• 07. Oktober 2014 · 12:00 Uhr

Cockpithauben: Warum das Projekt 2013 gestoppt wurde

Jules Bianchis Unfall nährt die Forderung nach verkleideten Cockpits in der Formel 1: Woran das Vorhaben, diese einzuführen, Ende 2013 scheiterte

(Motorsport-Total.com) - Nach Jules Bianchis fürchterlichem Unfall in Suzuka ist die Diskussion über geschlossene Cockpits wieder aufgekommen. Der Franzose war beim Grand Prix von Japan mit seinem Marussia in ein Bergungsfahrzeug gekracht und zog sich beim Anprall schwerste Kopfverletzungen zu. Während er um sein Leben kämpft, werden in der Formel 1 die tragischen Ereignisse untersucht - und immer wieder wird die Frage gestellt: Hätten verkleidete Cockpits bei einem derartigen Unfall den Piloten vor dem Schlimmsten bewahrt?

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Charlie Whitings Konzept für eine Verkleidung der Cockpits wurde abgelehnt Zoom Download

Ex-Formel-1-Pilot Alex Wurz, der seit diesem Wochenende als Chef der Fahrergewerkschaft GPDA (Grand Prix Drivers Association) die Interessen der Fahrer vertritt, mahnt zu Geduld. "Natürlich wollen wir jetzt alle so schnell wie möglich Antworten, Rückschlüsse und Lösungen haben, und alle Fahrer sind der Meinung, dass die Angelegenheit untersucht und diskutiert werden muss, aber wir sollten keine Rückschlüsse ziehen, solange wir nicht alle Beweise und Informationen vorliegen haben", sagt der Österreicher. "Es wäre besser, bis dahin nicht zu diskutieren."

Wurz weiß, wovon er spricht: Der Österreicher verfügt über hervorragende FIA-Kontakte und ist Mitglied einiger Untersuchungsgruppen des Weltverbandes, um die Sicherheit im Motorsport zu verbessern. Er legt nun allen Formel-1-Piloten nahe, sich aus der öffentlichen Debatte vorerst rauszuhalten und den an der FIA-Untersuchung beteiligten Personen die volle Unterstützung zu geben. "Wir dürfen nun keine überstürzten Rückschlüsse ziehen", unterstreicht er.

Klien: Cockpithauben ein Vorteil

Sein Landsmann Christian Klien, der nach einigen Formel-1-Jahren inzwischen in der Le-Mans-Serie - übrigens mit einem offenen Prototypen - fährt, erweist sich währenddessen als Fürsprecher der verkleideten Cockpits.

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Christian Klien fuhr in Le Mans einen geschlossenen Peugeot-Boliden Zoom Download

"In Le Mans funktioniert das seit einigen Jahren sehr gut", sagt der Österreicher, der bei Peugeot an der Sarthe mit einem geschlossenen LMP1-Prototypen unterwegs war, und schildert gegenüber 'ServusTV' seine persönlichen Eindrücke: "Die Sicht ist zwar im Vergleich zu einem offenen Cockpit ein bisschen eingeschränkt, aber ich würde schon sagen, dass es sicherer ist."

Klien verweist auf Audi-Pilot Loic Duvals Horrorunfall im Freien Training in Le Mans - der Franzose kam in Anbetracht der Schwere des Crashs glimpflich davon: "Nach dem Überschlag schlug er mit der Cockpitöffnung in die Mauer ein", sagt Klien. Da hilft ein geschlossenes Fahrzeug schon."

Cockpithauben: Massa-Unfall als Auslöser für FIA-Tests

Auch bei Felipe Massas Unfall 2009 auf dem Hungaroring hätte eine Cockpithaube möglicherweise ein Drama verhindert - dem Brasilianer schlug eine Sprungfeder von Landsmann Rubens Barrichellos Brawn-Boliden bei vollem Tempo auf das Visier seines Helmes, wobei sich der damalige Ferrari-Pilot Gesichtsverletzungen zuzog, von denen er sich längst erholt hat.


FIA-Test mit Cockpithaube

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Danach experimentierte die FIA mit Cockpithauben, die an einen Kampfjet erinnern - eine endgültige Lösung wurde allerdings nicht gefunden. Noch Ende des Vorjahres war das Thema laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' bei einem Meeting der Strategiegruppe auf der Agenda gewesen. Die Anwesenden sprachen sich aber ganz klar gegen eine Einführung aus.

Woran der Plan scheiterte

Vor allem das Aussehen stieß auf wenig Begeisterung. Red-Bull-Teamchef Christian Horner erinnerte der Vorschlag damals an einen Stockcar-Überroll-Käfig, und er forderte ansprechendere Alternativen. Zudem kritisierte er, dass der Lösungsansatz bei einem Unfall, wie ihn Fernando Alonso in Belgien 2012 hatte, als Romain Grosjeans Lotus-Bolide seinen Helm nur um ein Haar verfehlte, nicht geholfen hätte. Auch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone und die ehemaligen Teamchefs von McLaren und Mercedes - Ross Brawn und Martin Whitmarsh - stimmten Horner zu.

FIA-Rennleiter Charlie Whiting stellte daraufhin klar, dass es weder eine andere Lösung gäbe noch dass es das Ziel gewesen wäre, die bei Alonsos Unfall entstehenden Gefahren zu verhindern. Aus diesem Grund wurde damals entschieden, dass das Projekt ad acta gelegt wird. Man wird sehen, ob der Bianchi-Unfall nun für eine Wiederaufnahme sorgen wird.

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