• 10. Dezember 2015 · 13:37 Uhr

Psychospielchen & Co.: Jahresrückblick 2015 mit Timo Glock

Timo Glock über die Formel-1-Saison 2015: Warum "Cap-gate" kein "-gate" war, Damenbinden im Helm sinnvoll sind und Nico Hülkenberg noch nicht angerufen hat

(Motorsport-Total.com) - Weil RTL inzwischen auch Fußball macht und Stamm-Formel-1-Moderator Florian König am 11. Oktober vom Länderspiel zwischen Polen und Deutschland aus Warschau berichtete, schickte der Kölner Privatsender beim zeitgleich stattfindenden Grand Prix von Russland ein "Ersatzteam" nach Sotschi. Diesem gehörte, anstelle von Niki Lauda, Timo Glock an.

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Zweite Karriere als Experte? Timo Glock kommt bei den Formel-1-Fans gut an... Zoom Download

"Hat Spaß gemacht", sagt Glock über seinen ersten großen Auftritt als TV-Experte. Das spürten die RTL-Zuschauer und gaben auch durchwegs positives Feedback. Grund genug, uns den ehemaligen Formel-1-Fahrer für ein ausführliches Interview zu schnappen und die Saison 2015 Revue passieren zu lassen. Schwerpunkt des Gesprächs war natürlich das Mercedes-Duell Hamilton vs. Rosberg, aber es wurden auch andere Themen aus der Sicht des noch aktiven Rennfahrers beleuchtet.

Warum beispielsweise "Cap-gate" eher kein bewusst gesetztes Psychospielchen war, kann keiner so gut beurteilen wie einer, der selbst schon an einer Formel-1-Siegerehrung teilgenommen hat. Und keiner kann sich so gut in Sebastian Vettel reinversetzen wie ein früherer Grand-Prix-Pilot, wenn am Ferrari bei über 300 km/h plötzlich der Reifen platzt. Oder warum es wichtig ist, vom ersten Rennen an mit einem positiven Momentum in die Saison zu starten.

Timo Glock fährt seit 2013 in der DTM für BMW und hat dort schon zwei Rennen gewonnen, zuletzt in der zurückliegenden Saison in Oschersleben. Davor absolvierte er zwischen 2004 und 2012 (mit Unterbrechungen) 91 Grands Prix für Teams wie Jordan, Toyota und Marussia. Dreimal stand er sogar auf dem Podium. Der 33-Jährige lebt seit 2012 in Gottlieben in der Schweiz und ist immer noch gelegentlich Gast im Formel-1-Paddock.

Spaß gehabt auf der anderen Seite der Kamera

Frage: "Timo, Sie waren in Sotschi als Experte für RTL tätig, anstelle von Niki Lauda. Das ist auch gleich meine erste Frage: Hat Ihnen die andere Seite der Kamera Spaß gemacht?"
Timo Glock: "Ja, auf jeden Fall! Es war ein sehr schönes Wochenende, ich hatte viel Spaß. Mir ist das relativ leicht gefallen. Mit Nico Holter habe ich ganz gut harmoniert, und die ganze RTL-Truppe drumherum, das waren alles entspannte Leute. Wir hatten echt ein gutes Wochenende. Hat Spaß gemacht!"

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In Oschersleben hat Timo Glock 2015 sein einziges DTM-Rennen gewonnen Zoom Download

Frage: "Sie sind von der Formel 1 noch nicht so weit weg wie Niki Lauda, sind mit den meisten Jungs selbst gefahren. Ist es schwierig, die dann auch zu kritisieren, obwohl Sie die Fahrerseite gut verstehen können?"
Glock: "Nein, schwer fällt mir das nicht. Ich kenne das aus eigener Erfahrung und habe versucht, es immer so zu erklären, wie ich glaube, dass ich es selbst erlebt hätte. Das bedeutet nicht, dass es bei demjenigen auch so sein muss."

