• 18. Mai 2018 · 08:11 Uhr

Marc Surer: Gut, dass Williams die Zeche bezahlen muss!

Formel-1-Experte Marc Surer freut sich im Sinne des Sports darüber, dass Williams' Konzept mit zwei Paydrivern scheitert - Teamchefin Claire Williams hält dagegen

(Motorsport-Total.com) - Das Williams-Team befindet sich sportlich in einer tiefen Krise, doch das kann laut Marc Surer durchaus einen positiven Effekt mit sich bringen. Der Formel-1-Experte begrüßt nämlich, dass das einstige Erfolgsteam die Rechnung dafür quittiert bekommt, mit Lance Stroll und Sergei Sirotkin zwei "Paydriver" unter Vertrag genommen zu haben.

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Lance Stroll und Sergei Sirotkin werden in den Medien recht häufig kritisiert Zoom Download

"Ich freue mich, dass das so läuft! Das ist eine Warnung für andere Teams, die sich vielleicht auch mal überlegen könnten, ein Loch in der Kasse mit einem Paydriver zu stopfen", erklärt Surer gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Schlussendlich verlieren sie mehr Geld als wenn sie einen guten Fahrer hätten, der regelmäßig in die Punkte fährt und dadurch das Team in der Konstrukteurs-WM nach vorne bringt. Das bringt schnell mal zehn Millionen mehr."

"Ein Paydriver bringt vielleicht zehn Millionen, aber dafür macht er keine Punkte", sagt der ehemalige Formel-1-Pilot. Der Blick auf die WM-Tabelle gibt ihm recht: Nach fünf von 21 Rennen liegt Williams mit vier Punkten auf dem letzten Platz der Konstrukteurswertung. Selbst das vorletzte Sauber-Team hat fast dreimal so viele Punkte gesammelt.

Es sei seiner Meinung nach auch kein Zufall, dass sich Williams schwertut, Sponsoren zu finden. Titelsponsor Martini verabschiedet sich bekanntlich Ende 2018. "Wenn du mit Sponsoren verhandelst und einen Fahrer hast, der ab und zu positiv auffällt, ist die Chance auf einen Deal viel größer. Unterm Strich verlierst du mit zwei Paydrivern mehr Geld", glaubt Surer.

"Nehmen wir Leclerc: Das ist einer, der für Sauber Hoffnung macht, dass es regelmäßig Punkte gibt. Wenn du so einen hast, kannst du auch mit Sponsoren verhandeln", sagt er. "Aber wenn du mit Stroll und Sirotkin fährst, wird kein Sponsor anbeißen. Wieso sollte auch?"

Während Stroll von seinem Vater Lawrence gefördert wird, pumpt bei Sirotkin die russische Bank SMP Geld in die Karriere. Man munkelt hinter vorgehaltener Hand, dass Williams mit den beiden Fahrern bis zu 35 Millionen Euro pro Jahr einnehmen könnte. Wirklich bestätigt hat diese Summen bisher allerdings noch niemand.

"Stroll hat selbst gesagt, andere haben einen Sponsor, er hat seinen Papi", wirft Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko in die Diskussion. "Solange das nicht Überhand nimmt, kann man das auch akzeptieren. Aber wenn man sich anschaut, Wie viel Geld die Väter alleine in der Formel 3 reinbuttern, da hoffe ich, dass Stroll, der mit diesen Millionen in die Formel 1 gekommen ist, ein Einzelfall bleibt."

Indes wehrt sich Teamchefin Claire Williams entschieden gegen den Begriff "Paydriver", der ihrer Meinung nach "ein Unwort" und "herabschätzend" ist: "Fahrer bringen Geld mit oder auch nicht", sagt sie im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "Das ist bei vielen Fahrern in diesem Sport so, auf die eine oder andere Art. Viele Fahrer haben Partner, die ihnen von Team zu Team folgen. Aber weil sie erfolgreich und/oder populär sind, käme niemand auf die Idee, sie als Paydriver abzustempeln."

Williams spielt damit auf Kaliber wie Fernando Alonso an, der Zeit seiner Karriere von der spanischen Bank Santander unterstützt wurde. Oder auf Michael Schumacher, der Partner wie Dekra oder die DVAG hatte. Oder auch auf Niki Lauda, der ohne einen Kredit von der Raiffeisen-Bank nie in die Formel 1 gekommen wäre. Die Liste ist endlos.

"Jeder weiß", argumentiert die Tochter von Frank Williams, "dass unabhängige Teams ihr Budget sicherstellen müssen, um Rennen fahren zu können. Und wenn du konkurrenzfähig sein willst, brauchst du ein gutes Budget." Daher sei ihrer Meinung nach die Theorie falsch, dass potenzielle Sponsoren von Paydrivern abgeschreckt werden: "Das glaube ich nicht. Diese Fahrer bringen Budgets ins Team, durch die das Team besser wird."

"Die Formel 1", fährt sie fort, "ist ein sehr teurer Sport, und Teams wie unseres brauchen Budgets, um zu überleben. Das ist eine Realität. Wir wählen unsere Fahrer nicht nur danach aus, wie viel Geld sie mitbringen. Sie müssen auch Talent mitbringen. Wenn sie finanziell unterstützt werden, großartig. Und natürlich kämpfen wir um diese Unterstützung. Aber es ist nicht so, dass jemand kommt, einen Scheck ausstellt - und wir nur noch Danke sagen."

Doch die Geschichte gibt in dieser Diskussion eher Surer als Williams recht. Selbst ein Blick in die jüngere Williams-Historie belegt die Theorie unseres Experten: Als das Team mit Felipe Massa und Valtteri Bottas zwei etablierte Fahrer unter Vertrag hatte, mischte es phasenweise sogar die ganz Großen auf und war dementsprechend kommerziell erfolgreich. 2018 hingegen war bisher der schlechteste Saisonbeginn in der Teamgeschichte.

"Die Tatsache, dass wir Zehnter sind, ist nicht besonders hilfreich" bei der Sponsorensuche, räumt Williams ein. "Aber so ist es nun mal jetzt. Es kann auch eine enorm positive Story sein, wenn ein Team darum kämpft, zu früherem Ruhm zurückzukehren. Darauf müssen wir uns konzentrieren, wenn wir die Williams-Story erzählen. Zum Glück hat Williams eine ruhmreiche Geschichte in der Formel 1 und ist bis heute eine sehr starke Marke."

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