• 01. September 2016 · 09:39 Uhr

Warum Max Verstappen nichts falsch gemacht hat

Experte Gary Anderson bricht eine Lanze für Max Verstappen und ermuntert den Niederländer: "Bleibe so wie du bist, Max!"

(Motorsport-Total.com) - Max Verstappen stand beim Grand Prix von Belgien im Mittelpunkt des Geschehens und wurde anschließend von einigen seiner Rivalen kritisiert. Mit dem Finger auf ihn zu zeigen, trifft aber den Falschen. Ich war in der luxuriösen Lage, den Belgien-Grand-Prix nicht live sehen zu können. Andere Verpflichtungen waren wichtiger, wie zum Beispiel eine Bootstour mit meinen Enkelkindern. Daher konnte ich mir das Rennen erst am Montagabend anschauen.

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Gary Anderson hält die Kritik an Max Verstappen für überzogen Zoom Download

Es spreche deshalb von Luxus, weil ich die Online-Berichterstattung verfolgen konnte, während ich den Grand-Union-Kanal entlang schipperte. Das war toll, denn so kannte ich das Ergebnis. Was die Zwischenfälle rund um Max Verstappen betraf, konnte ich lesen was andere darüber dachten, ohne selbst eine vorgefasste Meinung zu haben.

Abgesehen von allen Zwischenfällen und Unfällen entsprach das Ergebnis des Rennens dem, was man erwarten durfte. Mercedes war wieder einmal dominant. Nico Rosberg feierte einen Start-Ziel-Sieg, und Lewis Hamilton fuhr vom Ende des Feldes bis auf Platz drei.

Startkollision war ein Rennunfall

Fangen wir von vorne an, mit dem Start. Rosberg auf der Pole, Verstappen auf zwei und die Ferraris von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel in der zweiten Startreihe: Das waren die Zutaten für den ersten Zwischenfall. Die erste Kurve in Spa ist als potenzielle Unfallstelle bekannt, und Verstappen wollte nach seinem schlechten Start verlorenen Boden gutmachen. Und das hat er richtig gut gemacht, als er innen neben Räikkönen hineingestochen ist. Dafür wurde er zwar auch kritisiert, aber schauen wir auf die Fakten.


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Er hat seine Räder nicht blockiert und hatte das Auto beim Einlenken in die Kurve voll unter Kontrolle. Weiter nach rechts hätte er nicht fahren können, doch Räikkönen zog zu ihm herüber - vor allem, weil er seinerseits von Vettel nach rechts gedrängt wurde und ihm der Platz ausging. Verstappen wurde von vielen Medienvertretern dafür gescholten, aber das war meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt.

Es gibt etwas, das nennt sich Rennunfall, und das war so einer. Man könnte dafür nur einem Fahrer die Schuld geben, und das ist der viermalige Weltmeister Vettel. Er ist schon oft genug in der ersten Runde eines Grands Prix um die erste Kurve in Spa gefahren und hätte wissen müssen, dass man mit denen auf der Innenbahn aneinander geraten kann, wenn man außen fährt.

Verstappen ist wie Senna und Schumacher

Alle drei Fahrer trugen bei dem Zwischenfall Beschädigungen an ihren Autos davon, und alle drei würden vielleicht anders handeln, wenn sie noch einmal in der gleichen Situation wären. Aber zurückspulen können leider nur wir Zuschauer, dadurch ändert sich aber nicht, was geschehen ist. Die Fahrer müssen ständig Augenblicksentscheidungen treffen und sollten dabei öfter richtig als falsch liegen. Dafür werden sie so gut bezahlt.

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Für Gary Anderson ist Max Verstappen ein zukünftiger Champion Zoom Download

Verstappens Überholmanöver und seine Abwehr von Angriffen später im Rennen war ebenfalls akzeptabel. Er war gerade noch so am Limit, aber genau deshalb sticht er aus den anderen heraus. Als neuer Fahrer muss man sich vom ersten Tag in der Formel 1 an Respekt verschaffen, und das macht er. Das haben andere große Fahrer vor ihm genau so gemacht, und wenn die anderen damit nicht zurechtkommen, sollten sie sich vielleicht etwas anderes suchen.

Auch Fahrer wie Ayrton Senna und Michael Schumacher wurden oft kritisiert, waren aber alles andere als schlecht. Trotz seiner erst 18 Jahre ist Max Verstappen das Zugpferd der Formel 1, und dass nur wegen seines Fahrstils. Das dürfen die anderen Fahrer nicht vergessen. Sollte er irgendwann reifer werden und seinen aggressiven Fahrstil aufgeben, wäre er nur noch einer von vielen Namen im Starterfeld der Formel 1.

Erinnerungen an den jungen Eddie Irvine

Ich habe mit vielen jungen Fahrern zusammengearbeitet, die neu in der Formel 1 waren. Und ja, es ist frustrierend, wenn sie das Auto wegwerfen. Man denkt oft: Hätte er ein bisschen mehr nachgedacht, hätten wir ein besseres Ergebnis eingefahren. Allerdings haben wir kaum einmal um den Sieg gekämpft, sondern höchsten um die Punkte.

Wenn man aber für ein Team fährt, mit dem man die Meisterschaft gewinnen kann, ist das etwas anderes. Dann muss man jede Gelegenheit nutzen, die sich einem bietet. Bleibe so wie du bist, Max! Ich liebe deine Art. Die anderen müssen einfach damit zurechtkommen, dass du vollkommen entschlossen bist, zu gewinnen. Wenn ich auf die zurückblicke, mit denen ich zusammengearbeitet habe, erkenne ich Parallelen zu Eddie Irvine in seinen Anfangstagen.

Er stieg Ende 1993 bei Jordan in die Formel 1 ein und hatte in Suzuka den berühmten Zwischenfall mit Ayrton Senna. Später wurde er drei Rennen gesperrt (ursprünglich nur für eines, aber nach unserem Einspruch wurde das Strafmaß erhöht), nachdem er in Interlagos mit Jos Verstappen kollidiert war, der dann auf Martin Brundles Kopf gelandet ist.

Was Ferrari von Red Bull unterscheidet

Wie Max war Eddie damals hart, aber fair. Beim Rennen in Suzuka ist er in den ersten beiden Kurven an einigen etablierten Fahrern vorbeigefahren. Einige haben sich beschwert, dabei hätten sie es genau so machen können. Für mich als Technischer Direktor war das kein Problem.

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Sehr frustrierend war es hingegen, wenn sich zwei Teamkollegen gegenseitig aus dem Rennen nehmen. Das ist Max nicht passiert, noch nicht, könnte aber nur eine Frage der Zeit sein. Das muss Christian Horner bei Red Bull vermeiden.

Es lohnt sich übrigens, noch einmal auf die Auswirkungen des Zwischenfalls in der ersten Kurve in Spa zu schauen. Sowohl Räikkönen als auch Verstappen mussten sich eine neuen Fahrzeugnase abholen, und bei Red Bull lief das wie ein Uhrwerk. Das Team hat offensichtlich hart daran gearbeitet.

Bei Ferrari glich der Nasenwechsel eher einem Glücksspiel. Das sagt einiges über die Unterschiede zwischen beiden Teams aus. Bei Ferrari wirkt alles was passiert, wie ein unvorhersehbares Ereignis. Man denkt nicht voraus und bereitet sich nicht auf mögliche Probleme vor, und dafür zahlt das Team momentan den Preis.

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