• 26. Juni 2016 · 09:05 Uhr

Fernando Alonso: Ich könnte fünfmaliger Weltmeister sein

Drei verpasste WM-Chancen & ein unterlegener McLaren: Wie geht Doppelweltmeister Fernando Alonso damit um? - Er musste das Verlieren lernen

(Motorsport-Total.com) - Zur falschen Zeit am falschen Ort. So oder so ähnlich könnte man die Formel-1-Karriere von Fernando Alonso kurz zusammenfassen. Der Spanier, dessen zweiter WM-Titel bereits zehn Jahre zurückliegt, glaubt trotz einer schwierigen Phase mit McLaren an sein Talent und gibt im exklusiven Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' Einblick in seine Denkweise. Außerdem erklärt er, ob er ein schlechter Verlierer ist oder nicht.

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Was wäre wenn...Fernando Alonso philosophiert über vergebene WM-Chancen Zoom Download

2007 hätte Doppelweltmeister Alonso (WM-Titel 2005 & 2006) seinen dritten Titel in Folge holen können, ein Punkt trennte ihn nach dem Saisonfinale in Brasilien von seinem späteren Teamkollegen Kimi Räikkönen. Nachdem sein Wechsel 2007 von Renault zu Mclaren zu internen Spannungen mit Lewis Hamilton geführt hatte, worin viele Experten auch den Verlust des Titels erkennen mögen, ging der Spanier nach nur einer Saison zurück zu Renault und Intimus Flavio Braitore.

Eine "Crashgate"-Affäre und gerade einmal zwei Siege später klopfte er Ende 2009 bei Ferrari an. Mit der Scuderia sollte der ersehnte dritte Titel doch möglich sein, doch falsch gedacht. Alonso musste sich 2010 und 2012 in jeweils einem Herzschlagfinale Sebastian Vettel geschlagen geben. Nach fünf teils durchwachsenen Jahren in Maranello dann 2015 die Rückkehr zu McLaren. Mit Motorpartner Honda sollte spätestens im zweiten Jahr erste Erfolge machbar sein. Doch auch diesmal werden Alonsos Erwartungen nicht erfüllt. Der Doppelweltmeister liegt derzeit mit 18 Punkten auf dem 13. Rang in der WM-Tabelle.

"Traurig", dass Fahrer von Technik abhängig sind

Was lief in der Karriere eines der meistgeschätzten Formel-1-Piloten schief, sodass er zehn Jahre nach seinem letzten Titelgewinn und drei Jahre nach seinem letzten Sieg im Mittelfeld der Königsklasse zu verschwinden droht? "Ich denke nicht zu viel darüber nach", meint er auf die verpassten WM-Titel angesprochen. "Ich weiß um diese Dinge Bescheid und hätte ich in manchen Saisonen ein paar Punkte mehr gehabt, könnte ich jetzt fünffacher Weltmeister sein. So ist das eben."

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2007 verpassten Hamilton und Alonso mit McLaren den WM-Titel knapp Zoom Download

Zurückblicken würde auch nichts an seiner Karrierestatistik ändern, so sein Gedanke. "Ich bin stolz darauf, was ich erreichen konnte. Aber es gab natürlich diese unglücklichen Situationen und Fehler. Es wollte aber nicht sein, und dafür gibt es einen Grund. Manchmal verstehst du das in jenem Moment nicht, weil du traurig bist, aber später im Leben wirst du das verstehen", meint der 34-Jährige.

Eine Tatsache, die ihm vor allem in den vergangenen beiden Jahren schmerzlich vor Augen geführt wurde: In der Formel 1 gewinnt oder verliert man als Team, so ist man als Fahrer auch von der Technik abhängig. "Ja, das ist traurig. Das ist eben so in diesem Sport. Das ist nichts Neues, es war schon immer so. Du lernst damit umzugehen." Deshalb sei Motorsport auch so einzigartig. "Wenn du im Radfahren nicht stark genug bist, gewinnst du die Tour de France nicht. Im Tennis kannst du gewinnen, wenn du hart trainierst. Wenn du in der NBA einen fantastischen Abend hast und 80 Punkte machst, gewinnst du das Match."

