• 15. Januar 2017 · 13:10 Uhr

Niki Laudas Feuer-Unfall: Blackout war enorm wichtig

"Er gehört zu meinem Leben dazu": Niki Laudas Feuer-Unfall am Nüburgring 1976 machte ihn zur lebenden Legende - Ein emotionaler Rückblick

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Jahr jährte sich der Feuer-Unfall von Niki Lauda am Nürburgring zum vierzigsten Mal. Die Amateuraufnahmen seines brennenden Ferraris, die Bilder seiner schweren Verletzungen gingen noch einmal um die Welt. Dass Lauda die Katastrophe überlebte, nur sechs Wochen später wieder am Steuer eines Formel-1-Autos saß und im Jahr darauf die Weltmeisterschaft gewann, machen ihn unsterblich.

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Niki Lauda überwand das Drama von 1976 schnell und gewann im Jahr darauf die WM Zoom Download

Dass er 1976 zum Rennen auf der Nordschleife überhaupt antrat, war einem unglücklichen Umstand geschuldet. Nachdem die Strecke 1970 infolge mehrerer schwerer Unfälle auf anderen Kursen kurzfristig boykottiert worden, hatte man sich in den Folgejahren auf umfangreiche Umbaumaßnahmen geeinigt. "Ein Mal umbauen, 3 Jahre Garantie von uns dort zu fahren", fasst Lauda den Deal bei 'Auto motor und sport' zusammen.

1976 war das letzte Jahr des vereinbarten Dreijahres-Plans. "Doch die Autos waren einfach zu schnell geworden. Das, was sie am Nürburgring geändert hatten, war schon wieder obsolet", erinnert sich Lauda. Fünf Fahrer setzten sich seinen Erzählungen zufolge am Rande des dritten Saisonrennens in Long Beach zusammen, um die Sache zu diskutieren und zu entscheiden, ob auf der Nordschleife gefahren wird oder nicht.

Niki Lauda wollte am Nürburgring 1976 nicht fahren

"Wir waren da ein bisschen in der Zwickmühle, weil wir dem Nürburgring das Versprechen gegeben hatten, zu fahren. Er hatte ja unsere Forderungen erfüllt", weiß Lauda. "Fünf Leute haben abgestimmt. Drei waren für Fahren, zwei dagegen. Ich glaube der Fittipaldi und ich." Doch Lauda beugte sich dem Mehrheitsbeschluss - nicht zuletzt, weil die Nordschleife noch immer "die geilste Strecke (war), die man fahren konnte".

"Dein Auto dort am Limit zu beherrschen, war die Krönung. Wir haben uns gefreut, dort zu fahren, weil wir ja jung und dumm waren und den Tod und die Gefahr ausgeblendet hatten. Völlig unbelastet und total bescheuert, obwohl das Risiko um ein Vielfaches größer war als anderswo", erzählt Lauda im Gespräch mit 'Auto motor und sport'. Ohne diese Verdrängung hätte er dort nicht schnell fahre können, sagt er weiter.


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Und Lauda war schnell: Er schaffte es as Einziger, die klassische Nordschleife in unter sieben Minuten zu fahren. 1975 setzte er mit seinem Ferrari auf der 22,8 Kilometer langen Strecke eine Rundenzeit von 6:58,60 Minuten. "Als ich durchs Ziel war, habe ich zu mir gesagt: Das machst du nie mehr in deinem Leben. Wenn doch, bist du tot", gesteht Lauda rückblickend und erklärt, warum es so gefährlich war.

"Die zehn Kilometer bis zum Unfall sind ausgelöscht"

"Das Problem am Nürburgring war, dass du im Training wegen der Streckenlänge nur drei oder vier fliegende Runden zusammengebracht hast. Du warst gezwungen, immer gleich volle Pulle zu fahren. Du konntest nie Speed aufbauen oder Bremspunkte lernen." Dennoch ging er in das folgenschwere Wochenende 1976 wie in jedes andere: "Für mich war es ein ganz normales Rennen. Wir haben beschlossen zu fahren, also fahre ich voll."

Seine Erinnerung an den verhängnisvollen Tag des Unfalls hat Lücken. Doch eine Anekdote erzählt der Österreicher immer wieder, nämlich die von einem Fan, der ihn um ein Autogramm bat: "Er bittet mich, das Datum dazuzuschreiben. Ich frage warum. Er sagt, es könnte ja das letzte Autogramm sein. Ich denke mir: Was ist das für ein Depp. Ob es das letzte Autogramm vor dem Unfall war, weiß ich nicht mehr."

