich die Stimmen, die sich permanentes Personal an der Rennstrecke wünschen - für mehr Konstanz bei Untersuchungen und Urteilen sowie für mehr Klarheit bei der Umsetzung der Regeln.

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Sportwarte bei der Formel 1 2018 in Silverstone: Sie helfen ehrenamtlich Zoom Download

Auch der frühere Formel-1-Fahrer Martin Brundle sieht die aktuelle Aufstellung im Grand-Prix-Sport kritisch. Dass die Formel 1 an jedem Austragungsort auf einheimische Ehrenamtliche zurückgreife, das fühle sich "falsch" an, schreibt er in seiner Kolumne bei 'Sky'. Begründung: In der Rennserie sei "so viel Geld im Spiel", dass man eigentlich glauben sollte, es käme darauf nicht auch noch an.

Brundle aber hält es für ein "komplexes Thema", das nicht mit einer einfachen Antwort abzuspeisen ist. Und er erklärt, welche Schwierigkeiten mit einem permanenten Team von Sportwarten verbunden wäre, das im Auftrag der Formel 1 alle Rennen weltweit bestreiten würde.

Welche Schwierigkeiten Brundle sieht

"Wahrscheinlich müssten alle Sportwarte die örtliche Sprache beherrschen, vielleicht müssten alle Englisch können. Und dann wären da natürlich noch die Kosten. Ich weiß, was es kostet, dass ich [eine Saison lang] um die Welt reisen kann. Und wir reden hier von hunderten oder fast eintausend Personen, die man [zusätzlich] bräuchte. Die kann man nicht einfach in aller Welt rumfliegen", meint Brundle.

Alleine schon "die ganzen Einreisegenehmigungen" könnten eine zu große Hürde darstellen, "noch dazu in der Coronakrise", wie Brundle hinzufügt. Er meint weiter: "Rein logistisch und rein finanziell betrachtet ginge das gar nicht. Und die Veranstalter wollen ohnehin Einheimische einsetzen." Ein Wechsel auf eine permanente Sportwarte-Crew erscheine deshalb unwahrscheinlich.

Woran auch permanente Sportkommissare scheitern könnten

Und wie sieht es mit permanenten Sportkommissaren aus? Hier bedient sich der Automobil-Weltverband (FIA) an einem Pool aus (unter anderem) ehemaligen Rennfahrern, die sich im Saisonverlauf abwechseln. Auch hier stellt Brundle die Frage, wer davon dazu bereit wäre, ein komplettes Jahr zu absolvieren. Konkret: "Wer kann so viel Zeit aufbringen?"

Weil ein permanentes Team wohl auch bei den Sportkommissaren aus Kosten- und Zeitgründen unrealistisch sei, schlägt Brundle eine erweiterte Mannschaft von Schlüsselpersonen zusätzlich zu FIA-Rennleiter Michael Masi und FIA-Inspekteur Jo Bauer vor. Dieses Kernteam, so Brundle, könnte dann bei allen Grands Prix vor Ort sein und damit zumindest für etwas mehr Konstanz sorgen.

"Dann hätte man ein paar Eckpfeiler, ein Fundament", sagt Brundle. Und in seinen Augen ginge damit auch eine bessere und transparentere Entscheidungsfindung einher, und die sei erforderlich: "Nächstes Jahr haben wir zum Saisonende zehn Rennen in 13 Wochen. Mir scheint, da braucht es zumindest eine Basiskonstante für jeden Grand Prix", so erklärt der frühere Formel-1-Fahrer.

Denn aktuell seien die Prozesse nicht gut genug. Laut Brundle verlasse man sich im Moment zu sehr auf einen Direktvergleich zu Präzedenzfällen. "Es gibt ein System, und ich habe es gesehen, mit dem sich Zwischenfälle sofort mit anderen Zwischenfällen vergleichen lassen, mit Lenkrad-Einschlagwinkeln und dergleichen. Dann aber wird es ein Schiedsrichten und ist eine Frage der Interpretation, oder? Und Meinungen sind wie Nasen, jeder hat eine."

Martin Brundle war zwischen 1984 und 1996 bei 158 Formel-1-Rennen am Start. Neunmal stand er auf dem Podium, für Teams wie Benetton, Ligier und McLaren. Heute ist er Experte beim britischen Pay-TV-Sender Sky und berühmt für seinen "Gridwalk". Auf der Sky-Website veröffentlicht er nach jedem Grand Prix eine Kolumne mit seinen Einschätzungen.

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