"Ich habe einfach versucht, mit meinem Wissen als Fahrer dem Zuschauer alles so zu erklären, dass es verständlich ist - und was in einem vorgeht, zum Beispiel beim Unfall von Sainz. Das sind natürlich Dinge, die du dem Zuschauer besser rüberbringen kannst, weil du schon mal selbst in der Position warst."


Frage: "Carlos Sainz war in Sotschi 17 Minuten lang unter den Reifenstapeln vergraben und hatte auch keinen Funk, weil der Strom im Auto weg war. Können Sie nachvollziehen, was ihm durch den Kopf gegangen ist?"
Glock: "Ich glaube, dass ihm weniger durch den Kopf gegangen ist. Eher seinem Vater, seiner Familie und dem Team, die wahrscheinlich null Informationen hatten. Das sind ewige Minuten."


Timo Glock: DTM-Sieg in Oschersleben 2015

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"Ich glaube, dass es für ihn natürlich eine unangenehme Situation war, wenn du da unter dem Reifenstapel bist. Aber wenn du da unten drinsteckst und merkst, dir tut nichts weh, du kannst alles bewegen, dann ist es glaube ich nicht so schlimm. Aber für die Außenstehenden war es wahrscheinlich eine Qual. Wenn du keine Nachricht bekommst, nicht mal die Hände siehst von dem Fahrer, der wenigstens mal den Daumen hoch machen könnte, dann ist das schon ziemlich heftig."

Keine Frage: Hamilton ein verdienter Weltmeister

Frage: "Steigen wir direkt bei Mercedes ein, beim Duell Lewis Hamilton gegen Nico Rosberg. Ganz direkt gefragt: Ist für Sie der richtige Fahrer Weltmeister 2015 geworden?"
Glock: "Ja, absolut. Lewis hat bis auf die letzten drei, vier Rennen, bis Austin eben, den besten Job gemacht und die Dinge am besten umgesetzt. Er ist absolut verdient Weltmeister geworden, klar."

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Lewis Hamilton und Nico Rosberg lieferten sich das Duell des Jahres Zoom Download

Frage: "Können Sie als Fahrer für uns mal greifbar machen, was die beiden denn anders machen, wenn sie im Auto sind? Sprich: Liegt dem einen Untersteuern ein bisschen besser, sägt der andere härter am Lenkrad? Das können Sie als Fahrer vermutlich ganz gut darstellen."
Glock: "Das hat einfach mit dem Fahrstil zu tun, aber auch mit dem Gefühl und der Sicherheit, die dir das Auto zurückgibt, mit dem Feedback, das es dir vermittelt. Das heißt, wie ich spüre, was das Auto macht, ob ich sofort merke, okay, der Reifen funktioniert. Dann kann ich eben ein bisschen mehr über das Limit gehen als die anderen, weil mir das Auto eben das Feedback gibt, das ich benötige."


Frage: "Aber die beiden haben einen unterschiedlichen Fahrstil. Was macht Hamilton konkret anders als Rosberg?"
Glock: "Stimmt, aber das kann ich so genau nicht erklären. Ich sehe, dass Lewis ein bisschen härter mit den Reifen umgeht, aber das hat jetzt nicht unbedingt was mit seinem Fahrstil zu tun. Ich würde sagen, er geht einfach ein bisschen aggressiver mit dem ganzen Auto um. Aber wie viel Nico das anders macht, wie viel weniger er das macht, kann ich von außen nicht wirklich sagen. Dafür müsste man die Daten einsehen können."


Frage: "Es gab zwei Situationen, in Mexiko und in Abu Dhabi, als Hamilton draußen bleiben wollte, ihm das von der Box aber nicht erlaubt wurde. Das wurde bei uns in der Redaktion und vor allem bei den Fans heiß diskutiert. Welche Meinung vertreten Sie? Soll jede Box individuell machen, was sie möchte, oder ist es gut, wenn das Team übergeordnet für Chancengleichheit sorgt?"
Glock: "Ich bin da eher für die offenere Variante. Als Fahrer merke ich, was der Reifen noch hergibt, und wenn man dann die Strategie nicht switchen kann, ist das natürlich schwierig."

"Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie es logischerweise gemacht hätten, wenn jetzt ein Räikkönen oder ein Vettel vor ihm gewesen wären. Dann hätten sie das riskiert, um einen Platz gutzumachen. Wenn du aber mit einem Team überlegen bist, kommen andere Faktoren ins Spiel. Der Führende hat als Erster die Wahl, den Boxenstopp zu machen. Der Zweite kann dann eine Runde später kommen oder auch nicht - und sich so einen Vorteil verschaffen."

Strategieänderung für Rosberg schwierig zu akzeptieren

"Dass du dann auf einmal die Strategie änderst, wäre für Nico, den Führenden in dem Fall, schwierig gewesen. Er hätte vielleicht auch noch länger draußen bleiben können, aber vor dem Rennen - wenn du weißt, du bist so überlegen als Team - werden eben gewisse Strategieoptionen bereit gelegt. Es gibt A, B und C - das ist vor dem Rennen festgelegt und klar. Dann kannst du da nicht mehr viel rütteln. Möglicherweise hat es Lewis versucht, aber das Team war - zumindest aus Nicos Sicht - zurecht hart genug und hat es so belassen."

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Ab Mexiko ging's für Nico Rosberg stark bergauf: Erster Hattrick seiner Karriere! Zoom Download

Frage: "Hätte es passieren können, dass Sie den Funk in so einer Situation einfach ignoriert hätten?"
Glock: "Klar, das geht einem mit Sicherheit durch den Kopf. Aber du weißt, was du dir mit so einer Nummer verspielst in Zukunft und was du auslöst. Und deswegen machst du es am Ende nicht."


Frage: "Nach Austin hatten viele Rosberg dauerhaft abgeschrieben. Dann kam für viele überraschend dieser Run mit drei Siegen in Folge. Dieses Momentum, das er jetzt hat, kann das auch für 2016 eine Rolle spielen?"
Glock: "Es kann ihm Aufwind geben. Wenn er in den letzten drei Rennen nochmal gnadenlos gebügelt worden wäre, dann hätte ihm das für die Wintermonate viel zum Nachdenken gegeben. Aber jetzt hat er das Ganze ein bisschen gedreht, aus welchen Gründen auch immer - vielleicht auch, weil der Druck weg ist."

"Sobald der Druck weg ist, fallen dir gewisse Dinge leichter. Er musste den zweiten Platz noch absichern gegen Sebastian, was auf einmal ein kleines Fragezeichen war. Und dann ist vielleicht die eine oder andere kleine Änderung passiert am Auto, die ihm besser liegt. Dann kam das eine zum anderen - und dann kriegst du so einen Run hin. Das gibt dir auf jeden Fall einen ordentlichen Motivationsschub für das neue Jahr."


Frage: "2014 hat Rosberg Melbourne gewonnen, Hamilton ist ausgeschieden. Die Saison hat sich ganz spannend entwickelt. Dieses Jahr war es anders, da hat Hamilton von Anfang an gewonnen und ist bis Austin seine eigene Saison gefahren. Wie wichtig ist das für die Psychologie, gut in eine Saison zu starten? Spielt das eine Rolle über das reine Können hinaus?"
Glock: "Ja, natürlich. Wenn du in den ersten zwei, drei Rennen gut punktest und gut dabei bist, dann bringt das auf jeden Fall Auftrieb für dich, für das Team um dich herum."

Über Momentum und "Cap-gate"

"Und dann gehen dir einfach Dinge leichter von der Hand als wenn du schon nach den ersten beiden Rennen richtig unter Druck stehst und weißt: Du musst jetzt, du darfst dir keinen Fehler mehr erlauben. Und dann ist es immer viel, viel einfacher, wenn du mit Selbstvertrauen nach den Überseerennen zurück nach Europa kommst."

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Nach der ersten Kurve in Austin war die Stimmung bei Mercedes vergiftet Zoom Download

Frage: "In Austin hat Hamilton Rosberg die #2-Kappe hingeworfen, was teilweise so interpretiert wurde, als wolle er ihm sagen: 'Du bist nur die Nummer 2 dieses Jahr!' Können Sie sich als Rennfahrer vorstellen, dass man da an solche Psychospielchen denkt, oder wurde das völlig überinterpretiert?"
Glock: "Ich glaube das nicht. Man muss die Situation genau anschauen."

