• 15. April 2014 · 13:51 Uhr

2006: Ein China-Grand-Prix für die Ewigkeit

Sein letzter Sieg: Drei Wochen nach der Rücktritts-Bekanntgabe gewinnt Michael Schumacher in Schanghai und übernimmt ein letztes Mal die WM-Führung

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix von China ist 2006 das 16. von 18. Saisonrennen, doch nur zwei Fahrer haben vor dem erst dritten Formel-1-Lauf auf dem Shanghai International Circuit noch WM-Chancen: Fernando Alonso (Renault) mit 108 und Michael Schumacher (Ferrari) mit 106 Punkten. Dabei hatte es zur Halbzeit der Saison noch nach einem Spaziergang für Alonso ausgesehen, immerhin führte dieser nach dem Grand Prix von Kanada schon mit 84:59 Zählern. Das war beim Wertungssystem 10-8-6-5-4-3-2-1 ein größerer Vorsprung, als es nach heutigen Maßstäben den Anschein hat.

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Michelin und Renault scheinen zunächst eine unerstürmbare Bastion zu sein Zoom Download

Es sieht schon alles entschieden aus, als Alonso im Sommer vier Rennen hintereinander gewinnt, in denen Schumacher dreimal Zweiter und einmal Fünfter wird. Aber Schumacher kontert mit einem Hattrick in Indianapolis, Magny-Cours und Hockenheim, gewinnt auch das Ferrari-Heimspiel in Monza (bei dem er seinen Rücktritt erklärt) und wittert plötzlich wieder eine Chance. Im Vorfeld des Grand Prix von China spricht alles davon, dass er möglicherweise doch noch als Weltmeister abtreten kann.

Aber im verregneten Qualifying von Schanghai spricht zunächst viel dafür, dass Alonso vor den beiden Schlussrennen in Suzuka und Sao Paulo für eine Vorentscheidung sorgen wird. In Q1 ist er um 3,238 Sekunden schneller als Schumacher, in Q2 um 1,709, in Q3 immer noch um 1,415 Sekunden. Das bedeutet Pole-Position für den Spanier, Startplatz sechs für den Deutschen - und eigentlich eine klare Ausgangsposition zugunsten des Titelverteidigers.

Schumacher einziger Bridgestone-Fahrer in den Top 10

Aber dafür verantwortlich ist nicht etwa eine schlechte fahrerische Leistung von Schumacher oder technische Unterlegenheit des Ferrari-Teams, sondern vielmehr der eklatante Unterschied zwischen Michelin- (Renault) und Bridgestone-Reifen (Ferrari) auf nasser Strecke. Bände spricht, dass Schumacher der einzige Bridgestone-Fahrer in den Top 10 ist. Nächstbester Vertreter des japanischen Pneuherstellers: der zweite Ferrari-Pilot Felipe Massa auf Rang 13.


Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in China

Und auch im Rennen sieht zunächst alles nach einer Alonso/Renault/Michelin-Show aus: Der Polesetter gewinnt den Start vor seinem Teamkollegen Giancarlo Fisichella, der ihn nach hinten konsequent gegen Kimi Räikkönen (McLaren) abschirmt, und baut seinen Vorsprung auf rund 20 Sekunden aus. Bis seine Intermediates einbrechen und er beim frühen Wechsel auf Trockenreifen hinter Schumacher und Fisichella zurückfällt.

Fataler Fehler: Alonso wechselt nur die Vorderreifen

Der taktische Fehler unterläuft Renault beim ersten Boxenstopp: "Wir trafen die Entscheidung, an der Vorderachse ein neues Paar Reifen aufzuziehen, und das war falsch, wie wir anhand von Fisichella und Michael sahen, die alle vier Reifen am Auto behielten und wesentlich schneller waren", räumt Alonso ein. "Danach konnte ich nur noch so früh wie möglich auf Trockenreifen wechseln und hoffen, dass ich auf Michael Zeit gutmachen kann. Aber am Ende waren nicht genug Runden übrig."

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Michael Schumacher überholt Giancarlo Fisichella und geht erstmals in Führung Zoom Download

Plötzlich führt "Schumi" den Grand Prix an! Der siebenmalige Weltmeister hat in der neunten Runde seine Aufholjagd begonnen, schnappt sich zuerst die beiden Hondas; das Problem Räikkönen erledigt sich wegen eines Problems mit der Gasannahme von selbst. Als Fisichella dann etwas später zum Reifenwechsel an die Box kommt und dem von hinten heranstürmenden Schumacher mit einem Fehler in der Schneckenkurve die Tür aufmacht, nimmt dieser dankend an.

Aber nicht ganz ohne Herzflattern: "Mir war schon klar, dass er bis zu einem gewissen Grad ans Limit gehen würde. Ich bin dann auch aufs Gras innen ausgewichen, um eine Kollision zu vermeiden. Ich dachte mir schon, dass es dort eng werden könnte, denn ich hatte im Training auch ein paar solche Momente an der Stelle, ein paar Fahrer haben sich sogar gedreht. Also ließ ich es ruhig angehen, aber selbst das war noch fast zu schnell. Ich sah dann eine Lücke und stach hinein."

Schumacher kann sich von Fisichella sofort absetzen

Von da an glaubt der Ferrari-Pilot erstmals an diesem Wochenende an den Sieg: "Da war für mich schon die ziemlich große Hoffnung vorhanden, dass wir bei den Bedingungen in jener Phase des Rennens mit unseren Reifen einen Vorteil haben könnten. Mit diesem Vorteil konnte ich mir dann ein ziemlich beruhigendes Polster schaffen." Das dann auch ausreicht, um den im Finish wieder sensationell schnellen Alonso in Schach zu halten.


Highlights des Grand Prix von China 2006

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Zittern müssen die Tifosi noch einmal, als in der Schlussphase ein weiterer Regenschauer über Schanghai hereinbricht. Schumacher nimmt Tempo raus, büßt in der vorletzten Runde drei Sekunden ein, rettet aber am Ende 3,121 Sekunden Vorsprung auf Alonso über die Ziellinie. Angst und bange wird ihm deswegen nicht: "Mit sechs Sekunden Vorsprung gibt es überhaupt keinen Grund, den Vorsprung ins Ziel zu fahren, sondern es reicht ein kleines bisschen."

Schumachers 91. und letzter Sieg in der Formel 1

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Michael Schumachers 91. Sieg in der Formel-1-WM sollte sein letzter bleiben Zoom Download

Erstmals im Jahr 2006 - seinem (vermeintlich) letzten in der Formel 1 - führt Schumacher damit die Weltmeisterschaft an, mit 116:116 Punkten, aber 7:6 Siegen. "Diese WM kann nur Schumacher gewinnen", prophezeit Gerhard Berger nach dem Rennen. "Er ist ein Ausnahmekönner, das hat er heute wieder bewiesen." Aber Berger irrt sich: Ein Motorschaden beim darauffolgenden Grand Prix von Japan wird Schumacher alle realistischen Titelchancen kosten.

Der Grand Prix von China 2006 geht aber aus einem ganz anderen Grund in die Geschichte ein: Es ist Schumachers 91. Sieg in der Formel 1 - und sein letzter. Dass er nicht nur in den beiden finalen Saisonrennen 2006 nicht mehr gewinnen würde, sondern auch in drei Mercedes-Comeback-Jahren von 2010 bis 2012, das ist zum damaligen Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Aber die ewige Bestenliste führt Schumacher mit 91 Grand-Prix-Erfolgen bis heute überlegen an...

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