• 26. Februar 2021 · 16:52 Uhr

Peter Mücke: Wer wird der nächste Deutsche in der Formel 1?

Peter Mücke macht Probleme im deutschen Motorsport-Nachwuchs aus und sieht auch die Chancen für die beiden Formel-2-Piloten gering - Finanzierung als Problem

(Motorsport-Total.com) - Mit Sebastian Vettel und Mick Schumacher fahren 2021 zwei Deutsche in der Formel 1. Schumacher steigt als Meister der Formel 2 zu Haas auf und geht damit den idealen Weg eines Nachwuchspiloten. Doch noch bevor Schumacher die ersten Meter als Stammpilot gefahren ist, stellt sich schon die Frage: Wer wird der nächste Deutsche in der Formel 1 sein?

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Der Bochumer Lirim Zendeli geht 2021 in der Formel 2 an den Start Zoom Download

In der Formel 2 treten zwei Fahrer in die Fußstapfen Schumachers: Der Bochumer Lirim Zendeli und der Iserlohner David Beckmann steigen 2021 aus der Formel 3 in die höchste Nachwuchsklasse auf und befinden sich damit nur einen Schritt unterhalb der Königsklasse. Ob sie diesen letzten Schritt auch gehen, wird sich zeigen.

Beide waren in der vergangenen Saison für Trident unterwegs und konnten sich als Rennsieger auszeichnen. Beide landeten im erweiterten Spitzenfeld und besitzen damit durchaus die Berechtigung, sich eine Stufe weiter oben zu versuchen.

Einer, der ihre Chancen gut einschätzen kann, ist Peter Mücke. Der Teamboss des Nachwuchsrennstalls Mücke hatte beide früher einmal in seinem Team und hält sie für talentiert. Allerdings ist er skeptisch, ob sie wirklich den letzten Schritt in die Formel 1 gehen können. Denn eines fehlt ihnen bislang: die Verbindung zu einem Formel-1-Team.

Mücke: Man braucht keine vier Jahre Formel 2

"Bis zur Formel 3 kommen sie vielleicht noch mit irgendwelchen Finanzierungen, die sich aus mehreren Sachen zusammensetzen. Aber danach braucht es eigentlich den unmittelbaren Zugriff der Werke - Ferrari, Mercedes oder wer auch immer", sagt Mücke im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.

Das fehlt Zendeli und Beckmann bislang. Sollte sich das nicht zügig ändern, wird es für Mücke kritisch. "Wir sehen es ja immer wieder: Da fahren viele Leute vier Jahre lang Formel 2 und ich frage mich, was das werden soll. Um Gottes Willen, da werden Millionen verbrannt, die kommen aber nicht weiter", sagt er.

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Peter Mücke kümmert sich als Teamchef seit vielen Jahren um den Nachwuchs Zoom Download

"Ich brauche nicht vier Jahre Formel 2 fahren, um Formel 1 fahren zu können. Formel 3, zack - von mir aus noch Formel 2, damit ich noch mehr Abtrieb gewöhnt bin. Und dann muss ich von mir aus in ein Hinterbänklerteam", meint der Deutsche. Auch da könne man glänzen - wie das Beispiel George Russell zeigt.

Vom Talent her könnte sich Mücke die beiden Deutschen zumindest in der Formel 1 vorstellen, wenn sie ihren Weg weitergehen. Einen geradlinigen Weg sieht der Teamchef für sie jedoch nicht vorgezeichnet. Und vier Jahre lang Formel 2 fahren könne auch nicht das Ziel sein. "Das ist auch nicht richtig", sagt er.

"Nach der Formel 3 gehören die Formel-1-Teams in die Pflicht genommen, damit sie sagen: 'Okay, den nehmen wir jetzt mal an der Hand und da kann was draus werden'", so Mücke.

Bei Strafen ist das Geld da ...