"Lewis steht vor den Kappen #1, #2, #3, nimmt seine Kappe und schmeißt Nico die Kappe mit der #2 hin. Im gleichen Moment gibt er auch Vettel die Kappe mit der #3. Lewis hat einfach nur 'freundlich' die Kappe hingeschmissen, und das fand Nico halt nicht so geil - was man auch verstehen muss am Ende. Vielleicht hat es Lewis im Nachhinein als Psychospielchen genutzt und verkauft."

"In meinen Augen hat er es einfach nur gemacht, weil halt da die Kappen lagen, und er hat sich null dabei gedacht. Aber dann irgendwann, als dieses Thema aufkam, hat er es vielleicht clever gespielt - ich weiß es nicht. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht mehr, was die Aussagen danach waren. Ich glaube, da wurde mehr draus gemacht, natürlich auch wegen der Reaktion von Nico. Der war einfach nur sauer. Wegen Kurve 1, weil gewisse Dinge nicht so gelaufen sind für ihn. Dann bist du natürlich angesäuert."

Frage: "Bringt das was, zwischen zwei Teamkollegen Psychospielchen zu spielen? Glauben Sie, das verunsichert einen Rosberg tatsächlich, oder ist das nur eine Geschichte für die Medien?"
Glock: "Wenn du merkst, dass einer da angreifbar ist, dann tust du das natürlich. Ich habe solche Spielchen noch nie mit einem Teamkollegen gespielt. Klar, wenn du die Oberhand hast, dann zeigst du das in deiner Körpersprache. Aber jetzt bewusst so eine Nummer draus zu machen, das wäre mir viel zu anstrengend!"

Alles nur eine Show für die Medien?

"Letztendlich ist es auch ein Sport, der die Medien anzieht. Vielleicht haben beide gecheckt, dass sie dadurch dementsprechend viel Medienaufmerksamkeit haben - und vielleicht macht man das alles auch ein bisschen bewusst gesteuert. Keine Ahnung. Wenn ich in der Situation wäre, würde ich mich da nicht groß beeinflussen lassen."

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Die Bedeutung der Medien ist Lewis Hamilton und Co. durchaus bewusst Zoom Download

Frage: "Wenn Sie sagen gesteuert: Meinen Sie, dass die beiden sich am Samstagabend hinsetzen und sich überlegen, was ziehen wir denn morgen für eine Show ab?"
Glock: "Nein, das auf keinen Fall. Aber wenn der eine das macht, dann muss der andere nachziehen, weil er merkt, er geht sonst vielleicht unter. Absprechen tun die sich auf keinen Fall, aber beide sind clevere Jungs. Die merken, wie gewisse Dinge oft in den Medien gespielt werden."

"Und wenn sich zwei nicht so mögen im eigenen Team und sonst nix passiert im Jahr und der Rest relativ langweilig ist... Auch intern natürlich: Wenn die beiden da vorne wegfahren, dann musst du dir was einfallen lassen, damit dein Name im Spiel bleibt. Aber das ist jetzt eine vage Vermutung. Vielleicht finden die zwei das geil und haben Spaß dran, sich gegenseitig wer weiß was vorzuwerfen. Das wissen nur die beiden."


Lewis Hamilton macht sich über Nico Rosberg lustig

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Frage: "Eine der kurioseren Schlagzeilen war in diesem Jahr, dass Rosberg gesagt hat, er fährt mit Damenbinde im Helm, um den Schweiß aufzufangen. Haben Sie das auch schon mal gemacht oder können Sie sich vorstellen, dass das was bringt?"
Glock: "Ich kenne seinen Physiotherapeuten, Daniel Schlösser, ganz gut. In Singapur, wo du extrem am Schwitzen bist, habe ich das auch schon gemacht. Und das hilft sehr gut! Du willst in Singapur - oder auch Malaysia, aber speziell in Singapur - nicht durch den Schweiß brennende Augen haben. Dann bist du nämlich mit anderen Dingen beschäftigt. Somit war das eine ganz gute Hilfe."


