• 17. Juli 2021 · 16:30 Uhr

Lewis Hamilton: Wie er auf Teamfotos den Ernst der Lage erkannte

Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton erklärt, weshalb er sich für mehr Diversität im Motorsport einsetzt und was letztlich den Ausschlag dafür gegeben hat

(Motorsport-Total.com) - "Ich bin im Motorsport aufgewachsen und habe mich oft gefragt, warum ich dort einer von sehr wenigen Schwarzen Menschen bin", sagt Lewis Hamilton. Über Jahre hinweg hat er es dabei belassen. Inzwischen aber kämpft der englische Rennfahrer aktiv für mehr Diversität in der Formel 1. Und unlängst hat seine Hamilton-Kommission ihre Erkenntnisse zum Thema vorgelegt.

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Mann mit Weitblick: Lewis Hamilton setzt sich für mehr Diversität im Motorsport ein Zoom Download

Wie aber kam Hamilton überhaupt auf die Idee, ein Expertengremium mit Nachforschungen zur (fehlenden) Diversität zu beauftragen? Er selbst verweist auf Formel-1-Teamfotos, die er im Anschluss an das Saisonfinale in Abu Dhabi gesehen habe. Denn auf den Bildern sah er nur wenige Schwarze Menschen.

Hamilton: "In der Vergrößerung [der Aufnahmen] erkannte ich, wie wenige Fortschritte erzielt worden waren, um den Sport inklusiver zu gestalten. Da wusste ich: Ich muss mehr tun. Und so entstand die Idee der Hamilton-Kommission."

Hamiltons Erfolge bringen keine Änderung

Der siebenmalige Weltmeister betont: Ihm gehe es dabei ausdrücklich nicht nur um das Formel-1-Fahrerfeld, "sondern eher um die großartigen Arbeitsmöglichkeiten, die es für Mechaniker und Ingenieure oder in den Bereichen Marketing und Buchhaltung gibt".

Denn er selbst, so Hamilton weiter, habe damit gerechnet, dass alleine seine Erfolge dazu beitragen würden, "Tür und Tor zu öffnen für weitere Schwarze Talente". Zu seiner Enttäuschung aber habe er erkannt: Dieser Trend sei nicht eingetreten.

Die Hamilton-Kommission hat sich über fast ein Jahr hinweg mit der Frage nach dem Warum beschäftigt - und mit Lösungsansätzen, verbunden mit Handlungsempfehlungen. "Das ist aber erst der Anfang", sagt Hamilton. "Und ich bin wirklich begeistert davon. Denn jetzt ist die Zeit für Veränderungen."

Wie sich Hamilton sein "Erbe" vorstellt

"Wenn ich in fünf, zehn oder 15 Jahren zurückschauen und sehen könnte, dass die Motorsport-Industrie in Großbritannien repräsentativer steht für unsere Gesellschaft, dann wäre das der stolzeste Moment am Ende meiner Karriere oder sogar darüber hinaus."

Genau das sei das "Erbe", das er der Nachwelt hinterlassen wolle, meint Hamilton. "Ich habe mich jahrelang gefragt, wie dieses Erbe mal aussehen soll. Und ich kann mich gut erinnern, wie mich das praktisch nicht gekümmert hat."

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Schriftzug "We Race As One" auf dem Mercedes-Rückspiegel Zoom Download

"Als junger Kerl wollte ich einfach Formel-1-Fahrer werden, als einer der besten Formel-1-Fahrer anerkannt sein. Mit der Zeit hatte ich viele Erfolge und die Freude darüber hält nicht allzu lange an."

Hamiltons wahre "Aufgabe"

Seine wahre "Aufgabe" habe er erst später erkannt: "Ich möchte gerne für sehr viel mehr als nur für WM-Titel in Erinnerung bleiben. Das alleine ist schon grandios. Ich aber will den Menschen helfen und eine Veränderung in den Köpfen anstoßen."

"Wir sind alle gleich. Es gibt einfach keinen Grund, warum die [Formel 1] nicht so divers sein sollte wie die Welt um uns herum."

Selbst auf Nachfrage: Keine konkreten Antworten

Das habe ihn immer schon irritiert, "besonders, seitdem ich bei Mercedes bin", sagt Hamilton. "Ich fragte immerzu: Warum ist das Team nicht besonders divers? Ich bekam nie eine handfeste Antwort darauf."

Man habe ihn stets darauf verwiesen, dass das Problem im Nachwuchsbereich des Ingenieurwesens zu suchen sei, weil dort schlicht zu wenige Schwarze Menschen eine Zukunftsperspektive sähen.

Das rief Hamilton und sein Expertengremium auf den Plan: "Wir wollten herausfinden, wo die Hürden liegen. So ist das Ganze entstanden. Denn erst musst du verstehen, was das Problem ist, dann kannst du eine Lösung suchen." Den Weg dorthin beschreibt Hamilton als "eine faszinierende Reise und ein Lernprozess für uns alle".

Erschütternde Beispiele aus der Realität

Denn die Hamilton-Kommission nennt auch Details aus dem echten Leben und zitiert zum Beispiel Rhys Morgan, den Leiter der Royal Academy of Engineering. Er erklärt: "Als wir uns mit Technikstudenten unterhalten haben, erfuhren wir von den Erfahrungen, die sie im Motorsport-Bereich gemacht hatten."

"Es gab kleine Aggressionen, aber auch offenen Rassismus und rassistische Äußerungen, die sie einfach hingenommen haben. Man tat das als Geplänkel ab, aber es handelte sich um wirklich schreckliche rassistische Äußerungen."

Hamilton stuft das genauso als "verheerend" ein wie die jüngsten rassistischen Beleidigungen gegen englische Fußballspieler nach der Finalniederlage gegen Italien bei der Europameisterschaft.

Hamilton fordert Veränderungen, auch von Dritten

"Das zeigt nur, dass wir als Land noch viel Arbeit vor uns haben", sagt Hamilton. "Und ich glaube, vieles liegt in der Ausbildung begründet. Man wächst in einem System auf, das dich nicht lehrt, wo du herkommst. Es ist eine Frage der Bildung. Das gehört in den Lehrplan."

Wichtig sei aber ebenso, das Thema weiter zur Sprache zu bringen: "Ich bin wirklich stolz darauf, wenn sich Leute heute an die Öffentlichkeit werden. Wir brauchen auch die Unterstützung der sozialen Netzwerke. Die müssen mehr tun. Die Beleidigungen im Netz müssen ein Ende haben."

"Die Kommission zeigt einige Bereiche auf, in denen wir uns verbessern können. Ich hoffe, dadurch werden weitere Veränderungen angestoßen. Denn die Ergebnisse sollen nicht irgendwo in einer Schublade landen, sondern der Formel 1 hoffentlich dabei helfen, besser und effizienter zu werden."

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