• 15. September 2018 · 22:41 Uhr

Vettel-Analyse: Diese Faktoren haben ihn die Pole gekostet

Viele verschiedene Faktoren führen in Singapur zur Niederlager von Sebastian Vettel im Qualifying - Er glaubt: "Hamiltons Runde war nicht unschlagbar!"

(Motorsport-Total.com) - Mit Selbstvertrauen getankt durch die überlegene Bestzeit im dritten Training - nach den Schwierigkeiten vom Freitag - ging Sebastian Vettel in das Qualifying in Singapur. Der Ferrari-Pilot war der erklärte Favorit auf die Pole-Position, die er sich schon 2017 sichern konnte. Doch es kam anders. Ein verkorkstes Qualifying bescherte dem Deutschen am Ende nur Startplatz drei. "Natürlich nicht ideal", murrte er später schlecht gelaunt in die Mikrofone der Weltpresse. Vettel wusste, dass er einen Matchball vergeben hatte und begab sich auf Fehlersuche.

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Ernüchterung nach dem Singapur-Quali: Sechs Zehntel fehlen auf Hamilton Zoom Download

Schon bevor die erste Zeitenjagd überhaupt begonnen hatte, schien Vettels Qualifying-Einsatz ungewiss. In den Minuten vor Q1 wurde an seinem Ferrari noch hektisch geschraubt. Ein neuer Unterboden wurde montiert. Doch Vettel hatte keinen Grund zur Sorge: "Nein, das waren nur abschließende Überprüfungen", erklärte er später.

"Insgesamt lief das Qualifying für uns nicht so reibungslos wie es hätte sein sollen", begibt er sich auf Fehlersuche. "Es war schwierig, in den Rhythmus zu kommen und ein Gefühl für das Auto zu erhalten", sollte er unzählige Male wiederholen. Bereits im ersten Qualifying-Abschnitt hatte er Probleme, sich auf die kühleren Bedingungen einzustellen. Dennoch schaffte er auf der letzten schnellen Runde auf dem Hypersoft noch Rang zwei hinter Daniel Ricciardo.

Großer Rückstand "spiegelt Leistungsstand nicht wider"

Im Q2 ließ er sich schließlich auf taktische Spielchen mit dem Ultrasoft-Reifen ein. Ferrari war das einzige Team, das versuchte, sich auf dem lila Pneu für Q3 zu qualifizieren. Das hätte bedeutet, dass die Roten am Sonntag mit dem härteren Reifen starten würden - ein strategischer Vorteil. Doch das Experiment scheiterte, da die Ferrari-Ingenieure kalte Füße bekamen. Vettel selbst hätte noch "eine halbe Sekunde" schneller gekonnt, was den Q3-Einzug gesichert hätte.

Im zweiten Anlauf schaffte er auf dem Hypersoft schließlich noch überlegen den Einzug in das Pole-Rennen, allerdings nur als Fünfter. Denn er erwischte keine saubere Runde und wurde von Haas-Pilot Romain Grosjean aufgehalten. Und auch im entscheidenden Shootout war das Timing nicht auf seiner Seite. Im ersten Versuch fuhr er bereits seine endgültige Rundenzeit von 1:36.628 Minuten, im zweiten Versuch am Ende konnte er sich nicht mehr steigern - wie auch seine Konkurrenz. Was bleibt, sind 0,613 Sekunden Rückstand auf WM-Rivale Lewis Hamilton, der mit einer Fabelrunde auch die mentale Oberhand am Samstag gewann.

"Der Rückstand war ziemlich groß, aber darum sollten wir uns keine Gedanken machen. Er spiegelt nicht unseren Leistungsstand wider. Wir haben nicht das Maximum aus unserem Paket herausgeholt", beruhigt Vettel. Er hatte vor allem Probleme, die Outlap richtig zu timen und spricht von einem "Mini-Rennen" um die Positionen auf der Strecke. "Da waren so viele Autos auf der Strecke, aber darauf kann ich mich nicht rausreden - wir hatten zwei Runden, aber waren einfach nicht gut genug. Das ist definitiv nicht das, was ich wollte."

Vorbereitung der schnellen Runden nicht optimal

Im letzten Umlauf positionierten sich die Ferraris nicht optimal. Vettel konnte seine Hypersofts in der Vorbereitungsrunde nicht optimal zum Arbeiten bringen. Hat er die Reifen womöglich nicht richtig behandelt? "Das Qualifying ist nicht nach unserem Gusto gelaufen. Nicht nur was das Ergebnis angeht", weicht er der Frage aus.

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Schlechtes Timing, viel Verkehr & ein Verbremser: Vettel nur auf P3 Zoom Download

Teamkollege Kimi Räikkönen erging es ähnlich. Er gab nach dem Qualifying zu Protokoll, dass er Probleme hatte, die Reifen ins Arbeitsfenster zu bringen. "Es war schwieriger als zu jedem anderen Zeitpunkt am Wochenende. Das ist etwas eigenartig", muss der Finne gestehen. "Das gesamte Wochenende lief eigentlich wie am Schnürchen. Alles war gut, daher bin ich ein wenig überrascht."