Frage: "Gehen Sie dann selbst in den Supermarkt und kaufen Binden?"
Glock: "Ich würde sagen, das muss wahrscheinlich Daniel machen..."

Hamilton: Ich geb Gas, ich will Spaß!

Frage: "Hamiltons Lifestyle wird von Leuten aus dem Sport immer wieder skeptisch bewertet. Kann das dauerhaft gutgehen, ohne dass auch die Leistung irgendwann leidet?"
Glock: "Das kann nur er genau wissen. Da reagiert jeder anders drauf. Ich könnte es wahrscheinlich nicht, weil ich dann einfach zu platt wäre, aber für ihn ist das die richtige Ablenkung. Ihm macht das Spaß, er geht darin auf. Wenn dir etwas gut tut, warum sollst du es dann nicht machen?"

"Er hat für sich entschieden, dass er sein Leben einfach genießt und dadurch die Ablenkung und die Lockerheit hat. Deswegen macht er das. Natürlich ist es nicht jedermanns Sache - wäre ja auch langweilig, wenn wir alle gleich wären. Somit ist es doch ganz amüsant, was er da macht, und er lässt jeden daran teilhaben über Social Media. Wenn es für ihn das richtige Rezept ist, dann glaube ich auch nicht, dass es ihn belasten wird. Aber auch das weiß nur er am besten."


Fotostrecke:

Frage: "Ganz anders als Hamilton ist da Sebastian Vettel, der gar nicht in den sozialen Netzwerken vertreten ist. Er wirkt, als habe er bei Ferrari seine Heimat gefunden. Man spürt mit allem, was er tut, was er sagt, was er am Auto macht, dass das sein Kindheitstraum war, nicht wahr?"
Glock: "Ja, absolut. Das hat man glaube ich am ersten Tag auf den Bildern gesehen, als er die rote Jacke anhatte, dass es absolut sein größter Traum ist. Er kniet sich da voll rein und hat aus allen Rennen das Maximum rausgeholt, in Abu Dhabi auch wieder vorgekämpft bis auf Platz vier."

"Er hat einen absoluten Top-Job gemacht und kniet sich rein, ist wahrscheinlich Tag und Nacht im Simulator in Maranello, genießt diesen Ferrari-Mythos und lebt ihn. Deswegen ist er wieder zur alten Stärke zurückgekehrt. Man hat dieses Jahr auch gesehen, wie klar er einen Kimi Räikkönen im Griff hatte. Er hat das Team schon wieder so hinter sich, dass er aus dem Vollen schöpfen kann."

Alonsos Funksprüche: Bewusst gegen Honda?

Frage: "Eins der Saisonhighlights waren die Funksprüche von Fernando Alonso. Können Sie sich in einen Fernando Alonso, der zweimal Weltmeister war - was aber schon eine ganze Ecke her ist inzwischen -, reinversetzen? Wie wenig Lust hat er wirklich, dieses Auto zu fahren?"
Glock: "Ich kann mich reinversetzen, weil ich ja auch da hinten rumgegurkt bin drei Jahre lang!"

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#PlacesAlonsoWouldRatherBe: Ein Twitter-Foto geht um die Welt Zoom Download

"Ich weiß, dass das sehr, sehr anstrengend ist, weil du immer wieder hinkommst und du weißt, du fährst um die Goldene Ananas. Aber er hat sich für McLaren-Honda entschieden - und ich glaube, das hat er auch so akzeptiert. Aber als zweifacher Weltmeister ist das natürlich hart. Trotzdem versucht er, das Maximum herauszuholen."

"Klar geht ihm im Rennen immer mal wieder die Hutschnur durch und dann kommt eben so ein Funkspruch raus, aber das ist doch auch das, was man am Ende hören und sehen will. Das sind Emotionen, und momentan geht's ihm oft genug auf den Keks. Verständlich. Dann lässt du unterm Helm gern mal so ein paar Sprüche raus, die auch echt ein Kracher waren. Ich find's gut, dass er das sagt, was er denkt, und seinen Emotionen dementsprechend freien Lauf lässt. Passt doch."


