• 13. März 2020 · 12:24 Uhr

F1-Sportchef Brawn schildert Absage-Farce: "Habe eine Stunde geschlafen"

Formel-1-Sportchef Ross Brawn schildert, wie er die Entscheidungsfindung bis hin zur Absage des Grand Prix von Australien erlebt hat - "Haben einen guten Job gemacht"

(Motorsport-Total.com) - "Ich denke, wir haben einen ziemlich guten Job gemacht." Zu diesem Fazit kommt Formel-1-Sportchef Ross Brawn nach der offiziellen Grand-Prix-Absage in Melbourne. Der Brite schildert, wie er die zwölf Stunden bis zur Bekanntgabe erlebt hat - mit kaum Schlaf und vielen Krisensitzungen.

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F1-Sportchef Ross Brawn war vergangene Nacht besonders gefordert Zoom Download

"Wir haben uns mit den Teams beraten, mit den Gesundheitsbehörden, mit der FIA und dem Promoter vor Ort. Ich war die ganze Nacht wach. Ich habe vielleicht eine Stunde geschlafen. Eine Stunde und eine kurze Dusche, dann ging es wieder zurück an die Strecke", schildert Brawn seine vergangene Nacht im Interview bei 'Formula1.com'.

Der Formel-1-Sportchef war der ranghöchste Liberty-Mann vor Ort, da Formel-1-Boss Chase Carey erst gegen Freitagmorgen aus dem Flugzeug von Vietnam kommend stieg. Auch FIA-Präsident Jean Todt war nicht persönlich in Australien vor Ort. Das erschwerte die Kommunikation und die Entscheidungsfindung.

Brawn: Formel 1 ist keine "Autokratie!"

"Wir haben daran gearbeitet, sobald es begonnen hat [mit dem McLaren-Fall]. Ich war gerade in einem Restaurant, als ich den Anruf erhielt, dass wir einen positiven [Test] haben." Diese Meldung wurde Donnerstagabend publik, McLaren zog die Teilnahme am Saisonauftakt zurück.

Danach begannen bange Stunden des Wartens, für Mitarbeiter der Formel-1-Teams gleichsam wie auch für Journalisten und Fans. Zwar stand laut unseren Quellen bereits Donnerstagabend fest, dass der Grand Prix abgesagt wird, dennoch folgte die offizielle Entscheidung erst rund zwölf Stunden nach dem McLaren-Statement.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde zwischen den verschiedenen Parteien und Stakeholdern verhandelt. Die Teams votierten für eine Absage, die FIA folgte ihrer Linie. Erst nach Mitternacht deutscher Zeit dann die Gewissheit: Der Grand Prix von Australien ist endgültig abgesagt.


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"Wir hatten so viele Probleme auf einmal. Wir mussten die Teams wieder alle zurückholen an einen Tisch und ein Meeting abhalten. Das braucht alles Zeit", gibt Brawn ob der anhaltenden Kritik am Krisenmanagement der Formel 1 zu bedenken.

Denn während die gesamte Formel-1-Szene gebannt auf Äußerungen von der FIA oder Liberty Media wartete, postete Jean Todt auf Twitter ein Bild von einem Treffen mit Geschäftsleuten. Das schlechte Timing trug zu dem Shitstorm bei, den die Königsklasse in den vergangenen Stunden über sich ergehen lassen musste.

"Das ist hier keine Autokratie, man kann nicht einfach eine Entscheidung fällen", versucht der Sportchef zu erklären. "Man muss so viele Faktoren miteinbeziehen in die Entscheidung. Ich denke, wir haben einen ziemlich guten Job gemacht, indem wir zum richtigen Ergebnis gekommen sind - mit so vielen Stakeholdern und Parteien, die involviert waren."

Hätte sich die Formel 1 besser vorbereiten können?

Tatsächlich scheint ihn die lange Zeitspanne ohne offizielle Informationen für Medienvertreter und Fans nicht gestört zu haben. "Wir haben mit der FIA Rücksprache gehalten, die in Europa sitzt. Die waren also in europäischer Zeitzone. Wir mussten mit Jean Todt sprechen", so Brawn.

"Chase war leider gerade in der Luft. Er ist von Vietnam gerade nach Australien geflogen. Das war also eine sehr stressige Zeit", gibt er zu. Daher sei eine Entscheidungsfindung, die so viele Faktoren beinhaltet, innerhalb von zwölf Stunden "gut". Anscheinend war aber selbst der Formel-1-Sportchef zwiegespalten in seiner Meinung zur Absage.

Hätten diese Prozesse aber nicht schon im Vorfeld implementiert werden können, um im Ernstfall schneller zu reagieren? "Wir haben zuvor mit den Gesundheitsbehörden besprochen, was passieren würde, wenn wir einen, fünf oder zehn Fälle haben würden. Allerdings weiß man bei diesen Fällen nie genau, wie sich der Kontakt mit den Leuten rundherum verhalten hat."


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Im McLaren-Fall war ein Mechaniker betroffen, der mit mehreren anderen Mitgliedern in Kontakt war. Aufgrund der Tatsache, dass weitere 14 Mitglieder des Teams unter Quarantäne gestellt wurden, war der Betrieb "effektiv außer Gefecht" gesetzt.

Wäre die Formel 1, wie etwa die MotoGP, proaktiver mit der Situation umgegangen und hätte vorausschauend das Rennen vorzeitig abgesagt, dann wäre es nie zu einer solchen Farce gekommen, halten Kritiker dagegen. Und sie werfen Liberty Media nicht nur Fahrlässigkeit in der Organisation vor, sondern auch im Umgang mit den eigenen und jenen Mitarbeitern der Teams.

Nicht zuletzt habe man die Gesundheit aller rund 1.500 Personen im Fahrerlager und der Fans aufs Spiel gesetzt, so der Tenor. "Manches kann man ewig vorhersagen, aber man weiß nie, was wirklich passieren wird. Aber die Prozesse im Falle eines positiven Tests standen fest und das hat sehr gut funktioniert", betont Brawn.

"Wir haben jene Person, die positiv war im Fahrerlager. Das muss man den Behörden hier hoch anrechnen, dass die Leute identifiziert und getestet wurden. Dass die Prozesse funktioniert haben. Aber dann mussten wir eine Entscheidung treffen."

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