• 22. Dezember 2015 · 11:30 Uhr

Ecclestone: Mercedes und Ferrari "wie siamesische Zwillinge"

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone beurteilt den Motoren-Hickhack um Red Bull, der ihn nur wenig beunruhigt: "Die Formel 1 wird nie zusammenbrechen"

(Motorsport-Total.com) - Eine schmutzige Scheidung zwischen Red Bull und Renault, ein Komplott zwischen Mercedes und Ferrari und ein McLaren-Boss, der Honda nicht teilen will - Red Bulls Motoren-Situation hat 2015 zu Fantasien angeregt und vermeintliche Machtverhältnisse aufgedeckt. Nur einer blieb bei allen Diskussionen um sogar einen möglichen Ausstieg des Brause-Teams ganz ruhig: Formel-1-Boss Bernie Ecclestone. Für den 85-Jährigen steht fest: "Die Formel 1 wird nie zusammenbrechen." Dabei sind ihm die Machenschaften der an Einfluss gewinnenden Hersteller durchaus bewusst.

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Unter einer Decke: Die Hersteller-Interessen sind derzeit ein zentrales Thema Zoom Download

"Es gab und gibt immer Probleme", berichtet Ecclestone gegenüber 'Auto motor und sport' aus mittlerweile rund 40 Jahren Erfahrung an der Spitze der Königsklasse. "Die Schwierigkeit in diesem Jahr bestand darin, dass die Motorenhersteller ihre eigenen Interessen verfolgt haben. Es wäre sehr leicht für Mercedes gewesen, Red Bull mit Motoren zu versorgen. Sie haben es ja mit Marussia getan. Ich hätte lieber mit Red Bull abgeschlossen. Da hätte ich mein Geld sicher bekommen. Der Grund, warum sie Red Bull abgesagt haben ist der, dass sie das verhindern wollten, was wir den Fans bieten müssen: Wettbewerb."

Aus dem hatte man Red Bull und Renault nach deren viere Jahre andauernden Dominanz mit der Einführung der neuen Turbo-Ära 2014 erfolgreich abgehängt. Damit das so bleibt, nimmt man offensichtlich eine Verbrüderung mit dem anderen großen Konkurrenten in Kauf. Denn auch Ferrari nahm von Red Bull Abstand.

Wie viel Mercedes steckt in Ferrari?

"Ich glaube, dass es da ein Abkommen zwischen Mercedes und Ferrari gab, in diesem Punkt das gleiche zu tun", vermutet Ecclestone. "Sie sind zurzeit ein bisschen an der Hüfte zusammengewachsen wie siamesische Zwillinge. Der eine tut nichts ohne den anderen. Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber es wurde mir so erzählt. Mercedes hat Ferrari technisch ein bisschen geholfen. Was der Grund dafür war, dass Ferrari aufgeschlossen hat und happy ist. Und seitdem rudern die beiden im gleichen Boot."

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Alte Hasen unter sich: Auch Gerhard Berger weiß, wie die Formel 1 funktioniert Zoom Download

Ein technischer Transfer zwischen den beiden Topteams ist weder offiziell noch im Detail bekannt. Es wäre aber nicht die erste Zusammenarbeit dieser Art in der Formel 1. Anfang der 1990er-Jahre hatte Ferrari bereits von Honda-Know-how profitiert, wie Gerhard Berger erst kürzlich in einem Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärt hat.

Dabei nutzte Berger, der damals von McLaren zu Ferrari kam, seine Verbindungen zu dem japanischen Hersteller, um deren technische Raffinessen in Bereichen wie den variablen Lufttrichtern, den Zylinderkopf-Luftströmen und der pneumatischen Ventilführung auszunutzen, die laut Berger "aus reinen Ferrari-Ressourcen nicht erreichbar gewesen wären".

Ein ähnlich geheimes Unterfangen vermutet der Österreicher nun zwischen Mercedes und Ferrari: "Anscheinend ist ja letzten Winter Technologie von Mercedes zu Ferrari gekommen. Kann durchaus sein."


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Dem feindlichen Zusammenschluss entgegen steht der Egoismus, auf den Red Bull bei Honda stieß. So bestätigt Ecclestone: "Honda wollte Red Bull Motoren geben, doch Ron Dennis war dagegen." Und der Zampano verrät noch mehr: "Honda hat mit der FIA und mir selbst eine Vereinbarung getroffen, dass sie in ihrem ersten Jahr nur ein Team ausrüsten mussten. Im zweiten Jahr zwei, und drei Teams im dritten. Irgendwie haben sie sich von Ron Dennis breitschlagen lassen, dass er ein Veto-Recht hat. Er glaubt, dass Red Bull ein ernsthafter Konkurrent sein könnte."

Auch Renault brauchte Unterstüzung

Und so war es am Ende anscheinend doch die Angst vor der Schlagkraft des viermaligen Weltmeister-Teams, die die Hersteller von einer Unterstützung abhielt, und Red Bull noch länger an die undurchsichtigen Absichten von Renault bindet.

"Wir haben Renault finanziell unterstützt, damit sie Lotus kaufen und Red Bull Motoren geben konnten", weiß Ecclestone zu berichten und wundert sich selbst: "Es ist schon ein bisschen komisch, dass ein so großes Unternehmen wie Renault diese Hilfe brauchte. Jetzt hoffe ich, dass sie auch ehrlich daran gehen, Rennen und Weltmeisterschaften zu gewinnen."

Trotz allem zweifelt Ecclestone nicht an der Integrität der Königsklassen-Führung. "Die Formel 1 wird nie zusammenbrechen. Selbst wenn wir Red Bull und Lotus verloren hätten", ist er sich sicher und bringt die Problematik noch einmal auf den Punkt:

Wie die Hersteller an die Macht kamen

"Warum sind diese Teams in der Formel 1? Weil sie Erfolg haben wollen. Sie müssen an sich denken. Das Problem ist nicht nur die Allianz zwischen Mercedes und Ferrari. Wenn wir in einem Meeting sagen, dass der Himmel morgen rosa sein sollte, dann sagen Herr Wolff (Toto, Mercedes-Motosportchef; Anm. d. Red.) und Herr Marchionne (Sergio, Ferrari-Präsident; Anm. d. Red.), dass sie damit nicht einverstanden sind. Gleichzeitig heben alle ihre Motor-Kunden die Hand. Was sollen sie anders tun? Sie sind völlig abhängig."

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Formel-1-Boss Bernie Ecclestone versucht den Einfluss zurückzugewinnen Zoom Download

"Die Motoren sind so teuer, dass viele der Kunden den Herstellern Geld schulden. Und da legt sich natürlich keiner mit seinem Motorenpartner an. Gleiches Spiel bei Ferrari und Philip Morris. Der Sponsor wird nichts unterstützen, was dem Team vermeintlich schadet. Das Ergebnis ist genauso, als würde man jemand Geld zustecken, um für das eigene Interesse abzustimmen. So wurde uns das Geschäft aus der Hand genommen."

Doch dem nun mit den Beschlüssen von Anfang Dezember bereits versucht entgegenzuwirken. "Aus dem Grund hat der FIA-Weltrat Jean Todt und mir das Mandat gegeben, in wichtigen Dingen Entscheidungen ohne die Zustimmung der Teams zu treffen", erklärt Ecclestone. "Sie haben entschieden, dass wir die Formel 1 nicht in die Hände von zwei Teams legen können."

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