"Kann beste Runde meines Lebens fahren und niemand merkt es"

In der Formel 1 ist das anders, betont der Asturier: "Ich kann morgen die beste Runde meines Lebens fahren und niemand wird davon Notiz nehmen. Statt Zwölfter bin ich dann halt Neunter. Diesen kleinen Vorsprung kannst du herausfahren. Das ist frustrierend von einem sportlichen Blickwinkel aus betrachtet, aber die Formel 1 war immer schon so. Man muss seine Fähigkeiten weiterentwickeln, nicht nur beim Fahren, sondern auch beim Entwickeln des Autos und beim Aufbauen eines Teams um dich herum." Dies würde eben die Art und Weise komplexer gestalten, wie ein Formel-1-Fahrer seine Leistung erbringt.


Fotostrecke: Die Karriere von Fernando Alonso

Dass Alonso überhaupt in den Motorsport eingestiegen ist, hat er seiner Schwester, einer Ärztin, zu verdanken: "Mein Vater wollte meine Schwestern dazu bringen, Kart zu fahren. Sie mochte es aber überhaupt nicht. Dank dieser Entscheidung bekam ich dieses Kart, mein erstes", schildert er seine Anfänge. Damals konnte er auch mit Niederlagen nicht umgehen. Als kleiner Junge mussten seine Eltern sogar Ausreden erfinden, um ihn nicht zu verärgern. Schon damals wurde der Racer sichtbar.

"Als ich ein Kind war, elf oder zwölf Jahre alt, haben mir meine Freunde und Eltern immer gesagt, dass ich gewonnen habe, weil das der einzige Weg war, dass die Folgetage gut wurden. Auch wenn ich nur Vierter geworden bin, haben sie mir erzählt, dass die anderen Drei bei der technischen Abnahme disqualifiziert werden, damit ich doch noch gewinne", schmunzelt er heute, nach 15 Jahren Formel 1, darüber. "Mit der Zeit verstehst du den Sport aber mehr und mehr." Immerhin sei er heute schon ein besserer Verlierer, obwohl: "Es schmerzt immer noch, da man sein Bestes gibt und trotzdem nicht gewinnen kann. Ich lerne, diese negativen Gefühle in die Vorbereitung auf die nächste Möglichkeit zu stecken."

Alonso glaubt: "Bin besser als noch vor zwei, drei Jahren"

Mit dem McLaren-Honda MP4-31 wurde ihm in diesem Jahr kein siegfähiges Auto zur Verfügung gestellt. Trotzdem glaubt Alonso immer noch daran, zu den Top-3-Piloten im Formel-1-Feld zu gehören: "Ja, das denke ich. Ich beweise es ja. Jedes Wochenende gibt es etwas, das dich stolz macht oder dich fühlen lässt, dass du immer noch auf einem Toplevel fährst."

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Alonsos Ferrari-Bilanz (2010-2014): Elf Siege, vier Poles & 44 Podestplätze Zoom Download

Manchmal sei das von außen wahrnehmbar, manchmal nicht. Manchmal würde man besonders gute Rennen fahren, wie in Monaco mit dem fünften Platz. Manchmal auch im Freien Training. "Da weißt du, dass du immer noch gut bist. Du wartest nur auf die Gelegenheit. Während du darauf wartest, konkurrenzfähig zu sein und zu gewinnen, lernst du weiterhin", schildert er seine derzeitige Situation.

"Wenn die Chance auftaucht, wirst du daher besser vorbereitet sein. Ich warte auf diese Gelegenheit, um allen zu zeigen, dass ich nicht derselbe bin wie vor zwei oder drei Jahren, sondern viel besser", glaubt er fest an seine Fähigkeiten. "Wenn du die Motivation dazu hast und die Mentalität, kannst du unbegrenzt immer besser werden. Das ist natürlich schwierig zu halten, wenn du nicht die besten Ergebnisse einfährst oder älter wirst - und andere Dinge im Kopf hast."

Wann wird es für ihn Zeit, seine Karriere zu beenden? "Du beginnst über das Leben generell nachzudenken und über eine zukünftige Familie, das kommt dir mit der Zeit natürlich in den Sinn. Wenn das Priorität werden sollte, ist es an der Zeit, aufzuhören", so der Spanier. Bereits vor Kurzem meinte er, dass er möglicherweise keine fünf Jahre mehr in der Formel 1 fahren werde.

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