• 20. August 2014 · 21:29 Uhr

Warum eine umgedrehte Startaufstellung Spektakel verspricht

Der Ungarn-Grand-Prix war spannend, doch für Edd Straw ist eine umgekehrte Startaufstellung der einzige Weg, das öfter zu wiederholen - Eine gute Idee?

(Motorsport-Total.com) - Der Ausgang der Formel-1-Weltmeisterschaft 2014 wird sich in acht Rennen innerhalb von 14 Wochenenden entscheiden, beginnend am Sonntag mit dem Großen Preis von Belgien. Sollten einige der Events so dramatisch wie Ungarn sein und sollte der WM-Kampf so packend wie bisher bleiben, dann wird die Saison 2014 als Klassiker in Erinnerung bleiben.

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Die Letzten werden die Ersten sein: Die Zukunft der Formel 1? Zoom Download

Aber die Spanne zwischen dramatischen, denkwürdigen Rennen und dem Alltäglichen ist so dünn wie eine Rasierklinge. Man muss nur auf den Ungarn-Grand-Prix schauen, der die Formel 1 auf einem Hoch in die Sommerpause entließ. Hätte Marcus Ericsson seinen Caterham nicht in Kurve 4 der achten Runde frontal in die Barriere geworfen, dann wäre das Safety-Car nicht früh herausgekommen, das Nico Rosberg, Valtteri Bottas, Sebastian Vettel und Fernando Alonso in Probleme brachte.

Es hätte keinen spektakulären Sieg für Daniel Ricciardo gegeben, nachdem er Lewis Hamilton und Alonso überholt hat, es hätte keine Teamorder-Kontroverse bei Mercedes gegeben, und vermutlich hätte es auch kein zweites Safety-Car wegen Sergio Perez gegeben, der sich in die Boxenmauer gedreht hat. Wir hätten also auch keinen Alonso gesehen, der auf gebrauchten Gummis eine unglaubliche Fahrt hingelegt hat, um eine Chance auf den Sieg zu haben, und wir hätten auch nicht die lustige Schwäche der Wettervorhersagen von McLaren beobachten können.

Stattdessen hätten wir gesehen, wie Rosberg mühelos gewinnt, da er bereits neun Sekunden Vorsprung hatte. Es wäre um die ersten Boxenstopps ein wenig interessant geworden, da die Leute, die zu früh oder zu spät auf Trockenreifen gegangen wären, an Boden verloren hätten. Aber das ist nichts im Gegensatz zu dem Spektakel, das wir geboten bekommen haben. Abgesehen davon und der Spannung, wie weit nach vorne Hamilton noch hätte klettern können, hätte es wenig Interessantes gegeben. Es wäre ein weiteres normales Rennen geworden.

Ein spannendes Rennen ist Glück

Kurz gesagt war es Glück, dass das Rennen so spektakulär war. Und das war es auch nur, weil sich alles verschoben hatte. Autos waren außerhalb ihrer normalen Position, und wir haben ein paar extreme Unterschiede bei den Boxenstoppstrategien gesehen. Langsamere Autos haben versucht, vor den schnelleren zu bleiben, und nicht vergessen darf man ein paar große Namen auf frischen Schlappen gegen Ende des Rennens. All das ist eine Formel für einen aufregenden Grand Prix.

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Der Dreikampf in Budapest war spannend, aber er war nur Zufall Zoom Download

Und während die Formel 1 damit beschäftigt ist, sich selbst in einem Anfall von zerstörerischer Selbstanschauung zu zerfleischen, wirft dies die Frage auf, wie man sicherstellen kann, dass Rennen wie diese zur Norm werden - und natürlich ob es überhaupt der richtige Weg ist, die Formel 1 dahin zu steuern.

Bislang war die Saison 2014 packend, aber die starke Anzahl an Beschwerden des lauteren Teils der Fanbase zeigt, dass es nicht gut genug ist. Sollte dies eine repräsentative Ansicht sein (und richtige Untersuchungen sind nötig, um sicherzustellen, dass nicht nur auf das lautere Feedback gehört wird), wie kann die Formel 1 dann sicherstellen, dass ihr Produkt diese Erwartungen erfüllt?

Das Beispiel Großer Preis von Ungarn zeigt, wie schwierig es ist, die Show zu würzen. Es ist einfach eine Frage der Kontrolle - beziehungsweise das Fehlen ebendieser. Technische Regularien - wie die leistungsstärkeren Motoren, die die Kontrolle bei rutschigen Bedingungen erschweren, oder DRS - spielten nur eine kleine Rolle. Der Großteil der Faktoren war nicht kontrollierbar.

Die Frage ist: Was kann man kontrollieren?

Wetter? Das kann nicht kontrolliert werden (nein, Sprinkler sind und waren nie eine gute Idee). Fahrer können auch nicht in günstigen Momenten zum Crash gezwungen werden (außer in ungewöhnlichen und berühmt-berüchtigten Umständen). Und man kann auch nicht dramatische Unterschiede bei der Strategie garantieren (und wenn, dann gibt es Kritik an schnell abbauenden Reifen).

Welche Faktoren kann man also kontrollieren? Fragt man den durchschnittlichen, ranghohen Ingenieur, die ja häufig für fehlende Ideen für technische Regularien kritisiert werden, dann werden viele sagen, dass es die sportlichen Regeln sind, die einen größeren Einfluss auf das Produkt haben.