Frage: "Ich habe eine Theorie dazu. All diese Dinge - der GP2-Funkspruch, der Klappstuhl, dann dieses Foto auf dem Podium -, waren die vielleicht bewusst öffentlich platziert, um Honda in den Hintern zu treten? Können Sie sich das vorstellen?"
Glock: "Kann schon sein, dass er bewusst gewisse Dinge steuert und dass das Teil seines Spiels ist, ja. Aber am Ende glaube ich auch, dass das nicht wirklich viel bringt, denn die Jungs arbeiten sowieso schon rund um die Uhr. Ich glaube, die versuchen sowieso alles Mögliche - die sind ja auch nicht happy, dass sie da hinten stehen. Es sind halt seine Spielchen, wo er auch seinen Spaß dran hat."

Frage: "Eine ganz andere heiß diskutierte Sache war sein Unfall beim Test in Barcelona. Es gab die wildesten Theorien, dass er vorher schon ohnmächtig war. Haben Sie auch eine Theorie?"
Glock: "Nein, ehrlich gesagt gar keine, weil ich mir den Unfall nie so wirklich angeguckt habe. Da kannst du dir Gott weiß was überlegen und da kann man stundenlang drüber fachsimpeln, aber was am Ende vorgefallen ist, wissen nur Alonso und McLaren-Honda."

Trauer um Jules Bianchi

Frage: "Leider hatten wir dieses Jahr zeitversetzt den ersten Todesfall seit 1994. Wie gut haben Sie Jules Bianchi gekannt?"
Glock: "Man hat sich natürlich mal gesehen, Hand gegeben, Hallo gesagt und so weiter. Aber sonst nicht wirklich gut, denn wir sind zu verschiedenen Zeiten gefahren. Ich war immer einen Tick vor ihm, was die Formelklassen anging."

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Nach seinem Reifenschaden in Spa rastete Sebastian Vettel völlig aus Zoom Download

Frage: "Anderes gefährliches Thema waren in diesem Jahr die Reifenschäden in Spa-Francorchamps, erst von Nico Rosberg im Training und dann von Sebastian Vettel im Rennen, der danach ziemlich abgeledert hat. Haben Sie Verständnis dafür, dass Vettel so ausgerastet ist?"
Glock: "Ja, auf jeden Fall. Das war für mich völlig verständlich und nur zurecht, dass er da auch mal seinen Gedanken freien Lauf gelassen hat, weil das natürlich ein Thema ist, was nicht sein darf."

"Man stelle sich vor, dem wäre 200 Meter vorher in der Eau Rouge der Reifen geplatzt, was dann passiert wäre! Das hätte richtig böse wehtun können, und das sind am Ende Sicherheitsaspekte. Der Reifen darf nicht so um die Ohren fliegen. Da steht Pirelli in meinen Augen zurecht in der Kritik."


Frage: "Was war denn der beste Reifen, denn Sie jemals gefahren sind, der Ihnen am meisten Spaß gemacht hat? Die Hankook-Reifen, die Sie gerade in der DTM fahren, lassen wir mal außen vor."
Glock: "Am meisten Spaß hat mir Yokohama in der Formel 3 gemacht. Das war ein supergeiler Reifen. Bridgestone bin ich in GP2 und Formel 1 gefahren. Das war auch ein richtig guter Reifen. Michelin-Reifen durfte ich noch selten fahren."

Frage: "Haben Sie zu denen gehört, die vor Jahresanfang gesagt haben, dass Max Verstappen zu jung ist?"
Glock: "Ich habe gesagt: 'Ui, das ist eine heiße Nummer, so einen Jungen in ein Formel-1-Auto zu stecken.' Aber er hat alle Lügen gestraft, die das gesagt haben. Ich hatte auch so meine Bedenken, aber für mich war es klar, dass er das Auto fahren kann. Aber ob er da auch einen Schritt für seine Karriere machen kann, dass er nicht verheizt wird zu früh, das waren meine Bedenken. Aber er hat mit unglaublichen Rennen und Überholmanövern gezeigt, dass er ein absolutes Riesentalent ist."