Das Rennen selbst hat Lauda nur verschwommen in Erinnerung. Nach dem Wechsel von Regenreifen auf Slicks nach der ersten Runde verblasst sie. "Das letzte, was noch im Gedächtnis ist, war wie ich aus der Box rausfahre. Die zehn Kilometer bis zum Unfall sind ausgelöscht", sagt der heute 67-Jährige. Erst an den Hubschrauberflug nach Ludwigshafen könne er sich wieder erinnern.

Niki Lauda ist froh, keine aktive Erinnerung zu haben

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Niki Laudas völlig zerstörter Ferrari wird 1976 am Nürburgring abtransportiert Zoom Download

"Ein weiß gekleideter Arzt sitzt links neben mir und hält den Tropf in der Hand. Ich wollte von ihm nur wissen: Wie lange fliegen wir. Er sagt 45 Minuten. Dann war wieder alles weg." Wie er einem brasilianischen Radio-Reporter bei der Erstversorgung in Adenau ein Interview gegeben und seinen Rennleiter gebeten habe, Frau Marlene zu informieren, weiß Lauda aus Erzählungen. Den Unfall selbst kennt nur von Bildern und Videos.

Über diesen Blackout sei er froh, gibt Lauda zu, denn er mache vieles leichter: "Wenn der kleine Bub da nicht auf der Böschung gestanden wäre und den Film gemacht hätte, wüsste ich gar nicht, was da passiert ist. Als ich die Bilder zum ersten Mal sah, dachte ich: Da hat einer einen irren Unfall. Wohlgemerkt irgendeiner, nicht ich. Es wäre viel schlimmer gewesen, wenn ich das alles live erlebt hätte."

So sei der Unfall selbst für den späteren Dreifach-Weltmeister gar nicht das Problem gewesen, sondern "die Angst danach, das Feuer, der Überlebenskampf". Jahre später kamen diese Erinnerungen noch einmal hoch - nach dem Zug an einer Hasch-Zigarette, wie Lauda bei 'Auto motor und sport' offenbart: "Ich bin ins Badezimmer und beuge mich übers Waschbecken, und als ich in den Abfluss schaue, kamen alle Gedanken zurück."

Zurück im Formel-1-Auto: "Problem abgeschlossen"

"Ich sehe mich selbst leblos in ein tiefes Loch fallen und denke: Jetzt stirbst du", schildert er diesen Flashback. "Wenn du dich jetzt nicht zusammenreißt, ist es vorbei. Nur dieses einzige Mal, wegen der depperten Zigarette, kam dieses Gefühl wieder zurück." Damals stieg er, um das zu verarbeiten, nur 42 Tage später wieder ins Rennauto. Beim Großen Preis von Italien 1976 wurde er sagenhafter Vierter.


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"Damit war das Problem abgeschlossen", so Lauda. Zwar sei seine Risikobereitschaft in den ersten drei, vier Rennen noch eingeschränkt gewesen, doch "danach war ich wieder so wie früher", betont der Österreicher. Ohnehin war sein Unfall ja nicht auf einen Fahrfehler oder Unfallschwerpunkt zurückzuführen: "Das war eine normale Vollgaskurve. Nix Gefährliches." Stattdessen handelte es sich um die Folge eines Materialfehlers.

"Mein Chefmechaniker Cuoghi hat mir erzählt, dass der Anlenkpunkt des rechten hinteren Längslenkers gebrochen war. Der war mit einem neuen Magnesiumteil am Motor befestigt. Wir wollten ein bisschen Gewicht sparen. Den hat es rausgerissen. Dadurch ist das rechte Hinterrad weggekippt", was letztlich dazu führte, dass das Auto plötzlich ausbrach, gegen eine Felswand schleuderte und in Flammen aufging.

Neben diversen Knochenbrüchen zog sich Lauda schwerste Verbrennungen zu, vor allem weil sein Helm davonflog. Lauda mutmaßt: "Ich hatte Jahr und Tag einen Bell-Helm. In der Saison hatte AGV einen neuen Helm entwickelt, und mich zu ihrem Testvehikel gemacht. Der Helm war leichter, komfortabler, aber mir eigentlich zu groß. Er saß zu locker auf meinem Kopf. Ich glaube nicht, dass mir der Bell-Helm davongeflogen wäre."

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