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Doch während es laut gängiger Meinung einfach nur breitere Reifen und drastisch beschnittene Aerodynamik braucht, um jedes Rennen in einen Italien-Grand-Prix von 1971 zu verwandeln, ist klar, dass das Technische Reglement nicht so einflussreich ist, wie wir vielleicht glauben wollen. Formel-1-Teams - selbst die schlechten - sind verdammt gut und werden schon bald den besten Weg herausgefunden haben, wodurch es wieder einmal auf Kleinigkeiten ankommt, die den Unterschied ausmachen.

Beim Sportlichen Reglement gibt es nur eine Sache, die man steuern kann: eine vermischte Rangfolge. Die Tradition, Autos nach ihrer Trainingspace aufzureihen, ist keine natürliche Charaktereigenschaft des Rennsports. Das erste Vierteljahrhundert des Grand-Prix-Rennsports kam ziemlich gut ohne damit aus. Natürlich garantiert ein vermischtes Feld kein dramatisches Rennen - es wird nicht jedes Rennen zu einem Suzuka 2005 machen - aber es erhöht die Wahrscheinlichkeit eines guten Rennens. Allein das ist es wert, die Idee in Betracht zu ziehen.

Reversed-Grid kein "Gimmick"

Dabei gibt es verschiedene Formen einer umgedrehten Startaufstellung. Überholen ist in einfachster Form eine Funktion eines schnelleren Autos hinter einem langsameren. Erhöht man nun also die Wahrscheinlichkeit dafür, dann steigt auch die Wahrscheinlichkeit eines dramatischen Rennens.

Es gibt verschiedene Formen, die eine durchmischte Startaufstellung annehmen kann. Einige werden argumentieren, dass es ein "Gimmick" ist. Das ist einer dieser ärgerlichen, abwertenden Begriffe, über die Leute ein bisschen mehr nachdenken sollten, bevor sie damit herumwerfen. DRS wird als Gimmick beschimpft, und es gibt eine berechtigte Basis dafür, da das Auto dahinter einen künstlichen Vorteil hat. Aber man kann nicht bestreiten, dass es eine zweckmäßige Lösung des Problems ist, über das sich vor fünf Jahren alle unaufhörlich beschwert haben.

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Eine verrückte Startaufstellung sorgte in Suzuka 2005 für ein packendes Rennen Zoom Download

Aber eine durchmischte Startaufstellung, die auf faire und gerechte Weise hergestellt wird, ist kein Gimmick. Wenn man eine Lotterie abhalten würde, um die Reihenfolge zu bestimmten, dann wäre es schlecht. Darum ist auch das Saisonfinale mit den doppelten Punkten falsch, da es den Ausgang der Meisterschaft unfairerweise in Richtung eines von 19 Rennen drückt - in der Hoffnung, so einen Titel-Showdown kreieren zu können.

Aber wenn man einen Weg findet, die Aufstellung ordentlich umzukehren, dann wäre es keiner. Es wäre ein enormer kultureller Wandel in der Formel 1, auch wenn das Format in anderen Motorsportformen genutzt wird. Das wäre ein großer Schritt, aber es wäre faszinierend zu sehen, wie die Formel 1 ernsthaft analysiert, ob diese Idee tragbar ist. Es gibt vielleicht ein paar Nachteile: Die meisten werden vielleicht sagen, dass der potenzielle Verlust der Qualifikation die potenziellen Vorteile überwiegen werden. Darum sollte man das genau evaluieren.

Verständnis und Forschung gewünscht

Leider würde dies Nachforschung, Verständnis und die Anwendung von Härte erfordern, für die Grand-Prix-Sport allerdings nicht in der Lage scheint. Stattdessen würde es eine weitere Quasselbude geben, in der Leute mit Ideen um sich werfen, unbegründete Behauptungen aufstellen und Entscheidungen ohne notwendige Sorgfalt treffen.

Das alles ist Teil einer größeren Debatte darüber, was Grand-Prix-Sport sein sollte. Es ist eine Debatte, die eher auf Verstehen aufgebaut sein sollte anstatt auf vagen Ideen und nostalgiegetriebenen Versuchen, die Vergangenheit zu reproduzieren. Grand-Prix-Sport war schon immer vorrausschauend. Allerdings wird dafür klares Denken benötigt, das im Moment scheinbar nicht vorrätig ist.

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In der Formel 1 wird viel diskutiert, meist jedoch ohne Erfolg Zoom Download

Für die Formel 1 ist es an der Zeit zu verstehen, welche vielen Dinge richtig laufen und welche Dinge falsch laufen. Wenn - und das ist ein großes Wenn - das Racing an sich das Hauptproblem ist, wie einige unermüdlich behaupten, dann wäre eine umgedrehte Startaufstellung eine Idee, über die man mal nachdenken sollte. Es geht nicht einfach darum, Leute zu fragen, was sie wollen. Man muss zu den funktionierenden Grundsätzen gelangen.

Die Schlüsse sollten tiefer gehen, als ständig mit Worten wie "Gimmick" oder "künstlich" um sich zu werfen, die nur ein Platzhalter für Argumente sind, die eingehender artikuliert und untersucht werden müssen. Selbst wenn die Einführung der umgedrehten Startaufstellung eine gültige Idee wäre - was sie ist, weil sie viel mehr Rad-an-Rad-Racing bieten würde - und als richtiger Weg entschieden werden würde, wäre sie kein Allheilmittel.

Stattdessen müsste sie Teil einer weiteren Strategie des Sportes werden. Dieser läuft nämlich Gefahr, den kompletten Sinn zu verlieren, von was er eigentlich versucht zu sein. Ein Sport, bei dem es buchstäblich um Im-Kreis-Fahren geht, darf nicht auch bildlich gesehen so werden, wenn er Erfolg haben will.

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