• 18. April 2015 · 08:15 Uhr

Gerhard Berger: "Nico Rosberg geht es wie mir mit Senna"

Gerhard Berger erklärt, wie Nico Rosberg das Blatt gegen Lewis Hamilton wenden kann, was Rosberg fehlt und wieso es ihm gegen Ayrton Senna gleich ging

(Motorsport-Total.com) - 8:1 steht es für Lewis Hamilton gegen Nico Rosberg in Siegen, wenn man die vergangenen zehn Grands Prix Revue passieren lässt. Eine erdrückende Niederlage für Rosberg, den Vizeweltmeister 2014, der auch 2015 in den bisherigen drei Saisonrennen hinter Hamilton ins Ziel kam. In China erreichte das derzeit ungleiche Kräftemessen der beiden Mercedes-Stallrivalen mit einem Eklat bei der Pressekonferenz nach dem Rennen einen weiteren Höhepunkt. Rosberg musste viel Kritik einstecken und zog somit auch abseits der Strecke den Kürzeren.

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Rivalität: Lewis Hamilton hat Nico Rosberg derzeit in allen Bereichen im Griff Zoom Download

Einer, der sich in Rosbergs Situation hineinversetzen kann, ist der Österreicher Gerhard Berger. Der Tiroler war vor seiner Zeit als BMW-Motorsportchef, in der er Rosberg übrigens seinen ersten Formel-1-Test ermöglichte, Formel-1-Pilot bei zahlreichen Top-Teams. In den 1980er-Jahren galt er im Ferrari als zukünftiger Weltmeister, doch bei McLaren zeigte ihm Superstar Ayrton Senna seine Grenzen auf.

Welchen Fehler Berger machte

"Meine Situation 1990 bei McLaren war durchaus vergleichbar mit der von Nico und Lewis", erinnert sich der 55-Jährige, der heute der Meinung ist, dass er seine "besten Jahre in Sennas Schatten verloren" hat. "Am Anfang habe ich sehr gut mithalten können, ich war lästig für Senna. Irgendwann habe ich dann die Nerven verloren und mich viel zu sehr in Nebensächlichkeiten verbissen."

Damals brachte Berger seinen Ferrari-Renningenieur Giorgio Ascanelli, später Technikchef bei Toro Rosso, mit zu McLaren, dessen Dienste sich dann aber Senna sicherte - ein Schlag, der Berger aus dem Gleichgewicht brachte. Heute ist ihm bewusst, was er hätte anders machen sollen: "Ich hätte meine Angriffe auf Senna viel besser planen können und müssen."

Platz zwei als Trauma

Als Senna dann 1990 seinen zweiten WM-Titel eingefahren hatte, sah Berger seine Felle davonschwimmen: "Da wurde er auch noch locker. In so einer Phase ist es dann wahnsinnig schwer, so einen aus dem Gleichgewicht zu bringen."

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Gerhard Berger stand bei McLaren meist im Schatten von Superstar Ayrton Senna Zoom Download

Für Rosberg ist der Zug aber laut Berger noch nicht abgefahren. Der Wiesbadener sei zwar unter Druck, weil Hamilton auch diese Saison die Nase vorne hat, er habe aber nach wie vor "alle Möglichkeiten. Was ihm aktuell fehlt: der totale mentale und emotionale Rückhalt. Lewis hat sich durch den Titel sehr breitgemacht im Team. Das ist ein Nachteil für Nico."

Berger ist davon überzeugt, dass sich das Duell der beiden vor allem im Kopf abspielt. Rosberg dürfe sich durch die Niederlagen nun nicht selbst zerfleischen: "Für einen Rennfahrer ist es wahnsinnig hart, Zweiter zu werden. Man glaubt in dem Moment, die Welt bricht zusammen. Man muss sich deshalb klarmachen: Das bewerte ich jetzt über. Zweiter zu werden, wenn ein anderer schneller ist, ist das Beste, was möglich ist. Dann muss man ganz kühl bleiben und sein Ding weiter durchziehen."

Rosberg muss sich auf seine Stärken besinnen

Der zehnmalige Grand-Prix-Sieger fürchtet aber gegenüber der 'Süddeutschen Zeitung', dass Rosberg "noch nicht ganz" so weit ist. Auch die Körpersprache Rosbergs gefalle ihm derzeit nicht. Er müsse nun "die Nerven behalten, die Schwäche von Lewis ausnutzen und schauen, wann die Zeit für ihn spielt". Dafür müsse er seinen Kopf benutzen, anstatt es mit der Brechstange zu versuchen.

"Ich kenne Nico gut. Er war nie jemand, der aufgibt."Mika Häkkinen
Berger verweist auf Beispiele aus der Formel-1-Geschichte, in der auch nicht immer der schnellste Pilot den Titel holte, sondern der, der am coolsten kalkulierte: "Niki Lauda hat so 1984 im McLaren-Duell Alain Prost um einen halben Punkt niedergerungen. Und Prost wiederum hat auf diese Art 1989 Ayrton Senna bezwungen, als die beiden für McLaren fuhren. Senna war ganz klar der Schnellere. Aber Prost war immer so gut es ging - und wenn Senna ein Problem hatte, war er zur Stelle."

Auch Mika Häkkinen, der es im Gegensatz zu Berger schaffte, mit McLaren Weltmeister zu werden, traut es Rosberg nach wie vor zu, das Ruder im Duell mit Hamilton herumzureißen. "Ich kenne Nico gut, er war nie jemand, der aufgibt", schreibt der Finne, der Rosberg schon früh förderte und in Monaco dessen Nachbar ist, in seinem Blog bei Hermes. "Die Saison steht noch ganz am Anfang. Nico hat sein Spiel noch nicht verloren."

Er ist zwar davon überzeugt, dass Hamilton durch seinen zweiten WM-Titel deutlich an Selbstvertrauen zugelegt hat und sich deswegen für "unbesiegbar" hält, Rosberg werde aber auch weiterhin besser.

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