• 28. Juni 2016 · 12:11 Uhr

Reifendruck: Wie Mercedes die Konkurrenz austrickst

Mercedes hat bei den Startvorbereitungen einen Weg gefunden, um im Rennen mit einem niedrigeren Reifendruck zu fahren - Ferrari steckt noch in den Kinderschuhen

(Motorsport-Total.com) - Vor einigen Jahren war der Umgang mit den Reifen noch die ganz große Schwäche des Mercedes-Teams. Nun hat sich das Blatt gewendet: Das Weltmeisterteam ist der Konkurrenz beim Spiel mit dem Reifendruck eine deutliche Nasenlänge voraus. Laut den Kollegen von 'auto motor und sport' hat Mercedes einen Weg gefunden, den Reifendruck nach der Messung vor dem Start in die Aufwärmrunde deutlich abzusenken, wodurch der Pneu eine bessere Auflagefläche hat und somit mehr Grip bietet. Außerdem wärmt er sich von innen auf, wodurch die Gefahr des Graining sinkt.

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Achsenwärmer, luftdichter Fön - Mercedes tut alles, damit das System heiß bleibt Zoom Download

Um genau das zu erreichen, hat das Team von Nico Rosberg und Lewis Hamilton ein ausgeklügeltes Verfahren in der Stunde vor dem Rennstart eingeführt, das den entscheidenden Vorteil bringt. Damit sich der Reifendruck nach der Messung deutlich absenken kann, wird im Vorfeld das gesamte Umfeld des Pneus ordentlich aufgeheizt. Denn Hitze bedeutet einen höheren Luftdruck.

In der Box bringt man Radträger, Achsen und Bremsen auf Temperatur. Für die Startaufstellung hat man sogar eigene Achsenwärmer entwickelt, die auf die Felge gesteckt werden, nachdem die Piloten rund 20 Minuten vor dem Start in ihre Startposition gefahren sind. Die Achsenwärmer verhindern, dass Hitze entweicht. Mit einem Heizlüfter wird durch einen luftdichten Schlauch über die Bremsbelüftungen zusätzlich 200 Grad heiße Luft zugeführt.

Alles für die Messung vor der Aufwärmrunde

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Durch den niedrigeren Reifendruck hat der Pneu eine bessere Auflagefläche Zoom Download

Auch bei der Lagerung der in Heizdecken verpackten Reifen vor dem Start hat Mercedes angesetzt: Sie sind direkt aneinandergereiht, damit sie sich zusätzlich zur erlaubten Temperatur von 110 Grad in den Heizdecken gegenseitig wärmen. Die Mercedes-Crew tut also alles dafür, dass sich die Temperatur im Reifen erst senkt, wenn sich das Auto zum Start in die Aufwärmrunde in Bewegung setzt.

So erreicht man zum Messzeitpunkt die von Pirelli gewünschten und vor der Saison extra erhöhten Werte, kann aber das Rennen mit deutlich geringerem Reifendruck fahren, weil die Temperatur nach dem Start des Boliden sofort sinkt, während sie bei der Konkurrenz bereits abfällt, wenn der Pneu angesteckt wird.

Ferrari im Hintertreffen

Vor allem Ferrari scheint die Entwicklung in diesem Bereich versäumt zu haben: Während sogar Renault neuerdings über Achsenwärmer verfügt, heißt es beim Team von Sebastian Vettel diesbezüglich Fehlanzeige. Immerhin nutzt man inzwischen einen Fön zur Hitzezufuhr über die Bremsbelüftungen.

"Wir glauben nicht an die Storys, dass einige Teams im Vergleich zu anderen die Drücke signifikant absenken können."Ferrari-Chefingenieur Jock Clear
Und kürzlich meinte Ferrari-Chefingenieur Jock Clear gegenüber 'auto motor und sport' noch: "Wir glauben nicht an die Storys, dass einige Teams im Vergleich zu anderen die Drücke signifikant absenken können. Vielleicht ein halbes psi, aber nicht zwei. Das halten wir für unmöglich." Dabei soll selbst der Temperaturverlust bei den auf 200 Grad aufgeheizten Bremsscheiben und Radträgern um 100 Grad eine Verringerung des Reifendrucks um ein psi liefern, nachdem sich das Auto in Bewegung gesetzt hat.

Angeblich haben es zwei Teams geschafft, dass der Luftdruck bei den Vorderreifen nach dem Start sogar um zwei psi sinkt. Das würde in der Rundenzeit einen Unterschied von bis zu vier Zehntel bringen. Dass es sich bei den zwei Teams um Mercedes und Williams handeln soll, ist keine Überraschung: In Monza hat die FIA im Vorjahr bei den Silberpfeilen eine Abweichung festgestellt. Während man mit einem blauen Auge davonkam, weil die Regelhüter von einem Verfahrensfehler sprachen, wurde Williams-Pilot Felipe Massa beim Heimrennen wegen eines zu niedrigen Reifendrucks disqualifiziert.

Pirelli und FIA sind den Tricksern auf der Spur

Pirelli hat den Reifendruck durch die Tricksereien dieses Jahr höher angesetzt. "Einige Teams haben Wege gefunden, den Druck zu senken", bestätigt der Brite. "Oder sie haben einen Weg gefunden, dass der Druck im Rennen nicht dem Wert entspricht, den wir vor dem Start des Rennens messen."

Der Einheitsreifen-Lieferant ist den Tricksern also auf der Spur. Bereits seit dem Monaco-Grand-Prix überprüft die FIA den Reifendruck aus diesem Grund auch während der Fahrt. Ab der kommenden Saison sollte diese Werte dann herangezogen werden, um einen Regelverstoß zu orten. "Das interessiert uns am meisten, damit wir auch diese Grauzone schließen können", erklärt Hembery. "Dann ist es ein bisschen fairer für alle, denn einige Teams haben nicht das Geld oder die Kraft, in diesem Bereich Fuß zu fassen."

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