Von Verstappens Überholmanövern beeindruckt

Frage: "Blanchimont außen fällt einem da spontan ein."
Glock: "Genau, oder Brasilien in der ersten Ecke außen rum. Der hat schon richtig gute Manöver gemacht und allen gezeigt, dass er es im Griff hat. Er ist sehr clevere Rennen und auch immer wieder Linien gefahren, die anders waren wie alle anderen, er hat Dinge ausprobiert. Kann man nur den Hut vor ziehen, sehr guter Job."

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Max Verstappen hat 2015 vorgezeigt, wie man in der Formel 1 überholt Zoom Download

Frage: "Als das Team in Singapur wollte, dass er Carlos Sainz überholen lässt, hat er einfach mal nein gesagt. Das ist der Egoismus, aus dem Champions geschnitzt sind, nicht wahr?"
Glock: "Ja. Ich glaube, er hat die richtigen Gene von seinem Vater mitbekommen. Auch da war er schon einen Schritt weiter als gedacht. Das musst du als junger Fahrer erst einmal hinbekommen."

"Aber auch da wieder: Wenn du dir so viel Selbstbewusstsein anhäufst über das Jahr, dann machst du auch mal so einen Spruch. Weil du weißt, du hast eh schon gezeigt, dass du es kannst. Dann kannst du nicht viel falsch machen. Denn wenn du dann mal einen auf den Deckel kriegst, so what? Wenn du aber vorher immer in der Kritik warst, dann machst du so eine Nummer wahrscheinlich nicht."


Frage: "Daniel Ricciardo hatte 2014 ein richtig gutes Momentum, ist in diesem Jahr aber nicht groß in Erscheinung getreten, weil das Auto nicht gut genug war. Red Bull war vier Jahre lang Weltmeister. Jetzt ist diese Ära vorbei - weil es bei allen Ären irgendwann so war, die es in der Formel 1 gegeben hat. Ist es Ihrer Meinung nach so einfach zu erklären?"
Glock: "Ja. Es gab in der Vergangenheit viele Jahre, in denen Williams dominiert hat. Es gab lange Jahre McLaren, dann Ferrari - und das war eben auch bei Red Bull so."

"Irgendwann war klar, dass irgendein Team kommt mit mehr Ressourcen, mehr Geld, die sich die richtigen Leute an Land ziehen können. Und dann natürlich auch noch aufgrund der Motorenreglementänderung, wo Renault einfach keinen guten Job gemacht hat. Dann stehst du auch mit einem der besten Autos, das sicher noch eines der bestes Autos ist, im Hintertreffen - und dann geht halt nix mehr. Aber auch das muss man akzeptieren und verstehen."

Hülkenberg, Le Mans und die DTM

Frage: "Eine der größeren Überraschungen war, dass Nico Hülkenberg in Le Mans gewinnt. Hätten Sie das für möglich gehalten, als aktiver Formel-1-Fahrer dahin zu gehen und das Rennen im ersten Anlauf direkt zu gewinnen?"
Glock: "Er hatte die perfekten Voraussetzungen. Das Auto war das beste, das am Start war, und er hatte eine Truppe um sich rum, die einen guten Job gemacht hat. Auch er hat einen sensationellen Job gemacht, hat alles richtig gemacht."

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Nick Tandy, Nico Hülkenberg und Earl Bamber: Le-Mans-Sieger 2015 Zoom Download

"Aber ich hätte jetzt auch nicht gedacht, dass die Drei so einen fehlerfreien Job abliefern, auch in der Nacht. Das war überraschend. Sie haben absolut verdient gewonnen - haben natürlich hier und da auch mal ein bisschen Glück gehabt, aber das gehört dazu, das braucht man, um Le Mans zu gewinnen. Das war natürlich ein absolutes Highlight, dass Nico dahin geht und den Pott direkt mit nach Hause nimmt."