Ansonsten sieht der 74-Jährige die Aussichten im deutschen Nachwuchsbereich schwierig. Das hängt für ihn aber vor allem mit der Finanzierung von jungen Talenten zusammen. "Früher konnte ich aus drei, vier Förderungen aus der Industrie ein Budget formen, was damals ja nur die Hälfte der heutigen Kosten verursacht hat. Und daraus ließ sich ein Weg zusammenstellen. Das ist unendlich schwierig geworden", hadert er.

Die Industrie nimmt er dabei in die Pflicht: "Wir haben ja alle gerade erlebt, welche Gelder plötzlich bewegt werden können, wenn der Auspuff hinten stinkt. Das ist sicherlich nicht so, dass man das nicht könnte", sagt Mücke. Bei Strafen könnten Milliardensummen bewegt werden, aber für den Nachwuchs nicht.


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Das bedeutet für ihn, dass Deutschland irgendwann die Talente ausgehen oder dass irgendwann Fahrer gekauft werden, die von anderen finanziell unterstützt werden - und das werde dann auch teuer.

"Ich glaube, da werden im Moment große Fehler gemacht. Man erkennt einfach nicht an der Basis, wenn junge Talente da sind, die nie ihr Talent zeigen können, weil natürlich aus dem privaten Bereich die Ausbildung eines jungen Fahrers nicht mehr bezahlbar ist", so Mücke. "Es gibt kaum Eltern, die sich das leisten können."

Vermehrt Milliardärssöhne

Die Folge für ihn: Immer mehr Millionärssöhne schaffen es bis in die Formel 1. Mit Lance Stroll, Nikita Masepin oder Nicholas Latifi starten 2021 mehrere Sprösslinge aus reichem Elternhaus in der Königsklasse - teilweise sogar mithilfe von eigenen Teams auf dem Weg nach oben.


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"Aber wenn ich der Sohn bin, dann heißt das nicht automatisch, dass ich das Supertalent dazu habe. Nur die landen halt da, weil der Background da ist", ärgert sich Mücke. "Für mich muss die Industrie die jungen Talente fördern und dafür auch investieren." Das mache aber abseits von Red Bull heutzutage kaum noch jemand.

"Dabei ist das immer aufgegangen, auch wenn die Ausbildung Geld kostet. Weil man ohne allzu hohe Kosten auf eigene Talente zurückgreifen konnte und sagen konnte, dass man wieder einen guten Fahrer aufgebaut hat."

Keiner kommt nach GT-Wechsel zurück

Das Problem für Mücke: Es gibt eine zeitliche Verzögerung von mehreren Jahren, bis die Jungs dort landen, wo sie hin sollen. Das Risiko geht aber kaum noch einer ein. Leidtragende sind die Talente. "Ich habe schon genügend Jungs in den Autos gehabt, wo ich gesagt hätte: 'Ha, das wird er!'", sagt Mücke.

"Die sind aber zum Schluss gestrandet oder fahren in irgendwelchen untergeordneten Bereichen, ohne das abwerten zu wollen. Und die werden nie wieder hochkommen", glaubt er. "Du kippst nicht ab in den Tourenwagen- oder GT-Sport, weil das Geld nicht reicht, und kommst dann wieder zur Formel 1. Das passiert relativ selten."

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Marvin Kirchhöfer: Zweiter in Monaco, doch ohne Formel-1-Chance Zoom Download

Ein gutes Beispiel hierfür wäre etwa Marvin Kirchhöfer. Der Leipziger wurde 2014 und 2015 Dritter in der GP3-Serie und konnte dort sechs Rennen gewinnen. Er stieg in die GP2-Serie auf und wurde in Monaco sogar Zweiter. Doch die Saison konnte er aus finanziellen Gründen nicht zu Ende fahren. Seitdem fährt Kirchhöfer GT-Rennen und hat sich vom Traum von der Formel 1 verabschiedet.

Für Mücke war 2020 in der Formel 4 ein anderer Deutscher unterwegs: Joshua Dürksen, den Mücke als "guten Jungen" beschreibt und der zwei Saisonrennen gewinnen konnte. "Da sind wir noch auf dem Weg, aber seine Voraussetzungen sind gut", so der 74-Jährige. Alles Weitere muss jedoch die Zeit zeigen.

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