• 08. März 2018 · 07:29 Uhr

Ellen Lohr über Jorda: "Sie ist keine richtige Rennfahrerin"

DTM-Legende Ellen Lohr ist verärgert über Carmen Jordas Aussagen: "Dummheit" - Mitgliedschaft in der FIA-Frauenkommission macht sie "richtig sauer"

(Motorsport-Total.com) - Der Name Carmen Jorda sorgt in der Motorsportszene weiterhin für große Aufregung. Die Spanierin hat sich einen Shitstorm eingehandelt, nachdem sie mit einer Aussage nach ihrem Formel-E-Test erneut polarisierte. Ihre Kernaussage: Die körperlichen Voraussetzungen einer Frau lassen Spitzenleistungen in der Formel 1 nicht zu. Sie riet dem weiblichen Nachwuchs daher, die Formel E anzupeilen - diese sei weniger anstrengend. DTM-Legende Ellen Lohr lässt dieses Argument nicht gelten. Im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com' stellt die 52-Jährige klar: "Es ist eine Dummheit, so etwas zu behaupten."

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2015 wurde Carmen Jorda von Lotus als Entwickungspilotin engagiert Zoom Download

Lohr hatte zuvor bereits auf Instagram ihrem Ärger Luft gemacht und mit ihrem Beitrag Ex-Formel-1-Pilot Jenson Button beigepflichtet. "Carmen, du hältst jetzt besser die Klappe. Du bist eine Schande für all die hart arbeitenden weiblichen Motorsportler. Ich habe keine Ahnung, was dich in diese Motorsport-Welt brachte, sicherlich nicht deine Intelligenz oder deine Fähigkeiten."

Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' bekräftigt sie ihre Aussagen: "Ich habe genau das gemeint, was ich geschrieben habe. Sie fällt nur dadurch auf, dass sie niemals Leistung gezeigt hat, aber dafür Standpunkte von sich gibt, die junge Mädchen mit richtigem Talent, die in den Sport kommen wollen und von der Formel 1 träumen, entmutigt."

Motorsport sei natürlich eine "körperlich Anstrengung", ob bei der Rallye Dakar oder im Formelsport. Lohr erklärt, dass die Fitness für einen Athleten der Grundstein für den Erfolg ist. Dass Frauen aufgrund biologischer Voraussetzungen - weniger Muskelmasse - allerdings unfähig wären, es in die Formel 1 zu schaffen, schmettert die Deutsche ab. "Dieses ganze Gerede von einer eigenen Formel-1-Serie für Frauen oder darüber, dass sie nicht fit genug sind, ist eine solche Frechheit, das zu behaupten."

Lohr: Susie Wolff beweist, dass Jordas Aussagen "Quatsch" sind

Susie Wolff habe als Williams-Testpilotin mehr als einmal bewiesen, dass Frauen in der Formel 1 sehr wohl schnell fahren können. "Sie ist Renndistanzen gefahren und war zwei Zehntelsekunden langsamer als Massa." Daher sei die Argumentation von Jorda "Quatsch". Denn: "Wir reden über eine Sportart, in der das Training jeden dazu bringt, fit genug dafür zu sein. Das ist eine Sportart, in dem die Jungs 1,60 Meter groß sind und 55 Kilogramm wiegen. Mit anderen Worten sind das auch nicht gerade Typen mit maximaler Muskelmasse. Es kommt also auf gezieltes Training an und ist insofern völliger Schwachsinn."

In Sportarten, wie Sprint oder Stabhochsprung, wo die Maximalleistung von Muskeln gefordert wird, sei eine Trennung von männlichen und weiblichen Teilnehmern sinnvoll - im Motorsport, wie auch im Reitsport, allerdings nicht. "Man geht nicht an die Maximalkraft der Muskulatur, sondern trainiert sehr gezielt, um fit zu sein, in diesem Fall die Nacken- und Rumpfmuskulatur, Ausdauer, Koordination - darum geht's." Der beste Beweis dafür sei, so Lohr, Wolff, die im Williams sogar Renndistanzen (rund 300 Kilometer) absolvieren konnte.

Über die Person Carmen Jorda verliert die DTM-Siegerin kein gutes Wort. "Wenn man sich ihre Karriere ansieht, muss man sich fragen, was sie eigentlich ist. Ist sie eine Rennfahrerin, die gut aussieht, oder ist sie ein Model, das so tut, als wäre sie eine Rennfahrerin?", stellt sie in dem Raum und beantwortet im gleichen Atemzug: "Es ist letzteres. Sie ist eine sehr gut aussehende Frau, die vorgibt, Rennfahrerin zu sein. Aber das war sie irgendwie nie, auch wenn sie einige Jahre in der GP3 unterwegs war." Von 2012 bis 2014 war die Spanierin in der Nachwuchsklasse unterwegs, kam jedoch über den 28. Gesamtrang nie hinaus.

"Richtig sauer", dass Jorda in der FIA-Kommission sitzt

Lohr kritisiert, dass Jorda nie entsprechende Leistungen erbracht hat, um den ehemaligen Formel-1-Testpilotenjob bei Lotus und Renault zu rechtfertigen. Auch im Simulator sei sie um viele Sekunden langsamer gewesen als ihre männlichen Kollegen. Marco Sörensen behauptete 2016, dass die Blondine in Enstone zwölf Sekunden langsamer war als er.