Er erklärt: "Wenn man Schwierigkeiten hat (die Reifen auf Temperatur zu bringen; Anm. d. Red.), dann muss man schneller fahren, um sie zum Arbeiten zu bringen. Aber das läuft nicht immer nach Wunsch. Manchmal hilft es, und manchmal macht es überhaupt keinen Unterschied." Möglicherweise waren die Hypersofts der Ferraris einfach nicht im berühmt-berüchtigten "sweet spot". Dazu würde auch Vettels Beobachtung passen, dass die Mercedes' die Outlap langsamer gefahren sind als die Ferraris. "Wir hätten die Runden hier und da besser vorbereiten können", erkannte er später.

Verbremser in Kurve 13 - Sektor 2 am langsamsten

Formel-1-Experte Anthony Davidson hat bei 'Sky Sports F1' außerdem erklärt, dass Vettels erste und schließlich schnellste Q3-Runde nicht fehlerfrei war: Im ersten Sektor hatte er deutlich mehr mit Untersteuern zu kämpfen als Hamilton, deshalb lag dieser bereits in Sektor 1 knapp voran. Räikkönen sollte später erklären, warum es essentiell wichtig ist, dass der Bolide ausgerechnet in Singapur optimal abgestimmt ist: "Weil es hier so viele Kurven gibt. Auf so einer langen Strecke verlierst du leicht ein halbes Zehntel hier und da und am Ende hast du drei oder vier Zehntel ausgefasst."


Fotos: Grand Prix von Singapur


Im Falle von Vettel waren es am Ende sogar sechs Zehntelsekunden. Allein im zweiten Sektor verlor der Heppenheimer satte 0,348 Sekunden auf seinen Konkurrenten - obwohl der Ferrari auf den Geraden etwas Zeit auf den Mercedes aufholen konnte. Doch die entscheidende Szene ereignete sich in Kurve 13: "Dort hat sich Sebastian verbremst, und dort hat er glaube ich die meiste Zeit verloren", erklärt Davidson.

"Sebastian wurde da nach außen getragen, außerdem handelte er sich einen Bremsplatten ein, der ihn aber auf der restlichen Runde in den langsamen Kurven nicht behindert hat." In Sektor 3 bekam er noch einmal 0,260 Sekunden von Hamilton aufgebrummt.

"Hamiltons Runde war nicht unschlagbar"

"Der Rückstand ist verdammt groß", muss der Deutsche zugeben. Er sei von den sechs Zehntelsekunden selbst überrascht gewesen. Aber "Iceman" Räikkönen weiß: "Wenn man alles exakt so hinbringt, wie man möchte, dann kann man schon mal eine halbe Sekunde schneller sein. Das ist der Charakter dieser Strecke."

Hamilton sprach nach seinem Streckenrekord von "nahe an der Perfektion", er hatte jede Kurve exakt erwischt. "Klar, Lewis hatte eine ziemlich gute Runde und ich gratuliere ihm, aber unschlagbar war sie nicht", hält Vettel aber fest. "Für uns war es im Qualifying schwierig, in den Rhythmus zu kommen. Andere haben besser gearbeitet, inklusive Lewis mit seiner tollen Runde und auch als Team. Platz drei war nicht unsere Wunschvorstellung."

Vettels Fazit fällt dementsprechend ernüchternd aus: "Wir haben nicht das Beste aus dem Auto herausgeholt." Zum exakt gleichen Schluss kommt auch sein Teamkollege, der am Ende gar nur Fünfter wurde (+0,779 Sekunden). "Ganz vorne gehört das Auto hin. Es lag mehr an uns, dass wir es nicht zusammengebracht haben."

Im Rennen am Sonntag möchten beide "das Blatt wenden", Vettel schickt aber auch voraus: "Wir dürfen keine Wunderdinge erwarten. Niemand hat das Tempo, um die anderen zu überrunden." Dazu liegen die Topteams einfach zu eng beisammen. Mit Max Verstappen konnte sich außerdem ein Red Bull vor ihm in der Startaufstellung einreihen, die am Freitag im Longrun "gut aussahen", wie Vettel selbst beobachtete.

Der Startplatz in Reihe zwei ist ebenso suboptimal. "Es ist immer besser, vorne zu starten. Es wird schon klappen. Aber wir sollten mit der Spitzengruppe mitfahren können und dann vorne bleiben." Denn schließlich ist das Nachtrennen bekannt für Safety-Car-Phasen, von denen Vettel mit dem richtigen Timing und Strategiekniff profitieren könnte. "Wir haben zwei Stunden Zeit", weiß er. "61 Runden Zeit", ergänzt Räikkönen. "Irgendwo wird sich die Gelegenheit ergeben nach vorne zu schlüpfen. Für heute bin ich nicht zufrieden, aber morgen ist ein neuer Tag."

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