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Red Bull & Renault: Plötzlich wieder auf Kuschelkurs
Das zankende Ehepaar reißt sich (vorerst) am Riemen: Niemand will aussteigen und das Team keinen eigenen Antrieb bauen - Vorwürfe "aus dem Kontext gerissen"
(Motorsport-Total.com) - FIA-Pressekonferenzen der Teamchefs an den Freitagen vor den Grands Prix sind unter Formel-1-Journalisten dafür bekannt, massenhaft PR-taugliche Phrasen und wenig Nachrichtenwert zu liefern. Mit großer Spannung wurde deshalb das Aufeinandertreffen des Red-Bull-Teamchefs Christian Horner mit Renault-Geschäftsführer Cyril Abiteboul erwartet, doch es ging äußerst zivilisiert zu: Die Streithähne der vergangenen zwei Wochen demonstrierten im Vorfeld des Rennens in Malaysia Harmonie und Einigkeit.
Abiteboul will das Debakel in Australien abhaken: "Es war eine große Enttäuschung für das ganze Team. Wenn ich vom ganzen Team spreche, meine ich Red Bull, Renault und Toro Rosso", holt der Franzose alle Parteien in ein Boot. Horner pflichtet bei: "Wir sind alle Motorsportler. Wir wollen uns messen und am Ende vorne sein. Das gilt für Red Bull genau wie für Renault. Melbourne lief von Anfang bis Ende nicht nach Plan, aber es ist toll, dass beide Teams reagiert haben", verbreitet er Aufbruchstimmung.
Bei Renault führt man Aussagen der vergangenen zwei Wochen - bei denen von Lügenvorwürfen bis Ausstiegsdrohungen alles mit Zündstoff dabei war - auf Handlungen im Affekt zurück. "Wir waren frustriert. Das hat zu Dingen auf beiden Seiten geführt, die nicht gerechtfertigt waren", schlägt Abiteboul den Kuschelkurs ein und betont, von den Konzernoberen in Boulogne-Billancourt keinen Druck bekommen zu haben: "Ich will das hinter mir lassen. Keine Reaktion war irgendeiner Anweisung geschuldet."
Ecclestone glaubt nicht an Red-Bull-Ausstieg
Den Vorwurf in Richtung des ehemaligen Red-Bull-Technikchefs Adrian Newey, er würde "lügen", entschärft Abiteboul: "Das wurde aus dem Kontext gerissen, genau wie Helmuts Aussagen zur Formel 1", spielt er auf Kommentare des Motorsportberaters Marko an, der über die Möglichkeit eines Rückzugs aus der Königsklasse philosophiert hatte.
Gerüchte, Red Bull würde sich seine PS in Zukunft selbst besorgen und den mit einem Werksteam kokettierenden Renault-Konzern in die Wüste schicken, verbannt Horner in das Reich der Fabeln. "Wir haben keine Intention, einen Antrieb herzustellen", sagt er. Mit dem Kauf einer Virtual-Test-Track (VTT), einem Supersimulator für Prüfstandläufe des Antriebs mit Getriebe und Chassis, solle der Partner unterstützt werden. Allerdings verfügen bisher nur Mercedes, Honda und der Red-Bull-Partner AVL über diesen Luxus.
Meiste Token übrig: Renault startet Aufholjagd
Dass bei Red Bull Schicht im Schacht ist, glaubt allerdings niemand im Paddock. "Viele Leute sagen viele Dinge, ohne vorher darüber nachzudenken", sagt Formel-1-Boss Bernie Ecclestone und sieht der Sache gelassen entgegen: "Wenn einer nicht mehr mitmachen will, können wir ihn nicht zwingen." Auch Pilot Daniil Kwjat ist unbeeindruckt: "Egal, was irgendjemand sagt, ich gebe nie auf. Renault hat das Potenzial, das wissen wir. Wir müssen einfach den richtigen Rhythmus finden."
Abiteboul und Horner schließen sich den warmen Worten an. Die Chefs blicken nach vorne: "Wir sind nicht so schlecht", macht der Renault-Verantwortliche Mut und erinnert daran, dass sich Red Bull 2014 auch noch zur zweiten Kraft mauserte. "Abwarten, wie die Saison läuft. Vergangenes Jahr waren wir auch in der Lage, noch Rennen zu gewinnen." Horner scheint über Nacht die Gewissheit beseelt zu haben, dass der Partner gute Arbeit leistet: "Es wird besser. Renault hat offensive Pläne."
Wie schon im vergangenen Jahr spielt bei ihnen die Software eine wichtige Rolle. "Der Tunnel ist vielleicht nicht so lang wie manche vermuten", orakelt Abiteboul. Mit der Hybridtechnik gibt es mehr Kriterien als die pure Power des Motors, die noch zu V8-Zeiten maßgeblich war. Dazu hat Renault bei der Fahrbarkeit viel Luft nach oben. "Daran kann man auch ohne Token etwas ändern - und dazu sind wir der Zulieferer, der noch die meisten übrig hat", formuliert Abiteboul eine Kampfansage und liebäugelt mit weiteren personellen Umstrukturierungen.