• 18. Dezember 2014 · 12:05 Uhr

Weshalb McLaren Button so lange quälte

Auf dem Papier erschien die Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen McLaren und Jenson Button logisch, doch warum ließ das Team den Briten so lange zappeln?

(Motorsport-Total.com) - Das lange Warten hat endlich ein Ende. Mit Einbruch des Winters waren die Augen der Formel-1-Fans rund um die Welt auf McLaren gerichtet. Schließlich war das Team aus Woking das einzige, dessen Fahrerpaarung für die Saison 2015 noch offen war. Die Frage, ob Jenson Button oder Kevin Magnussen Teamkollege des verlorenen Sohns Fernando Alonso wird, blieb wochenlang unbeantwortet.

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Jenson Button ist 2015 und 2016 McLaren-Honda-Teamkollege von Fernando Alonso Zoom Download

Vergangene Woche wurde endlich bekanntgegeben, dass Button für zwei weitere Jahre Stammfahrer bleibt, während Magnussen zum "Ersatz-, Test- und dritten Fahrer" degradiert wurde. Am späten Mittwochabend unterschrieb Button den Vertrag. Wenige Stunden später saß der Brite im Zuge der Vorstellung der 2015er-McLaren-Besetzung neben Alonso, Magnussen, Honda-Motorsportchef Yasuhisa Arai und McLaren-Boss Ron Dennis.

Für Button war es eine lange und unbequeme Wartephase, aber eine, die sich unterm Strich "gelohnt hat". Auf dem Papier erschien die Vertragsverlängerung mit dem Weltmeister von 2009 logisch. Schließlich ließ er Magnussen nicht nur im Qualifying knapp mit 10:9 hinter sich. Nach WM-Punkten hielt er den Dänen deutlich (126:55) auf Distanz. Mit einer Magnussen- statt Button-Leistung hätte McLaren die Gesamtwertung hinter Force India abgeschlossen.


Fotos: McLaren-Fahrerbekanntgabe in Woking


Neben der reinen Performance spricht die größere Erfahrung für Button - vor allem im Zusammenhang mit dem Comeback von Honda. Die Tatsache, dass der Brite ein ehemaliger Weltmeister ist, stellt bei der noch immer andauernden Suche nach einem neuen McLaren-Titelsponsor ebenfalls keinen Nachteil dar. Doch wenn die Entscheidung so einfach gewesen wäre, hätte es nicht derart lange gedauert, sie zu verkünden. Nach Aussage von McLaren-Rennleiter Eric Boullier war man im Team hin- und hergerissen.

"Es gab eine lange Diskussionsphase. Wir haben in der Tat alle Vor- und Nachteile beider Fahrer ausführlich abgewogen", so Boullier, um anzufügen: "Im Verlauf der zurückliegenden Wochen haben sich die Dinge geändert - einige der Minuspunkte wurden zu Pluspunkten und umgekehrt. Wäre es nur um das nächste Jahr gegangen, wäre es einfach gewesen. Mit Blick auf 2016 und darüber hinaus, war es jedoch nicht mehr ganz so klar."

"Einige Pluspunkte können von mir als Minuspunkte ausgelegt werden. Einige Pluspunkte aus Sicht von Ron können von jemand anderem als Minuspunkte ausgelegt werden. Darüber haben wir gesprochen, und ganz ehrlich, es war eine faire Diskussion. Ich saß zusammen mit Ron in einem Raum, habe die Tür zugemacht und wir haben Argumente ausgetauscht. Das ging soweit, dass wir den Raum dreimal unentschieden verlassen haben", so Boullier.


McLaren präsentiert Alonso und Button

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Das Team stellt in Woking seine neue Fahrerpaarung vor Weitere Formel-1-Videos

Inzwischen ist die Entscheidung gefallen. Wenngleich Button erleichtert schien, endlich Klarheit zu haben, so gibt es trotzdem Fragezeichen, weshalb die Entscheidung für ihn derart lange auf sich warten ließ. Dennis sprach von "Bedenken", die er bezüglich Button hatte. Auf die Frage, welche dies im Detail gewesen seien, antwortet der McLaern-Boss nur ausweichend.

"In Wahrheit ist es doch so, dass man im Zuge von Verhandlungen irgendwann immer an einen Punkt stößt, an dem es Bedenken gibt. Als wir uns intern berieten, kam eine Reihe von Dingen auf den Tisch, die Bedenken auslösten. Als ich mit Jenson darüber sprach, glaubt man nicht, wie offen er damit umging. So etwas ist aber nur möglich, wenn man mit einem erfahrenen Rennfahrer wie ihm spricht", so Dennis.

"Ich verbrachte das Wochenende damit, Lösungen und Probleme gegeneinander abzuwägen. Anschließend informierte ich Jenson über diese Lösungen und er sagte einfach 'kein Problem'. Damit war das Thema erledigt", so der McLaren-Boss, der von "einfachem Aus-dem-Weg-Räumen von einigen der Probleme" spricht. Anschließend seien sich alle einig gewesen.

Dennis' Bedenken aus der Welt geräumt

"Wir haben sämtliche Bedenken, die ich hatte, aus der Welt geräumt. Jetzt geht es darum, die gegenseitigen Versprechen einzuhalten", so Dennis. Die angesprochenen "Bedenken" könnten dahingehend bestanden haben, mit Teamkollege Alonso fertig zu werden. Schließlich gab es schon während der Saison 2014 Phasen, in denen einige - Dennis ganz sicher - den Eindruck hatten, Button würde auf der Strecke nicht mehr vollen Einsatz geben.