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Am 24. Mai 1992 gewann Lohr als bislang einzige Frau einen DTM-Lauf auf dem Hockenheimring Zoom Download

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass Jorda mit etwaigen Aussagen auffällt. Sie forderte am Ende des Vorjahres eine eigene Formel-1-Klasse für Frauen. Lohr gibt zu, dass ihr nach den erneuten Aussagen der Spanierin der Kragen geplatzt ist: "Was mich wirklich aufregt: Es ist nicht das erste Mal gewesen. Sie vertritt konstant eine Meinung, die junge Mädchen demotivieren muss - und das ohne ein wirkliches Talent für diesen Sport zu besitzen oder ohne das jemals bewiesen zu haben. Das ist völlig abstrus, wenn jemand, der noch nie wirklich in einem Formel-1-Auto gesessen ist, nur im Simulator, so etwas von sich gibt."

Allerdings sieht Lohr auch die Berichterstattung darüber kritisch, denn das "Gemeine" daran sei, dass Frauen wie Jorda, die optisch ansprechend aussehen, gerne wahrgenommen werden. Dadurch würde die Akzeptanz von Frauen in der Formel 1 aber verhindert und Klischees und Vorurteile gefestigt werden. Aus diesem Grund hagelte es auch viel Kritik, als die FIA-Frauenkommission Jorda als neues Mitglied präsentierte. "Das ist eben der Grund, warum ich glaube, dass sie absolut nicht in diese Kommission gehört. Da bin ich auch richtig sauer darüber, weil ein paar wirklich tolle Frauen, wie Jutta Kleinschmidt aus Deutschland oder eben Susie Wolff, da drin sitzen."

Tatiana Calderon ist die Zukunftshoffnung

Die ehemalige Rennfahrerin findet den Zug "völlig falsch", da Jorda das Gegenteil von dem darstelle, was die Kommission vertritt. "Sie sollen junge Mädchen und Frauen ermutigen, Jobs im Motorsport zu ergreifen. Und eben als Ingenieurin oder Fahrerin zu versuchen, in die Formel 1 zu kommen. Sich den Traum zu erfüllen, denn das ist möglich." Jorda bedient im Gegenteil dazu nur das Stereotyp, wie sich Männer eine Frau im Motorsport vorstellen, so Lohr. "Gut aussehen, sexy - aber natürlich nicht ernstzunehmen." Das sei wirklich "lachhaft".

Jorda sei keine Rennfahrerin, sondern war viel eher ein Marketingschachzug des ehemaligen Lotus-Teams, ist die Deutsche überzeugt. Bereits einige Fahrerinnen vor der Spanierin hätten dem Frauenbild in der Formel 1 nicht geholfen. Vorurteile durch schlechte Leistungen seien so nur immer wieder bestätigt worden.


Fotostrecke: Susie Wolff: Die Karriere einer Frauenhoffnung

Lohr hält fest: "Das ist eine Macho-Welt, deshalb wird es noch ein bisschen dauern. Aber es bewegt sich in die richtige Richtung." Denn mit Tatiana Calderon hat es eine vielversprechende Nachwuchspilotin in die Testfahrerrolle bei Sauber geschafft. Mit Marta Garcia gibt es auch im Juniorprogramm von Renault wieder ein Mädchen. Und in Deutschland ruhen die Hoffnung auf Formel-4-Pilotin Sophia Flörsch.

Viele Hoffnungen lagen auf Susie Wolff, erklärt Lohr: "Sie hat durch ihre guten Testergebnisse schon einige Barrieren überwunden. Tatiana hat wirklich eine tolle Karriere bisher hingelegt, die sie berechtigt, dort jetzt (bei Sauber; Anm. d. Red.) zu sein. Das folgt in immer kürzeren Abständen, zuerst Susie, jetzt Tatiana. Solche Frauen wie Jorda braucht einfach kein Mensch, die Zeiten sind einfach vorbei." Es sei also nur noch eine Frage der Zeit, bis wieder eine Frau am Steuer eines Formel-1-Wagens sitzt, lautet Lohrs Schlussfolgerung.

Neue FIA-Initiative "Girls on Track" mit EU-Hilfe

Um eine breitere Basis an weiblichen Fahrerinnen in Zukunft aufzubauen, hat die FIA in Kooperation mit der Europäischen Union eine neue Initiative gestartet. Am Mittwoch wurde diese im Rahmen des Genfer Autosalons präsentiert. Das zweijährige Projekt "Girls on Track - Karting Challenge" soll europäische Nachwuchstalente fördern. In nationalen Bewerben werden Mädchen zwischen 13 und 18 Jahren gegeneinander antreten. Die jeweils besten Drei werden in einem Finale im März 2019 in Le Mans gegeneinander kämpfen. Die Top 6 werden in ein sportliches und pädagogisches Programm aufgenommen, das bis Herbst 2019 laufen soll.

Solche Initiativen seien wichtig, bekräftigt Lohr. "Etwas anderes erwartet man auch nicht von einer FIA-Frauenkommission, dass da mal etwas vorwärts geht. Die existiert ja bereits länger. Es ist auf jeden Fall gut." Denn so würde Aufmerksamkeit geschaffen werden und das Bewusstsein und die Akzeptanz auch bei den Eltern wachsen. Was wäre also die richtige Botschaft an alle Nachwuchspilotinnen, die von der Formel 1 träumen? "Eure Chance ist größer denn je, in die Formel 1 zu kommen. Geht euren Weg. Und das mit harten Ellbogen, so wie auch die Jungs. Lasst euch nicht von Vorurteilen bremsen, selbst wenn sie von angeblichen Rennfahrerinnen kommen", rät Lohr.

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