Frage: "Es wird immer schwieriger, in der Formel 1 ein Topcockpit zu finden. Hat er Sie schon mal angerufen und gefragt, wie denn die DTM so ist?"
Glock: "Nein, hat er noch nicht. Ich glaube, von der DTM ist er noch zu weit weg. Solange er in der Formel 1 die Möglichkeit hat mit guten Teams, gibt es für ihn keinen Grund, einen Schritt nach hinten zu gehen oder den Schritt in die DTM zu wagen."

"Und er macht ja auch einen sehr, sehr guten Job. Auf der anderen Seite hat er mit Porsche sowieso schon sein zweites Standbein aufgebaut. Deswegen gab es da keinen Anruf, und ich glaube auch nicht, dass der so schnell kommen wird. Nico braucht von mir keine Tipps. Das weiß er schon selbst."

Frage: "Ein anderes Thema war Giedo van der Garde in Melbourne, als Sauber zu viele Fahrer unter Vertrag hatte. Hat Ihnen van der Garde leid getan oder sagen Sie, der ist eigentlich ganz gut weggekommen, weil er gut Geld mitgenommen hat aus der Geschichte?"
Glock: "Ich glaube, er ist gut weggekommen. Natürlich tut einem das ein bisschen leid, aber da weiß man nicht, was die wirklichen Gründe sind. Man müsste 1:1 die Situation kennen, um sagen zu können, wer wirklich schuld ist."

Mitleid mit dem Lotus-Team

"Es gab damals die wildesten Gerüchte, wer wie was falsch gemacht hat. Normalerweise darf so eine Situation einfach nicht passieren. Dass so eine Situation überhaupt entstehen kann, zeigt, dass der Sport leider auf dem falschen Weg ist - auch mit Lotus, die in ihre Hospi nicht reinkommen. Das zeigt einfach, dass das Grundkonzept des Sports nicht funktioniert."

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"Weil das Geld in die falsche Richtung geht. Das Geld muss auch bei den Teams ankommen, so wie das in Amerika der Fall ist - in der NASCAR-Serie oder bei den V8-Supercars in Australien. Die stehen alle auf gesunden Füßen, und das ist in der Formel 1 nicht der Fall."


Frage: "John Booth und Graeme Lowdon haben in Abu Dhabi ihr letztes Rennen absolviert. Sie haben mit beiden zusammengearbeitet. Was ist denn Ihre schönste Erinnerung an die beiden?"
Glock: "Wir haben oft und viel zusammen gelacht und Spaß gehabt. Es sind einfach zwei Typen, die den Sport lieben und sich den Arsch aufgerissen haben für dieses Team, fünf oder sechs Jahre lang so viel Herzblut reingesteckt haben, dass es mir schon ein bisschen leid tut, dass sie jetzt was anderes machen."

"Aber sie werden ihre Gründe dafür haben und haben auch festgestellt, dass es eben schwierig ist, so ein Team auf gesunde Beine zu stellen, und dass da immer wieder Leute kommen, die viel Geld mitbringen. Die müssen am Ende dann auch erst malzahlen, wenn es drauf ankommt. Ich glaube, sie hätten aus dem Team schon mehr machen können - alleine wegen der Art und Weise, wie sie den Motorsport leben und denken. Aber leider war der Geldhahn immer drei Viertel zugedreht. Das war das Hauptproblem. Es gab viele witzige, entspannte Geschichten mit den beiden."

Frage: "Meine Vermutung wäre gewesen, dass die schönste Erinnerung war, wenn mal das Gehalt bezahlt wurde."
Glock: "Da habe ich dann immer durchgeatmet, das stimmt schon (lacht; Anm. d. Red.)! Aber unter der Führung von Graeme Lowdon und John Booth war das nie ein Problem. Solange sie dafür zuständig waren, gab es nie irgendeine Verspätung oder irgendwelche Dinge, die nicht eingehalten wurden. Das kam erst mit anderen Teambesitzern, die dann mehr zu sagen hatten."

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