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McLaren-Boss Ron Dennis war anfangs nicht von Button überzeugt, am Ende doch Zoom Download

Inzwischen seien derartige Sorgen aber ausgeräumt. "Es gibt keinen Grund, dass es Jenson nicht hinbekommen wird", so der McLaren-Boss, der als Wendepunkt in seiner eigenen Sichtweise "eigenartigerweise das Gespräch, das ich mit Jenson nach dem letzten Rennen hatte" ausmacht. Bei jenem Gespräch im Anschluss an das Saisonfinale in Abu Dhabi hatte Dennis "im Unterschied zum Monat zuvor den Eindruck, dass Jenson absolut gewillt ist, dieses Cockpit zu bekommen."

Mittlerweile zeigt sich der McLaren-Boss überzeugt, dass Button "Fernando einheizen kann" und hält fest: "Wenn er das schafft, großartig. Wenn er nah an ihn herankommt, großartig. Wir wollen doch zwei Fahrer, die Rennen gewinnen. Innerhalb eines Teams ist es nun mal die erste Vorgabe, den Teamkollegen zu schlagen. Wie man aber seinen Teamkollegen schlägt, ist für die Stimmung im Team ganz entscheidend."

"Diese Jungs kennen sich aus. Sie wissen, wie die Medien ticken. Sie wissen, wie innerhalb eines Teams gedacht wird und sie haben genug McLaren-Erfahrung, um zu wissen, dass wir ein gemeinsames Ziel verfolgen - wir müssen gewinnen", so Dennis abschließend. Für Button ist es jetzt, da die Wahl auf ihn gefallen ist, an der Zeit, an der Seite des vielleicht weltbesten Fahrers Leistung zu bringen.

Kevin Magnussen das fünfte Rad am Wagen

Bleibt die Frage nach Magnussen. Der Däne hat in seiner Rookie-Saison nicht genügend überzeugt, um auch kommendes Jahr Stammfahrer zu sein. Ohne Hilfestellung vom Team hat Magnussen über die Renndistanz noch immer damit zu kämpfen, richtig mit seinen Reifen zu haushalten. Dennoch hat der Däne gute Arbeit geleistet. Und er ist erst 22 Jahre alt. Sowohl Alonso als auch Button sind mehr als zehn Jahre älter...

Dennis und Boullier glauben, dass Magnussen das Zeug hat, einer der Topfahrer in der Formel 1 zu werden. Aus diesem Grunde bleibt er als Test- und Ersatzfahrer an Bord. Derzeit hat man es hier nach Ansicht der McLaren-Chefetage aber mit ungenutztem Potenzial zu tun. Anlässlich der Bekanntgabe in Woking machte Magnussen gute Miene und stellte positiv heraus, dass er noch jung und weiterhin Bestandteil des Teams ist.

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Kevin Magnussen ist Ersatzfahrer für die Stammpiloten Alonso und Button Zoom Download

Dennis verweist mit Blick auf Magnussens aktuelle Situation auf jene wie sie bereits die Weltmeister Alonso und Mika Häkkinen durchlebten: "Mir kam die schmerzhafte Aufgabe zu, ihm erklären zu müssen, weshalb wir uns für Jenson entschieden haben. Dabei machte ich Kevin klar, dass ich ganz fest daran glaube, dass er mit Fernando und Mika etwas gemeinsam hat. Ein Jahr als Testfahrer nimmt einem nicht die Chance, in Zukunft Rennen zu fahren. Fernando war ein Jahr lang Testfahrer für Minardi und Renault. Mika fuhr zwei Jahre für Lotus, kam dann zu uns, war zunächst ein Jahr lang Testfahrer und anschließend Stammfahrer. Anschließend gewannen beide WM-Titel."

Unterm Strich war die getroffene Entscheidung die einzige, die für McLaren sicherstellte, dass Button und Magnussen dem Team erhalten bleiben. Hätte McLaren Button nicht behalten, hätte sich dieser aus der Formel 1 verabschiedet und seine immense Erfahrung mitgenommen. "Wir glauben, dass es die fairste Lösung ist. Möglicherweise ist Kevin nicht derselben Meinung, aber es war das fairste, was wir für McLaren-Honda tun konnten", so Boullier im Hinblick auf die Entscheidung der vergangenen Woche.

"Wir können verstehen, dass er enttäuscht ist. Weiterhin Teil der Familie zu sein, ist aber das Beste, was wir ihm anbieten konnten", so Boullier, der Magnussen Hoffnung macht: "Das Projekt McLaren-Honda ist ein riesiges und es bietet ihm jede Menge Potenzial zu lernen - erst Recht von diesen Jungs (Button und Alonso; Anm. d. Red.). Er wird auch im kommenden Jahr den direkten Bezug zu den Rennautos haben. Das wird seiner Erfahrung und seinem Profil als Rennfahrer zuträglich sein. Er hatte eine sehr gute Rookie-Saison und es gibt keinen Grund, weshalb er nicht irgendwann wieder Rennen in der Formel 1 fahren sollte."

All dies erklärt natürlich noch nicht, warum die Entscheidung derart lange auf sich warten ließ. Rückblickend betrachtet erscheinen schwierige Entscheidungen aber häufig deutlich einfacher. McLaren hat für den Moment sicher die richtige Entscheidung getroffen - etwas, was man in Bezug auf die Strategie am Rennwochenende nicht immer behaupten kann. Man kann dem Team vorwerfen, die Dinge unnötig kompliziert und "überdacht" zu haben, aber unterm Strich wurde eine Entscheidung getroffen.

Nun richten sich die Augen der Formel-1-Fans endlich wieder weg von der Fahrerfrage in Woking, hin zum Duell zweier Weltmeister, die sich mit identischem Material gegenseitig einheizen werden. Das ist etwas, worauf sich jeder Formel-1-Fan freuen kann.

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